Alle Rezensionen von Naibenak

Besetzte Gebiete -

Besetzte Gebiete
von Arnon Grünberg

Alles für die Liebe...?!

Otto Kadoke, ein gefallener, jüdischer (aber nicht gläubiger) Psychiater in den Niederlanden, folgt aus Verzweiflung und Liebe seiner Ururgroßcousine Anat nach Israel in die besetzten Gebiete – in eine fundamental – zionistische Siedlung. Er nimmt seinen alten, kranken Vater mit, der sich sträubt, aber schließlich mit allem irgendwie abfindet.

Der Sommer, als Mutter grüne Augen hatte -

Der Sommer, als Mutter grüne Augen hatte
von Tatiana Tîbuleac

Kraftvoll, intensiv und poetisch - tolles Debüt!

Als der 17jährige Aleksy zum Schulschluss von seiner Mutter abgeholt wird, ist er voller Hass. Man hat einen hasserfüllten, unglücklichen, mit derben Ausdrücken um sich schlagenden Halbwüchsigen vor sich und weiß schnell: da läuft etwas ganz schlimm falsch. Völlig lieblos und gleichgültig wird in der Familie miteinander umgegangen.

Der Grund - Anne von Canal

Der Grund
von Anne von Canal

Liebevoll, ehrlich und unendlich traurig - ein intensives Bild einer tragischen Musikerseele

Wow, welch ein Paukenschlag aus Tragik, Trauer, Überlebenskampf! Dieser Roman geht einem an die Nieren und ans Herz. Sehr intensiv beschreibt die Autorin das Bild eines Mannes, dem nach über 40 Jahren des Kampfes langsam die Luft ausgeht. 40 Jahre Kampf gegen elterliche "Fürsorge", 40 Jahre geprägt vom Anpassen, von einschneidenden Enttäuschungen und von Trauerbewältigung.

Bleib bei mir - Ayobami Adebayo

Bleib bei mir
von Ayobami Adebayo

Überwältigend und bewegend - ganz großes Kino

Bücher aus anderen Kulturen sind immer unglaublich spannend und bereichernd. Ein solches Buch ist "Bleib bei mir". Es handelt von der Tradition der Polygamie, von Kinderlosigkeit und den Konsequenzen daraus in einer Gesellschaft, die noch tief verwurzelt ist in alten, traditionellen Wertevorstellungen, welche jedoch von der jüngeren Generation nicht mehr zu hundert Prozent getragen werden.

Aus der Mitte des Sees -

Aus der Mitte des Sees
von Moritz Heger

Aus der Mitte des Selbst

Lukas ist Ende 30 und Mönch in einer Benediktinerabtei an einem herrlichen See. Klöster haben Nachwuchssorgen, weil die Wege der Mitbrüder und -schwestern nicht mehr vorbestimmt sind wie noch vor 100 Jahren. Lukas gehört daher zu den wenigen Jüngeren. Einer von ihnen, sein guter Freund Andreas, entscheidet sich aber für ein Familienleben und verlässt das Kloster.

Das Verschwinden der Erde
von Julia Phillips

Stimmungsvolle, bedrückende und interessante Reise nach Kamtschatka

Mit einem Entführungsfall zweier junger Schwestern beginnt diese Reise nach Kamtschatka im fernen Russland. Hautnah bin ich als Leser dabei und kann nichts anderes tun als zuzusehen, wie diese Mädchen hilfsbereit und gutgläubig in ein fremdes Auto steigen...

Kindheit
von Tove Ditlevsen

Poetisch, traurig, berührend- jeder Satz bewegt - ein Glücksgriff

" Der Kindheit kann man nicht entkommen, sie hängt an einem wie ein Geruch. [...] 

... Verstohlen beobachten wir die Erwachsenen, deren Kindheit zerlumpt und durchlöchert in ihnen liegt wie ein abgewetzter, mottenzerfressener Teppich, an den niemand mehr denkt und den niemand mehr braucht. Man sieht ihnen nicht an, dass sie eine Kindheit hatten..." (S.31)

Niemand ist bei den Kälbern - Alina Herbing

Niemand ist bei den Kälbern
von Alina Herbing

Ehrlich, ungeschönt und atmosphärisch... Alltag & Perspektivlosigkeit auf dem Lande

Christin ist Mitte 20, ihr Vater schlimmer Alkoholiker, ihre Mutter irgendwann einmal abgehauen. Christin lebt nun bei ihrem Freund auf dem Milchviehhof seiner Eltern in Schattin, einem Ort in Nordwestmecklenburg, unweit der emehaligen Grenzlinie. Sie hat keine Ausbildung, hilft beim Melken, Ernten, Putzen, bei den Kälbern... Es ist aber für sie nicht das, was sie sich erträumt vom Leben.

Winterbienen - Norbert Scheuer

Winterbienen
von Norbert Scheuer

Ganz großes Kino der leisen Töne.

Egidius Arimond lebt in der Gemeinde Kall, einem Ort an der Eifel unweit der belgischen Grenze. Er  ist passionierter Bienenzüchter und ein von den Nazis aus dem Dienst enthobener Lehrer für Geschichte und Latein, außerdem ist er zwangssterilisierter Epileptiker. Egidius schreibt Tagebuch, welches er bei seinen Bienen versteckt.

