Leserunde

Leserunde zu "Übertretung" (Louise Kennedy)

Übertretung -

Übertretung
von Louise Kennedy

Bewerbungsphase: Bis zum 14.09.

Beginn der Leserunde: 21.09. (Ende: 12.10.)

Im Rahmen dieser Leserunde stellen wir – mit freundlicher Unterstützung des Steidl Verlags – 20 Freiexemplare von "Übertretung" (Louise Kennedy) zur Verfügung. 

Wenn ihr eines der Freiexemplare gewinnt, diskutiert ihr in der Leserunde mit, tauscht euch über eure Leseerfahrungen aus und veröffentlicht am Ende eine Rezension zum Buch.

ÜBER DAS BUCH:

Jeden Tag, während Cushla Lavery ihrer alkoholkranken Mutter das Frühstück macht, sich im Garten mit dem Nachbarn unterhält, ihre Grundschüler unterrichtet oder in der Bar ihrer Familie aushilft, werden die Toten und die Verletzten gezählt. Es ist 1975, und in Belfast eskaliert der Bürgerkrieg. Die katholischen Laverys betreiben ihren Pub in einer überwiegend protestantischen Vorstadt. Sie müssen vorsichtig sein – ein falsches Wort, schon findet man sich auf einer Todesliste wieder. In diesem »Höllenloch« gibt es vieles, was man besser nicht tut. Sich in einen verheirateten Mann verlieben, der nicht nur ein wohlhabender, angesehener Prozessanwalt ist, sondern auch noch Protestant. Sich einmischen, wenn ein Schüler schikaniert und sein Vater fast totgeprügelt wird. Gegen jede Vernunft beginnt Cushla eine leidenschaftliche Affäre mit dem deutlich älteren Michael Agnew, gegen jede Vernunft setzt sie sich für den kleinen Davy ein – und bezahlt einen hohen Preis. Louise Kennedys international gefeierter Roman erzählt von einer tief gespaltenen Gesellschaft, von einem Konflikt, dessen Wunden bis heute nicht geheilt sind, von Menschen, die versuchen, inmitten täglich stattfindender Gewalt ein normales Leben zu führen. Ein herzzerreißendes, bittersüßes, unvergessliches Buch.

ÜBER DIE AUTORIN:

Louise Kennedy wuchs in der Nähe von Belfast auf. Bevor sie mit dem Schreiben begann, arbeitete sie fast dreißig Jahre lang als Köchin in Irland und Beirut. 2021 erschien von ihr ein Band mit Short Stories The End of the World is a Cul de Sac, das von der Presse enthusiastisch aufgenommen wurde (u.a. war es Sunday Times Book of the Year) und die Autorin mit einem Schlag in der englischsprachigen Welt bekannt machte. Übertretung (»Trespasses«) ist ihr erster Roman. 

Claudia Glenewinkel, geboren 1963, studierte Germanistik, französische Literatur und Politikwissenschaften in Göttingen und Literaturvermittlung und Medienpraxis in Essen. Sie ist Lektorin im Steidl Verlag und verantwortet die fremdsprachige Literatur. Zuletzt hat sie, gemeinsam mit Hans-Christian Oeser, von Sebastian Barry Annie Dunne (2021) übersetzt. 

Hans-Christian Oeser, 1950 in Wiesbaden geboren, lebt in Dublin und Berlin und arbeitet als Literaturübersetzer, Herausgeber und Autor. Er hat u.a. John McGahern, Mark Twain, Ian McEwan, F. Scott Fitzgerald, Anne Enright, Maeve Brennan, Claire Keegan und Sebastian Barry übersetzt. Für sein Lebenswerk wurde er 2010 mit dem Heinrich Maria Ledig-Rowohlt- Preis ausgezeichnet. 2020 erhielt er den Straelener Übersetzerpreis der Kulturstiftung NRW.

12.10.2023

Thema: Lektüre Teil l; Seite 1 bis 136

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westeraccum kommentierte am 24. September 2023 um 11:02

Der Prolog lässt ja schon erahnen, dass das Buch an die Nieren geht, denn die Skulptur deutet darauf hin, dass jemand ums Leben gekommen ist, der Cushla nahestand.

