Rezension

Fesselnd, fängt aber zu langsam an

Die Brücke der Gezeiten 1 - David Hair

Die Brücke der Gezeiten 1
von David Hair

Bewertet mit 3.5 Sternen

"Ein Sturm zieht auf" ist die erste Hälfte des englischen ersten Bandes der Reihe - und meiner Meinung nach merkt man auf jeden Fall, dass die Geschichte geteilt wurde. Es dauert eine Weile, bis sie an Fahrt aufnimmt, und der Autor verwendet viel Zeit darauf, die wichtigsten Figuren, ihre Lebensumstände und ihr Umfeld vorzustellen. In der Inhaltsangabe wird ein Ereignis mit großen Auswirkungen angekündigt, aber hier wird erst noch alles dafür vorbereitet. Man lernt die Charaktere kennen, erfährt mehr darüber, welche Positionen die einzelnen Seiten vertreten und was ihnen droht. Der Fokus liegt hierbei allerdings nicht auf den Kriegern, Herrschern und Magiern, sondern den drei "unscheinbaren Menschen", die so entscheidend für den Fortgang der Ereignisse sein sollen.

Die Charaktere sind dabei gut ausgearbeitet und ihre Beziehungen und Motivationen recht komplex, was mir gut gefallen hat. Sie werden mit Herausforderungen konfrontiert, es läuft längst nicht alles so, wie sie es sich gewünscht hätten, doch ich fand es interessant, wie sie mit diesen Problemen umgegangen sind. Eine schwarz/weiß-Zeichnung gibt es jedenfalls nicht; die Ziele und Hoffnungen für die Zukunft der Protagonisten stehen teilweise im direkten Gegensatz und der Autor kann ihre Positionen schlüssig und nachvollziehbar darstellen. Er zeigt, dass jeder gute und schlechte Seiten hat, dass diese sich in den Menschen vereinen und dass sie ihre eigenen Motivationen haben, die nicht immer ehrenvoll sein mögen, aber dadurch noch lange nicht zwingend falsch sind. Auch das Beziehungsgeflecht verspricht jetzt schon einige weitere Konflikte für die Zukunft und ich bin gespannt, wie sich alle weiter entwickeln und an die Umstände anpassen werden.

Zu Beginn ist es mir schwer gefallen, mich ganz auf die Handlung einzulassen; als Leser wurde man ohne große Erklärungen in die Welt geworfen und obwohl es einige Parallelen zur Realität gibt und zu Beginn jedes Kapitels mehr über die Hintergründe offenbart wurde, hat es so doch eine Weile gedauert, bis ich mich zurecht gefunden und die Zusammenhänge richtig verstanden habe. Danach konnte das Buch mich definitiv fesseln und ich finde es nur schade, dass ich nicht gleich den zweiten Teil lesen kann, da der Autor seine Figuren nun weitgehend vorgestellt und positioniert hat, sodass man dazu bereit ist, mit ihnen mitzufiebern und um sie zu bangen, sobald die Mondflut beginnt.

Da ich die Geschichte erst nach einiger Zeit wirklich genießen konnte und ich mir gewünscht hätte, dass neben der sehr guten Vorstellung der Charaktere auch die Handlung entsprechend etwas rascher vorangetrieben worden wäre, gebe ich diesem Band 3,5/5 Sternen.