Rezension

Über eine Liebe, die ihre Zeit sucht

Man sieht sich -

Man sieht sich
von Julia Karnick

Bewertet mit 5 Sternen

Man sieht sich erzählt die Geschichte von Friederika, genannt Frie, und Robert, die seit ihrer Jugend eine tiefe Freundschaft verbindet. Und zunächst insgeheim ist da auch immer schon  mehr, doch es ist das Leben, das immer wieder verhindert, dass aus der Freundschaft die Liebesbeziehung wird, die sie sein könnte. So ist der Roman nicht nur eine Geschichte vom Finden und Verlieren der Liebe, sondern viel mehr als das, eine Geschichte über die Irrungen und Wirrungen des Lebens, die manchmal unseren Weg bestimmen. 

 

 

 

Beginnend mit der gemeinsamen Schulzeit als Robert zur 11. Klasse an Fries Schule wechselt, begleitet Julia Karnick Frie und Robert über rund drei Jahrzehnte bis in die Gegenwart. Die Perspektive wechselt hier von Kapitel zu Kapitel zwischen Robert und Frie. Dies finde ich sehr gelungen, da wir so in beide Charaktere einen tiefen Einblick bekommen und die Welt, aber auch die jeweils andere Person mit ihren/seinen Augen sehen.

 

Für mich ist Man sieht sich kein klassischer Liebesroman, sondern im aller positivsten Sinne insgesamt eher ein Gesellschaftsroman, der durch die Liebesgeschichte eine zusätzliche Ebene und Rahmen gewinnt. Anhand der Lebensgeschichten von Frie und Robert thematisiert die Autorin nicht nur das Entstehen und Scheitern von Beziehungen sondern auch gesellschaftliche und persönliche Problemlagen, wie den Umgang mit schweren Erkrankungen, die Bürden von Alleinerziehenden für Elternteil und Kind, traditionelle und ungesunde, dominante Beziehungsmuster, die Rolle von Frauen in der Gesellschaft und vieles mehr. Das klingt viel, ist es aber nicht, da es ganz natürlich über die sehr authentischen Lebensgeschichten Fries und Roberts und natürlich ihre Liebesgeschichte thematisiert wird. Ein toller Roman, den ich sehr gern uneingeschränkt empfehle!