Schon von Beginn an taucht man tief in die Welt der irischen "Troubles" ein, bürgerkriegsähnliche Zustände, die in Nordirland zwischen 1969 und 1998 stattfanden und auf eine Art Glaubenskrieg zwischen Protestanten und Katholiken zurückgehen, die viel Hass und Gewalt erzeugten. Beendet wurden sie erst 1998 durch das Karfreitagsabkommen. Aber im Jahr 1975 steckt man noch mittendrin.

Cushla ist katholische Lehrerin und bekommt alles hautnah mit, denn ihre Schulkinder werden auch angegriffen und gemobbt. Auch in der Kneipe ihres Bruders muss man vorsichtig sein, was man laut sagt, und als sie sich in den protestantischen Rechtsanwalt Michael verliebt, wird nichts leichter. Dazu kommen die Sorgen um ihre alkoholkranke Mutter, Cushla hat es nicht einfach.

Der erste Leseabschnitt hat mich von Beginn an fasziniert und erschreckt. Louise Kennedy schreibt relativ distanziert, trotzdem geht das Buch schnell unter die Haut. Manchmal konnte ich kaum weiterlesen. Cushla versucht in dem Chaos um sie herum ihre Menschlichkeit zu bewahren, aber das ist nicht einfach. Michael steckt in einer Zwickmühle zwischen seiner Frau und seiner Geliebten, das erfordert viel Geduld von Cushla.

Die irische Geschichte ist insgesamt sehr tragisch. Die katholischen Iren wurden lange von den protestantischen Engländern bis aufs Blut ausgebeutet, da hat sich viel Hass angestaut. Es gibt viele Bücher, die das thematisieren (z.B. "Die Asche meiner Mutter" von Frank McCourt, "Trinity" von Leon Uris). Irland und besonders Nordirland sind heute noch davon gezeichnet. Das alles sollte man im Hinterkopf haben, wenn man das Buch liest.

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Tara kommentierte am 26. September 2023 um 15:29

Die Ereignisse gehen wirklich unter die Haut und mit dem Wissen, dass es keine Fiktion ist, sondern Ereignisse aus der jüngeren Vergangenheit, Ich musste ich zwischenzeitlich eine Pause machen.

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herbsandhexes kommentierte am 11. Oktober 2023 um 12:34

Das kann ich gut verstehen, so ging es mir auch. Vielleicht hat das Wissen sogar dazu geführt, dass die Atmosphäre zum Teil besonders drückend war.

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Tara kommentierte am 26. September 2023 um 15:25

Direkt mit den ersten Sätzen bin ich in die 1970er Jahre ein- und nach Irland abgetaucht. Die politischen und gesellschaftlichen Schwierigkeiten werden direkt greifbar.
Die Hoffnungslosigkeit, die Arbeitslosigkeit werden spürbar und der Alkoholdunst liegt regelrecht in der Luft.

Cushla ist eine gelungene Protagonistin. Ohne, dass sie wirklich etwas Unrechtes tut, gerät sie in eine prekäre Lage.
Ihre Situation ist wirklich schwierig, da ist ihre alkoholkranke Mutter, um die sich kümmert, Michael, der protestantische Rechtsanwalt, zu dem sie ihre Liebe nicht öffentlich ausleben darf, da dieser verheiratet ist und die Kinder in ihrer Klasse, die in schwierigen Verhältnissen groß werden.
Cushla hat es alles andere als leicht, hat sich aber ihr Mitgefühl und ihre Menschlichkeit bewahrt.

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Sursulapitschi kommentierte am 28. September 2023 um 09:08

Ohne, dass sie wirklich etwas Unrechtes tut, gerät sie in eine prekäre Lage.

Na ja, ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann zu haben, ist schon ein Problem, das man sich selbst verschafft hat.

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Sursulapitschi kommentierte am 28. September 2023 um 09:08

Dabei finde ich es übrigens höchst interessant zu sehen, wie besonders kompliziert sowas in den 70ern gewesen ist, als keiner ein Handy am Start hatte. 

