Rezension

Komplexer Krimi, stellenweise etwas langatmig

Im Wald - Nele Neuhaus

Im Wald
von Nele Neuhaus

Bewertet mit 4 Sternen

Als im Ruppertshainer Wald ein Wohnwagen in Flammen aufgeht und aus den Trümmern eine Leiche geborgen wird, beginnt das K11 in Hofheim um Pia Sander und Oliver von Bodenstein zu ermitteln. Kurz darauf wird in Ruppertshain eine alte Frau in einem Hospiz ermordet - hängen die beiden Fälle zusammen? Für Oliver von Bodenstein hat dieser Fall eine besondere Bedeutung, denn er kennt nicht nur viele Ruppertshainer Einwohner aus seiner Kindheit, sondern erinnert sich auch an ein Verbrechen im Sommer 1972, das nie aufgeklärt wurde. Gibt es einen Zusammenhang?

Mit „Im Wald“ stellt Neue Neuhaus erneut unter Beweis, dass sie ihr Handwerk versteht. Mit ihrem flüssigen Schreibstil und anschaulichen Schilderungen zieht sie mich schnell in die Geschichte hinein. Es beginnt zunächst mit einem einfachen Verbrechen, dass jedoch bald eine weitaus größere Dimension annimmt, als zu erwarten war und weckt dabei Erinnerungen in Bodenstein, die er längst vergessen hatte. In verschiedenen Handlungssträngen, die sich in angenehmen Abständen abwechseln und den Leser mit geschickt gesetzten Cliffhangern an das Buch fesseln, dehnt sich der Fall immer weiter aus. Mit einer schier unüberschaubaren Anzahl von Personen entsteht so eine überaus komplexe, aber bis ins Detail durchdachte und am Ende nachvollziehbare und schlüssige Geschichte. Das Besondere dabei ist Bodensteins persönliche Verstrickung in diesen Fall, da er die Ruppertshainer Einwohner größtenteils kennt, und aus seiner Erinnerung heraus Details beitragen kann, die ihm „normale“ Zeugen verschwiegen hätten.

Doch so sehr ich den Hut vor dieser beeindruckenden Geschichte ziehe, war es mir am Ende doch etwas zu viel. Ein paar Verwirrungen weniger hätten mir besser gefallen, durch viele Details und einige ausführlich beschriebene, nicht wirklich relevante Begebenheiten wird das Geschehen stellenweise langatmig und verliert an Spannung. Trotz der Übersicht der Ruppertshainer Einwohner zu Beginn des Buches habe ich - auch durch ihre vielfältigen Beziehungen untereinander - zwischendurch immer mal wieder den Überblick über die Personen verloren. Darüber hinaus trüben kleinere Ungereimtheiten innerhalb der Geschichte den aber trotz allem immer noch positiven Gesamteindruck des Buches, das mich unterm Strich einige Stunden gut unterhalten hat.

Fazit:
„Im Wald“ ist ein sehr komplexer Krimi mit einer äußerst raffiniert konstruierten Handlung, was sich erst im Laufe der Lektüre in vollem Umfang zeigt. Die ausführlichen und detaillierten Schilderungen fand ich jedoch stellenweise langatmig, die außergewöhnlich große Anzahl der handelnden Personen und ihre Beziehungen untereinander zum Teil verwirrend - manchmal ist weniger einfach mehr. Trotz dieser Kritikpunkte ist „Im Wald“ solide Krimikost, die ich gerne gelesen habe.