Rezension

Kopfkino at its best

Joyland - Stephen King

Joyland
von Stephen King

Bewertet mit 4.5 Sternen

Die Blicke wandern zu meinem Stephen King Regal. „Die liest nicht wirklich Stephen King, oder?“ – Auf meine Antwort „Natürlich!“, folgt nur ein sehr skeptischer Blick. Es scheint so zu sein, dass man King entweder lieben oder „schrecklich finden“ muss, ein Mittelding gibt es nicht. Dabei sind die Zeiten, in denen King nur Horror-Thriller schreibt lang schon vorbei, denn auch King ist erwachsen geworden und schreibt nun tiefgründige, wunderbare Romane, die eigentlich nicht recht in ein Genre passen wollen: So sind hier mystische Elemente zu finden, doch die eigentlich Story gleicht mehr einem Krimi/Thriller, doch eigentlich ist das Buch keines von beiden. Es ist einfach ein King.
Gleich nach den ersten paar Seiten kam auch wieder der typische King’sche Schreibstil auf: Wenn ich einen King lese, dann lese ich nicht nur ein Buch, dann erlebe ich es mit allen Sinnen. King schreibt so gut, dass man die Dinge, die im Hintergrund ablaufen beinahe riechen, hören und auch schmecken kann. Dies ist ein einmaliges Erlebnis. Man kann einen King bereits am Schreibstil erkennen.
Auch dieses Buch wäre demnach ein typischer King wie zuletzt auch Die Arena und Der Anschlag, wäre da nicht die Seitenzahl, die schon sehr aus dem Rahmen fällt. Denn das Buch hat statt über 1000 Seiten lediglich knapp 350. Dies war einerseits erfrischend, andererseit ging mir ein bisschen dieser typische, beinahe ans langatmig grenzende weitausufernde Erzählstil, den ich sonst so gliebt habe. Dennoch lässt es King sich nicht nehmen, Devins Weg und seine Sommer im Loyland zu beschreiben. Die eigentliche Erzählung beginnt im Grund erst in dem Moment, in dem seine Freunde abreisen und er allein zurückbleibt. Solche Entwicklungen mag ich bei King eigentlich sehr gern, doch hier wirkt es nicht so gut, da das Buch einfach zu kurz ist. Ich habe mich so schon recht schnell gefragt, wann es denn nun endlich losgeht mit der Gespenstergeschichte. Nichtsdestotrotz ist diese, als es dennoch losgeht auch nicht überhastet. Es bleibt allerdings ein Gefühl zurück, als wüsste man nicht recht, was das alles sollte, wieso das alles so erzählt wurde. Aber – und das finde ich so erstaunlich und auch wieder typisch King – im Prinzip ist das Buch erzählt, als wäre dies Devin wirklich passiert. Es werden zwar mystische Dinge angesprochen, doch die Art und Weise und die Anzahl an erzählten Banalitäten, macht das Buch so real und so echt, als hätte es Devin und das Joyland wirklich gegeben. Dies wird mit Sicherheit auch unterstützt durch die Ich-Perspektive, in der das Buch erzählt ist. So habe ich das Buch nicht nur gelesen oder vor meinem inneren Auge als Film ablaufen gesehen – nein, ich habe es regelrecht gelebt.

Fazit: Auch wenn Joyland aufgrund der Länge irgendwie nicht so recht in das neue King-Schema passen möchte, ist dies doch ein typischer King, was Atmosphäre und Erzählweise betrifft. King schafft es auch hier ein Buch vorzulegen, dass man nicht einfach nur runterliest, sondern das beim Lesen zur Wirklichkeit wird. King ist Kopfkino at its best – und diesmal auch mit einer normlen Seitenzahl!