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Tara kommentierte am 28. September 2023 um 10:13

Na ja, ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann zu haben, ist schon ein Problem, das man sich selbst verschafft hat.

Stimmt, das ist selbst verschafft und moralisch auch nicht gerade einwandfrei.

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sunshine-500 kommentierte am 02. Oktober 2023 um 09:02

Besonders prekär ist die Tatsache sie ist Katholgin und er Protestant.

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Sigrid kommentierte am 01. Oktober 2023 um 21:09

Das ist wohl wahr - sie wusste ja, worauf sie sich einlässt.

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Sabine_AC kommentierte am 03. Oktober 2023 um 09:03

Mir geht es auch so: die Tristesse und Hoffnungslosigkeit der Szenerie sind allgegenwärtig.

Cushla scheint mir neben der Fürsorglichkeit aber auch etwas davon getrieben, es allen (Bruder, Mutter...) recht machen zu wollen... Und dabei kommt sie selbst öfter zu kurz. Vielleicht mit ein Grund, sich auf die Affäre mit Michael einzulassen.

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anna1965 kommentierte am 27. September 2023 um 08:14

Beim Lesen habe ich daran gedacht, das ich früher im TV die gewalttätigen Auseinandersetzungen in den Nachrichten gesehen habe, mir aber keine großartigen Gedanken dazu gemacht habe. Wahrscheinlich war ich noch zu jung. In was für Verhältnissen die Kinder aufwachsen, ist wirkllich schrecklich. Ich finde es gut, das Cushla und Gina helfen wollen, aber ich kann mir vorstellen, das es, gerade mit Tommy, kein gutes Ende nehmen wird.  Bemerkenswert fand ich auch, das Cushla's Bruder so auf ihren Ruf bedacht ist, eben sehr katholisch. Ich denke, wenn er herausbekommen würde, das sie keine Jungfrau mehr ist und dazu noch ein Verhältnis mit Michael hat, gäbe es einen Riesenkrach. Warum Cushla so vernarrt in Michael ist, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Ich finde ihn eher unsympathisch dargestellt.

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westeraccum kommentierte am 27. September 2023 um 09:45

Ja, die Troubles sind für uns sehr weit weg. Ich habe aber im letzten Jahr den Film "Belfast" gesehen, der auch während dieser Zeit in Nordirland spielt und die Kindheit des Schauspielers und Regisseurs Kenneth Branagh zum Thema hat. Daher kamen mir viele Dinge bekannt vor. Die ständige Angst vor Anschlägen, die man irgendwie verdrängen muss, um zu leben, die Kontrollen und Schikanen der englischen Soldaten, die Überlegungen, ob man bleiben oder wegziehen soll. Branaghs Familie hat sich dann entschlossen wegzuziehen und ich denke, dass Davys Familie das schließlich auch getan hat.

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Sursulapitschi kommentierte am 28. September 2023 um 09:12

Warum Cushla so vernarrt in Michael ist, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Ich finde ihn eher unsympathisch dargestellt.

Geht mir auch so. das kam ein bisschen plötzlich und ist wenig motiviert. 

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lillywunder kommentierte am 02. Oktober 2023 um 08:15

Ja, mir geht es auch so, dass ich von Michael nicht gerade begeistert bin und ich frage mich, ob die Autorin das absichtlich so bewirken wollte.

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lillywunder kommentierte am 02. Oktober 2023 um 08:15

Ja, mir geht es auch so, dass ich von Michael nicht gerade begeistert bin und ich frage mich, ob die Autorin das absichtlich so bewirken wollte.

