Rezension

Eine außergewöhnliche Dystopie, die gar nicht so sehr eine Dystopie ist.

Bitterzart - Gabrielle Zevin

Bitterzart
von Gabrielle Zevin

Wer hier eine Dystopie wie z.B. “Die Tribute von Panem erwartet”, der liegt absolut falsch. So viel ist eigentlich gar nicht mit der Welt passiert – einige Lebensmittel und Ressourcen wurden rationiert oder verboten, Museen wurden geschlossen, Bücher gibt es nicht mehr. Es ist also kein krasser Unterschied zu unserer jetzigen Welt, wenn wir es mit anderen Dystopien vergleichen, in denen sich die komplette Gesellschaft und Umgebung verändert hat.
Die Geschichte wird von Anya aus der Ich-Perspektive erzählt und zwar so, als wenn sie sie einer guten Freundin erzählen würde. Dadurch ist ein sehr angenehmer Schreibstil entstanden, man kommt schnell durch das Buch und es ist mal etwas ganz anderes. Bislang habe ich noch kein vergleichbares Buch gelesen. Und und zu gibt es kleinere Rückblenden, was mir gut gefallen hat. Allerdings fand ich es irgendwann nur noch nervig, wie oft Anya ihren verstorbenen Vater zitiert hat. Teilweise waren es wirklich ganz nette Lebensweisheiten, aber auf Dauer einfach zu viel.
Wir haben es mal wieder mit einer starken Protagonistin zu tun. Anya ist 16 Jahre alt, hat mit 6 ihre Mutter und mit 9 Jahren ihren Vater verloren. Sie sorgt für ihre kleine Schwester Natty und ihren großen Bruder Leo, welcher nach einem Unfall geistig nicht mehr ganz fit ist. Außerdem lebt sie noch zusammen mit ihrer Großmutter, welche schwer krank ist. Sie ist an Geräte angeschlossen, die sie zumindest bis zu Anyas 18. Geburtstag am Leben erhalten sollen. Anya wurde also gezwungen früh erwachsen zu werden und sich um alles zu kümmern, wodurch sie schon mal etwas kühl wirken kann. Ihr Vater war der Chef eines Schokoladenkonzerns und somit Kopf einer Maffiagang, denn Schokolade ist in den USA verboten. Sie muss sich immer wieder Vorurteilen gegenüber behaupten, denn schließlich ist sie nicht kriminell. Sie ist eine Realistin, hat echtes Führungspotenzial und eine nur eine wahre Freundin – Scarlett. Außerdem ist sie ihrer Familie und ihrer Freundin gegenüber absolut loyal, was ich sehr bewundernswert finde. Gerade die Schokolade kann Anya zum Verhängnis werden, denn ihr Exfreund wird mit Beschwerden ins Krankenhaus eingeliefert, nachdem sie ihm verbotene Schokolade geschenkt hat. Damit hätte sie sich direkt doppelt strafbar gemacht – Vergiftung und Besitz von illegaler Ware. Selbst als sie hier unter Verdacht steht, behält sie einen ruhigen Kopf und geht durchdacht vor. Wirklich bemerkenswert wie sie mit der Situation umgeht.
Wer jetzt die Liebe sucht, keine Sorge, die kommt mit dem neuen Mitschüler Win ins Spiel. Da sein Vater Vize-Staatsanwalt von New York ist und Anya die Tochter eines Mafiaboss, ist Ärger schon vorprogrammiert.
Das Cover hat mir direkt auf den ersten Blick gefallen, wobei es eigentlich nicht zum Thema Schokolade passt, sondern mich eher an die 60er Jahre und Cocktails erinnert.
Ich finde die Idee, die hinter dem Buch steckt einfach klasse. Vielleicht weil sie auch gar nicht so abwegig ist wie manch andere Dystopie. Ja, das Schokolade irgendwann verboten wird ist eher unwahrscheinlich, aber eine Rationierung von Wasser kann durchaus passieren. Traurig war, dass es keine Bücher mehr gibt, nur noch auf Tablets., bzw. werden keine Bücher mehr gedruckt. So gibt es immer noch ein paar Leute mit einer Büchersammlung.