Rezension

Eine romantisch-melancholische Geistergeschichte

In dieser ganz besonderen Nacht - Nicole C. Vosseler

In dieser ganz besonderen Nacht
von Nicole C. Vosseler

Um es gleich vorneweg zu sagen: In dieser ganz besonderen Nacht sollte man nur lesen, wenn man einige Packungen Taschentücher griffbereit hat. Das Buch startet mit der Beerdigung von Ambers Mutter und die Trauer ist auf diesen ersten Seiten so überwältigend, dass ich einen dicken Kloß im Hals hatte und auch ein paar Tränen vergossen habe. Dieses melancholische Gefühl hat mich das ganze Buch über begleitet, denn es geht viel um den Tod und um das Leben und die Fragen, die sich zu diesen Themen stellen. Ich bin ja eher ein Anhänger von Geschichten, die mich auch mal zum Lachen bringen, aber obwohl das in In dieser ganz besonderen Nacht nicht so war, war ich dennoch ganz gefangen von der Geschichte.

Amber ist eine sympathische Protagonistin, die man wohl als ganz normal bezeichnen kann. Von Beginn an habe ich ihr nur das Beste gewünscht und gehofft, dass sie sich irgendwie mit der Situation zurechtfindet und vielleicht noch einmal glücklich werden kann. Zunächst steht im Buch ihr "Einleben" in San Francisco im Vordergrund, währenddessen man ihre Gedanken und Gefühle besser kennenlernt und ebenso Ted. Ted war in den letzten Jahren fast nie bei Amber, weil er immer unterwegs war und dementsprechend kühl ist das Verhältnis der beiden. Man merkt aber, dass Ted sich alle Mühe mit seiner Tochter gibt und nur das Beste für sie will. Leider versteht Amber das nicht gleich und verhält sich dementsprechend abweisend.

Ihre Einstellung gegenüber SanFran ändert sich erst, als sie Nathaniel kennenlernt, diesen etwas mysteriösen Jungen, den sie zunächst für einen Obdachlosen hält. Nathaniel ist aber etwas ganz anderes. Was mir sehr gut gefallen hat ist, dass einige Kapitel aus seiner Sicht geschrieben sind und man dadurch einen Einblick in ihn erhält. So versteht man auch seine starke Anziehung zu Amber und seine Worte sind sehr rührend, wenn sich seine Gedankengänge auch manchmal wiederholen. Ich fand sie dennoch sehr mitreißend. Sein Charakter ist ein wenig zu blass für meinen Geschmack, was daran liegt, dass er sich an kaum etwas aus seinem alten Leben erinnern kann und quasi nur für Amber "lebt" und immer nur an sie denkt. Er ist nicht der typische männliche Gegenpart den man sonst in Büchern antrifft. Dementsprechend kompliziert ist auch die Beziehung der beiden.

Ich mochte die beiden zusammen gerne. Sie lernen durch den jeweils anderen viel dazu und Ambers Lebenseinstellung verbessert sich. Sie wirkt fröhlicher und kann sich mit SanFran anfreunden. Bis sie dann rausfindet, was Nathaniel ist  - ein Geist, der an die Welt der lebenden gebunden ist, weil er noch etwas "zu tun" hat. Eine solche Beziehung kann doch einfach nicht gutgehen. Es ist zunächst ein Hin- und Her zwischen den beiden.

Das finden auch Ambers Freunde Matt, Holly, Sean und Abby, die sie im Laufe der Geschichte kennenlernt und mit denen sie etwas Besonderes verbindet. Alle Charaktere sind auf ihre Art "eigen" und auch nicht unbedingt die typisch "normalen" Charaktere. Matt wechselt seine Haarfarbe wie Unterwäsche, Holly ist ein Plappermaul und total flippig, Abby ist ein Goth Girl und Sean ein sanftmütiger Footballspieler. Die Beziehungen der Freunde untereinander sind im ständigen Wechsel. Mal sind sie jeden Tag zusammen, dann wieder distanzierter. Es ist nicht immer alles Friede-Freude-Eierkuchen, genauso wie im richtigen Leben, was ich gut finde. Gemeinsam gehen sie dem Geheimnis von Nathaniel auf den Grund und versuchen herauszufinden, wer er war.

Ebenso nachvollziehbar sind auch die Wünsche und Bedürfnisse der einzelnen Charaktere, die immer mal wieder zu Spannungen führen, besonders zwischen Amber und Nathaniel, bei denen jede Berührung nicht körperlich, sondern eher wie ein Lufthauch ist. Blind vor Liebe und Begehren gehen die beiden in dieser ganz besonderen Nacht einen Schritt weiter... vielleicht einen Schritt zu weit? Was daraufhin passiert ist unerwartet und auch sehr aufwühlend - sowohl für die Buchcharaktere als auch für mich. Ich hätte ehrlich gesagt nicht damit gerechnet und war etwas perplex. 

Sehr gut gefallen haben mir dabei die Passagen, die sich in der Vergangenheit abspielen und in denen man etwas über Nathaniels, zugegebenermaßen etwas "düstere", Vergangenheit erfährt.   

Das Buch kommt die ganze Zeit über wunderbar ohne atemberaubende Spannung aus, plätschert aber auch nicht einfach so vor sich hin. Es werden sich viele Gedanken gemacht, Theorien aufgestellt, nach Nathaniels Vergangenheit geforscht und die Charaktere entwickeln sich von Seite zu Seite und der Ausgang der Geschichte war nicht vorhersehbar.

Das Ende war dramatisch, spannend und auch traurig... und dann wieder unerwartet, weil die Autorin noch etwas "hinterhergeschoben" hat, dass mir im ersten Moment unpassend erschien, weil ich mich mit dem anderen quasi schon "abgefunden" hatte, im Nachhinein fand ich es aber dennoch gut.
 

FAZIT

In dieser ganz besonderen Nacht ist ein sehr melancholisches Buch, in dem der Tod eine große Rolle spielt. Die Beziehung zwischen Amber und Nathaniel ist etwas nie dagewesenes und dementsprechend unerwartet und aufbrausend ist auch die Folge dieser "Verbindung". Ich habe die Entwicklung der beiden sehr gerne verfolgt, wenn auch mit einem lachenden und einem weinenden Auge, weil ich die Liebesgeschichte sehr schön fand, aber gleichzeitig war es ständig auch von einem traurigen Aspekt begleitet. Für Romantiker das perfekte Buch, für Leser, die auf Spannung stehen, eher weniger.
Für mich war In dieser ganz besonderen Nacht meine erste "Geistergeschichte" und sie hat mir wirklich gut gefallen.