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Kitty1982 kommentierte am 27. September 2023 um 17:10

Ich bin jetzt auch mit dem ersten Teil durch und bin sehr erschüttert. Ich habe zwar sehr gut in das Buch hineingefunden, da der Schreibstil sehr angenehm und flüssig zu lesen ist. Aber die Ereignisse im ersten Teil gingen mir wie den anderen sehr an die Nieren. Meiner Meinung nach wird es zwar nicht so schrecklich erzählt wie es in Wirklichkeit wahr, aber dadurch dass man das Thema kennt, kommen einfach die Bilder zu den Ereignissen ins Bild. Auch ich habe erst vor kurzem den Film "Belfast" angesehen und so blieb mir schon sehr viel davon im Gedächtnis. Cushla mag ich unheimlich gern, obwohl ich sie manchmal an die Hand nehmen möchte und Sie von Michael weg ziehen will. Dieser ist mir sehr suspekt und auch unangehm. In meinen Augen benutzt er Cushla nur und das tut mir so leid, da Sie ja wahrscheinlich Gefühle aufbaut. Besonders schön finde ich es, dass Cushla sich um Davys Familie kümmert, auch wenn Sie sich damit in Gefahr begibt. Ich bin wirklich gespannt, wie die Geschichte weitergeht.

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Tara kommentierte am 27. September 2023 um 21:17

Cushla mag ich auch sehr, sie ist so menschlich, setzt sich für andere ein ohne an die möglichen Folgen zu denken. Was sie an Michael findet kann ich bisher auch nicht nachvollziehen.

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Sursulapitschi kommentierte am 28. September 2023 um 09:15

ich muss wohl dringend den Film gucken. :-)

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Kitty1982 kommentierte am 28. September 2023 um 19:47

Der Film ist zwar sehr bedrückend, aber auch wirklich gut gemacht

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westeraccum kommentierte am 29. September 2023 um 12:05

Ich fand ihn auch sehr beeindruckend. Aber da er aus der Sicht eines Kindes erzählt wird, wird sicherlich nicht die ganze schreckliche Situation geschildert. Das kommt in diesem Buch noch viel deutlicher zum Ausdruck, z.B. durch den Überfall auf Davys Vater.

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herbsandhexes kommentierte am 11. Oktober 2023 um 12:36

Den Film habe ich bisher noch nicht gesehen, das werde ich jetzt wohl nachholen müssen. Danke für den Tipp!

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Sursulapitschi kommentierte am 28. September 2023 um 08:59

Wow, das ist eindringlich. Man hat alles sehr deutlich vor Augen, sogar Gina im komatösen Zustand. Und man bekommt sehr geschickt die absurde Situation in Irland vorgeführt. Schrecklich. Das sind doch lauter sogenannte Christen, die zusammenleben und sich gleichzeitig spinnefeind sind. Als I-Tüpfelchen schikaniert der Priester die Kinder schon seit Generationen. Dieses Buch stellt meine Toleranz Religionen gegenüber auf eine harte Probe.  Das ist doch kompletter Irrsinn.

Den Erzählstil mag ich grundsätzlich. Der ist zu großen Teilen plastisch, hat aber auch manchmal etwas Sprunghaftes. Sehr oft kommen Figuren aus dem Nichts, das ist schwierig, wenn es zu viele sind. Und manchmal stehen da Sätze, die lese ich einmal, zweimal, dreimal und verstehe sie einfach nicht. Ein Beispiel, S.119 unten:

„Irgendwo an dieser Straße war eine Frau, die einst ihren Namen in cló gaelach und mit mädchenhafter Handschrift in ein Buch geschrieben hatte, mit einem Mann zusammen, der ihre alten Schulbücher benutzte, um andere Frauen dazu zu bringen, mit ihm schlafen zu wollen.“

Welche Frau? Welcher Mann? Auf was wird da angespielt? Solche Passagen machen das Lesen etwas sperrig.

Die Gestaltung des Buches gefällt mir sehr. Das Lesebändchen in der Farbe von getrocknetem Blut ist irgendwas zwischen sinnig und makaber, da hat jemand drüber nachgedacht.

Ich habe das Aran-Strickmuster für uns gegoogelt. Davon hab ich noch nie gehört. :-)

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Kitty1982 kommentierte am 28. September 2023 um 19:50

Ich glaube der Mann soll Michael sein und das Mädchen seine jetzige Frau. So habe ich das zumindest für mich interpretiert :-)

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westeraccum kommentierte am 29. September 2023 um 12:06

Ja genau, das klärt sich später auf.

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Tara kommentierte am 28. September 2023 um 21:47

Ich habe das Aran-Strickmuster für uns gegoogelt. Davon hab ich noch nie gehört. :-)

Super, danke, ich kannte das zuvor auch nicht.