Die Einsamkeit der Primzahlen - Paolo Giordano

Die Einsamkeit der Primzahlen
von Paolo Giordano

Zart, traurig, poetisch... ein wunderbarer Roman, der tief bewegt

Alice und Matti sind wie Primzahlen – etwas ganz Besonderes, mit Seltenheitswert. Sie stehen mehr oder weniger allein, sind Einzelgänger, einsam. Sich anderen Menschen anzunähern und sich ihnen zu öffnen fällt ihnen unendlich schwer, es ist nahezu unmöglich. Dies alles hat bei Alice und Matti Ursachen in ihrer Kindheit. Letztlich aber finden sie einen für sie passenden Weg…

Der letzte Satz - Robert Seethaler

Der letzte Satz
von Robert Seethaler

Toll geschrieben, sehr bewegend, aber auch sehr kurz

Während seiner letzten Überfahrt auf der „Amerika“ von New York nach Europa im Jahre 1911 sinniert der große Operndirektor, Dirigent und Komponist Gustav Mahler über sein Leben. Zu diesem Zeitpunkt ist er bereits schwer krank und hat nicht mehr lange zu leben. Das spürt Mahler und erinnert sich an Höhepunkte seines Lebens – schöne wie auch dramatische.

Speicher 13 - Jon McGregor

Speicher 13
von Jon McGregor

Sehr speziell, sehr besonders... atmosphärisch dichte Beobachtungen, super!

In einem kleinen englischen Dorf verschwindet ein 13jähriges Mädchen spurlos. Mit den Eltern hat es dort den Urlaub verbracht, inmitten wunderbarer Natur, umgeben von Bergen und insgesamt 13 Speicherseen. Nach dem Verschwinden steht das Dorf Kopf. Alles, aber auch wirklich alles in der Umgebung wird abgesucht, die Presse und das Fernsehen richten sich quasi vorübergehend häuslich ein.

Das wirkliche Leben - Adeline Dieudonné

Das wirkliche Leben
von Adeline Dieudonné

Brutal & knallhart... aber auch poetisch & lieb. Sehr fordernd für den Leser!

In einer beschaulichen Wohnsiedlung am Stadtrand, mit einem eigenen Wäldchen – dem „Galgenwäldchen“, lebt die Ich-Erzählerin mit ihren Eltern und dem einige Jahre jüngeren Bruder Gilles. Klingt schön, aber im wirklichen Leben spielen sich grausame Dinge zu Hause ab. Der Vater - ein alkoholsüchtiger, jagdbesessener und brutaler Choleriker- prügelt regelmäßig die Mutter grün und blau.

Sweet Sorrow - David Nicholls

Sweet Sorrow
von David Nicholls

Liebenswert-melancholisch, witzig, berührend, warm... aber auch lang

Charlie ist 16 und lebt nach der frischen Trennung seiner Eltern bei seinem Vater. Dieser leidet offenbar an Depressionen und macht dadurch Charlies Leben noch schwieriger als es ohnehin schon ist. Gerade den Schulabschluss mehr schlecht als recht hinter sich gebracht, lernt er dann in den Ferien Fran kennen.

Deine kalten Hände - Han Kang

Deine kalten Hände
von Han Kang

Die Hüllen, die wir tragen

Jang Unhyong, ein Bildhauer, der vorzugsweise Hüllen des menschlichen Körpers herstellt, ist eines Tages verschwunden. Er hinterlässt ein Tagebuch, welches hoffentlich eine Spur beinhaltet, doch trotzdem wird er nicht gefunden. 

Grausame Nacht
von Linda Castillo

Gruseliger Fall, etwas überladenes Privatleben, aber trotzdem wieder tolle Unterhaltung

Als ein heftiger Tornado in und um Painters Mill wütet, wird allerhand zerstört und durch einen Zufall werden menschliche Überreste auf einer Farm entdeckt, die schon sehr lange dort gelegen haben. Wieder einmal bringt dieser neue Fall Kate Burkholder mitten hinein in die für uns befremdliche Welt der Amischen Bevölkerung - sie muss ein 30Jahre altes Verbrechen aufklären.

nie wieder zurück - Maria Braig

nie wieder zurück
von Maria Braig

Frauen in der heutigen Zeit - Appell an Toleranz und Liebe - prima als Jugendbuch

„Nicht eure Kultur bestimmt euer Verhalten, auch wenn man euch das einreden will, höchstens beeinflusst sie es. Ihr selbst habt es in der Hand, was aus eurem Leben wird. Ihr selbst bestimmt mit eurem Verhalten die Kultur.“ (S. 220)

Herz auf Eis - Isabelle Autissier

Herz auf Eis
von Isabelle Autissier

Kann den Begeisterungsstürmen nicht beipflichten

Louise und Ludovic könnten unterschiedlicher nicht sein – sie: klein, verschüchtert, unscheinbar, aber passionierte Bergsteigerin. Er: groß, schön, abenteuerlustig, selbstsicher, Frohnatur. Beide finden zueinander und planen eines Tages eine ausgedehnte Segeltour, um dem Pariser Alltag zu entfliehen und Abenteuer zu bestehen.

Alles, was passiert ist - Yrsa Daley-Ward

Alles, was passiert ist
von Yrsa Daley-Ward

Berührende Poesie in einer sehr bewegenden Biografie. Großartig!

Yrsa ist zum jetzigen Zeitpunkt gerade erst 30 Jahre alt. In ihrem Buch aber schreibt sie bereits über ihr Leben, das bis dahin alles andere als geradlinig und „normal“ verlaufen ist. Insgesamt sind sie drei Kinder  von unterschiedlichen Vätern und einer jamaikanischen Mutter.

All das zu verlieren - Leïla Slimani

All das zu verlieren
von Leila Slimani

Verstörend, rätselhaft, anekelnd... ein sprachlich sehr intensives Bild einer Suchtkranken

Adèle ist Ehefrau eines angesehenen Arztes und Mutter eines dreijährigen Jungen. Nebenbei jobbt sie als Journalistin. Im Prinzip hat sie alles, was man sich wünscht – bald sogar ein richtiges Anwesen auf dem Land. Aber Adele ist rastlos, unzufrieden, süchtig… süchtig nach Sex mit Fremden.

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