Kindheit vor aller Augen
Bewertet mit 5 Sternen
Schon als junges Mädchen hat Mélanie Diore davon geträumt, bekannt zu sein. Nun ist sie die Mutter zweier Kinder und in den sozialen Medien erfolgreich. Tausende verfolgen ihr Leben und das ihres Nachwuchses. Auch ihre Tochter zeigt sie in den Videos und Fotos. Eines Tages verschwindet Kimmy jedoch nach einem Versteckspiel spurlos. Polizistin Clara Roussel nimmt die Ermittlungen auf…
„Die Kinder sind Könige“ ist ein Roman von Delphine de Vigan.
Meine Meinung:
Der Roman besteht aus zwei Teilen, die sich wiederum in etliche umnummerierte Kapitel gliedern. Der erste Teil spielt vorwiegend im Jahr 2019, deckt aber auch die Zeit ab 2001 ab. Der zweite Teil spielt in der Zukunft, konkret im Jahr 2031.
Der Schreibstil macht zunächst einen nüchternen, recht berichtenden Eindruck. Zugleich ist er aber intensiv und einfühlsam.
Die Charaktere werden mit psychologischer Tiefe dargestellt. Sie wirken daher realitätsnah und glaubhaft.
Das Thema des Romans ist brandaktuell und zugleich sehr bedeutsam. Wieder einmal greift die Autorin ein aufwühlendes, kontroverses Sujet auf, das zum Nachdenken und Diskutieren anregt: die ausbeuterische Vermarktung von Kindern in den sozialen Medien und das Verletzen der Rechte und Gefühle von Kindern. All die skurrilen bis gefährlichen Auswüchse und Trends in der Sphäre der Influencer kommen aufs Tableau. Zugegebenermaßen sind die Schilderungen der Folgen im Roman ein eher extremes Beispiel. Ich finde es allerdings toll, dass die Autorin auf diesem Weg für die Problematik sensibilisiert. Darüber hinaus gelingt es ihr, die Vielschichtigkeit und Komplexität des Phänomens abzubilden, ohne die Zwischentöne zu vergessen.
Auf rund 300 Seiten behält der Roman seine soghafte Wirkung bei. Das liegt einerseits an den rätselhaften Umständen des Verschwinden Kimmys und deren unbekannten Gründen. Andererseits versteht es die Autorin, auch in den weniger dramatischen Passagen zu fesseln.
Der deutsche Titel ist erfreulich wortgetreu aus dem französischen Original („Les Enfants Sont Rois“) übersetzt. Das Cover ist hübsch, aber erschließt sich mir nur in Teilen.
Mein Fazit:
Auch mit „Die Kinder sind Könige“ hat mich Delphine de Vigan begeistert. Wieder einmal hat es die Autorin geschafft, eine wichtige Thematik auf gelungene Weise in einen aufrüttelnden Roman zu packen. Uneingeschränkt empfehlenswert!