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lillywunder kommentierte am 02. Oktober 2023 um 08:17

Ach, da bin ich froh, dass ich nicht die einzige bin, die den Schreibstil teilweise sprunghaft findet. Manchmal gibt es so Gedankensprünge und ich muss die Stelle mehrmals lesen, um den Anschluss zu behalten.

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Sursulapitschi kommentierte am 02. Oktober 2023 um 08:36

Ja, hier muss man wirklich aufmerksam lesen. Ich habe mich aber später daran gewöhnt.

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Deedo kommentierte am 29. September 2023 um 17:36

Wie meine Vorschreiber*innen schon dargestellten sind wir von Anfang an mitten in die Geschichte um und mit Cushla eingetaucht. Ich finde die Autorin versteht es wirklich gut, die Ausgrenzung und Erniedrigungen, die allein auf der Konfession beruhen, einzufangen. Am eindrücklichsten war für mich die Grenzkontrolle zu Belfast und der Umgang mit Cushla und Gerry, den ich wirklich sehr erschreckend fand. Auch wenn die Katholiken hier eindeutig mehr Schaden nehmen ist der Umang der katholischen Kirche - hier in Form von Father Slattery - sehr fragwürdig. Dieses ständige schüren von Angst gegen die britischen Soldaten oder generell gegen Protestanten ist für mich kaum aushaltbar. 

Ich finde es auch interessant wie die Familiengeschichte eingepflochten wurde. Indem es Äußerungen oder Gedanken der einzelnen Protagonist*innen gibt, kommen immer mehr Details ans Tageslicht, die vielleicht auch zu Ginas Alkoholsucht führten.

Übrigens finde ich das Cover sehr gelungen, weil fast davon ausgegangen werden kann, dass das Schnapsglas mit Lippenstift von Gina stammen könnte.

Ich bin wirklich sehr gespannt wie sich die Geschichte zwischen Cushla und Michael weiter entwickeln wird. Ein gutes Ende kann es fast nicht nehmen..

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Angelika Nusser kommentierte am 01. Oktober 2023 um 20:30

Wirklich ein gelungener Einstieg! Ich bin leider etwas später gestartet aber dafür geht es jetzt flüssig durch.

Der erste Teil baut schon eine stabile Brücke zum Cover - Ich bin gespannt wer das Mädchen aus der Erzählung jetzt ist und wie Michael sein Doppelleben unter einen Hut bekommt. Auf mich wirklich er eher nicht so abgeklärt und organisiert.

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Sigrid kommentierte am 01. Oktober 2023 um 21:20

Ich habe den ersten Teil jetzt auch durch. Ich habe schon viel über diese Zeit in Irland gelesen und war in den 80er Jahren auch mal 4 Wochen in Irland unterwegs. Das waren echt noch andere Zeiten und die Unruhen bemerkte man zwar nicht mehr so schlimm wie in den 70er Jahren, aber es war schon eine andere Welt.

Ich finde die Geschichte kommt wirklich sehr düster rüber. Ok - es war sicher auch so und Cushla hatte es auch nicht einfach. Ich sehe die Strassenzüge richtig vor meinen Augen und ich finde es ziemlich trostlos. Aber irgendwie fehlt mir auch bei Cushla die Begeisterung und die Freude im Leben. Auch wenn vieles nicht gut ist - aber warum ist auch die Beziehung zu Michael immer so negativ und ohne Freude? Wenn sie ein Verhältnis mit ihm möchte, sollte man sich auch darauf freuen. Aber auch da fühlt es sich seltsam an. Es ist natürlich problematisch - er ist verheiratet und auch noch protestantisch - aber das wusste sie doch alles vorher. Dann lass ich es doch einfach.

Aber es waren schon sehr harte und schwierige Zeiten. Cushla versucht ja zu helfen, aber sie muss auch aufpassen. Ich glaube, man kann diese Lebenssituation nicht nachvollziehen. Aber man wird durch die Sprache und die Schilderungen gut ins Geschehen hineingezogen. Ich bin mal gespannt, was da jetzt noch alles kommt - denn es brodelt ja in allen Ecken und Enden.

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lillywunder kommentierte am 02. Oktober 2023 um 08:25

Ich lese gerne Bücher vom Nordirlandkonflikt und auch hier finde ich es unheimlich lehrreich und unglaublich, davon zu lesen, wie sich dieser Konflikt auf den Alltag der Menschen auswirkt. Da waren einige Szenen dabei, die man sich gerade in ihrer Bedeutung für das Großwerden von Kindern kaum vorstellen mag.

Die Lovestory kann mich ehrlich gesagt noch nicht so für sich begeistern. Ich lese nicht mehr so gerne von Beziehungen, die der Frau eigentlich von Anfang an nicht gut tun und ein Ungleichgewicht an Abhängigkeit haben. Deswegen freue ich mich, wenn Cushla mal mit Gerry ausgeht und Michael hängen lässt. Klar wusste sie, worauf sie sich einlässt, aber es nervt mich halt dennoch, davon zu lesen.

Die Handlungsstränge um die beiden Jungs aus ihrer Klasse und auch rund um die alkoholabhängige Mutter finde ich aber sehr spannend, ich denke und fürchte, da wird sich noch einiges zuspitzen.

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sunshine-500 kommentierte am 02. Oktober 2023 um 09:19

Den ersten Teil habe ich fertig und war mit den ersten Zeilen in meine Jugend, den vielen Nachrichten über Anschläge in Irland, zurück versetzt. Die Hoffnungslosigkeit die oft nur mit jeder Menge Alkohl zu ertragen war ist greifbar dargestellt.

Die plasitische Darstellung des Lebens in Irland zu dieser Zeit hat mich sehr erschüttert.

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Sabine_AC kommentierte am 02. Oktober 2023 um 11:37

Ich bin mit etwas Verspätung gestartet, habe aber am Wochenende nun auch endlich mit der Lektüre begonnen und bin mit dem ersten Abschnitt noch nicht komplett durch, aber doch schon recht weit.

Ich finde das Buch bisher wirklich "gut". Scheint mir ob der doch sehr bedrückenden und düsteren Atmosphäre nicht ganz der rechte Ausdruck, aber ein besserer fällt mir zusammenfassend auch nicht ein.

Der Schreibstil lässt sich gut und flüssig lesen, für meine Begriffe wird auch die Atmosphäre der damaligen Zeit gut transportiert (die ich allerdings nicht aus eigenenm Erleben kenne). 

Auch die Protagonisten sind gut gelungen - richtig "nahe" fühle ich mich ihnen zwar nicht, aber sie haben für mich Profil und Persönlichkeit und nehmen mich mit in ihr Leben.

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Xana kommentierte am 02. Oktober 2023 um 18:00

Die Thematik des Buchs ist sehr hart, vor allem, wenn man bedenkt, wie nah das Ganze noch immer ist.
Ich habe den Eindruck, dass Michael Cushla ausnutzt. Ich sehe es schon kommen, dass sie schwanger wird und Gerry ihr aus der Patsche helfen muss.

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Sabine_AC kommentierte am 08. Oktober 2023 um 09:48

Ich finde eigentlich nicht, dass ein Schwangerschaft zum Verlauf der Geschichte passen würde... zu abgedroschen.
Die Affäre ist ja hier nur ein Aspekt von vielen, durch die Cushlas Leben bestimmt ist. Und der Autorin geht es, so empfinde ich es zumindest, doch eher darum, die Verhältnisse während der Troubles im Nordirland der 70er rüberzubringen... und nicht das Schicksal eine schwangeren Geliebten.

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herbsandhexes kommentierte am 03. Oktober 2023 um 12:29

Bei mir hat es auch etwas länger gedauert. Das Buch lässt sich flüssig lesen, aber inhaltlich ist es – wie zu erwarten – doch sehr düster. Ich bin froh, dass es zwischendurch kleinere Stellen gibt in denen sich schmunzeln lässt (z. B. dass die Kinder zur Strafe einen Satz aus Bambi schreiben sollen oder die Bemerkung bzgl. der Weihnachtsfee bei der Messe). 

Dass sich Cushla, die sich sonst immer um alle sorgt und viel aushalten muss, auf Michael einlässt, kann ich zum Teil sogar verstehen. Seine Art finde ich aber oft unmöglich, z. B. seine (in meinen Augen) abwertenden Kommentare als er sie mit in seine Wohnung genommen hat. Da hätte ich mir für sie gewünscht, dass die Affäre wenigstens etwas Leichtigkeit in ihr Leben bringt und von den drückenden Verhältnissen ablenkt. 

Nett finde ich, dass man „aus Versehen“ nebenbei auch noch andere Sachen mitbekommt. Das Aran-Muster kannte ich vorher nicht bzw. kenne ich mich mit Stricken generell nicht aus, dass das Muster Seefahrer schützen sollte und jedes Muster für etwas steht (z. B. Zopfmuster = Netze der Fischer = Glück beim Fang), finde ich aber ziemlich interessant. 

Gut gemacht finde ich auch, dass einige Einstellungen eher in kleineren Szenen durchkommen, z. B. hier:

Parkinson fragte nach ihrem Sex-Appeal. Helen Mirren machte einer Scherz und versuchte, das Thema zu wechseln, aber er ließ nicht locker, kam immer wieder auf ihre körperlichen Attribute zu sprechen. Vor allem auf ihre Brüste. „Wie ordinär“, sagte Gina. „Ja, so ist er.“ „Ich meinte sie.“

Außerdem bin ich überrascht, wie emotional die Geschichte ist, obwohl der Erzählstil eher wenig blumig ist. Hier denke ich z. B. an die Szene als sie mit dem Auto zur Party fahren und angehalten werden. Aber auch Cushlas Wunsch nach einem Namen, der ihre Religion nicht preisgibt, erzählt viel zu den Umständen. 

Bei Davy & seinen Geschwistern hoffe ich sehr auf ein (unter den Umständen) wohlwollendes Ende, könnte mir aber auch vorstellen, dass sie noch mehr Gewalt erfahren und eines der Kinder ggf. aus Hilf- & Hoffnungslosigkeit ebenfalls Täter wird. 

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soulfire kommentierte am 04. Oktober 2023 um 11:44

Nun komme ich auch als eines der Schlusslichter.

Ich habe ein kleines Problem, denn ich spüre und lese wie stark und wortmächtig das Buch ist. Aber ich bekomme nicht den Bezug und die Nähe. Ich weiss nicht on es im Moment das richtige Buch zur falschen Zeeit ist oder woran es liegt. Ich tue mich im Moment wirklich schwer in die Geschichte zu kommen. Vielleicht liegt es auch an der düsteren Stimmung. Ich weiss es nicht. Und trotzdem merke ich dass es ein gutes Buch ist. Würde ich die Leserunde nicht mitmachen würde ich es abbrechen und mit dem Buch ein andermal beginnen um der Geschichte gerecht zu werden. Kennt ihr das? Ich finde es so schade.

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herbsandhexes kommentierte am 06. Oktober 2023 um 09:20

Ach, wie schade! Das kenne ich von mir aber auch. Ich drücke dir die Daumen, dass du in die nächsten Abschnitte besser reinfindest.

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Sabine_AC kommentierte am 08. Oktober 2023 um 09:51

Richtiges Buch zu falschen Zeit... ja, das kenne ich auch. Und auch ich lege solche Bücher in der Regel erstmal beiseite. Schade,dass es eine Leserunde betrifft. Ich hoffe, du kommst doch noch besser rein ins Buch... oder du legst es zumindest mal zwei,drei Tage aus Seite, und machst dann einen weiteren Versuch? Manchmal hilft ein kleiner Abstand ja auch schon.

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Deidree C. kommentierte am 05. Oktober 2023 um 22:33

Wow, da fand ich mich ja sofort in einer Umgebung, die sich gefühlt als hoffnungslos, trist und sehr konservativ anfühlt.

Cushla mag ich bisher ganz gut leiden. Sie steckt zwischen Familie, Job, ihren Geliebten und der politischen Lage fest. Einerseits will sie eine gute Tochter sein und es allen recht machen, andererseits will sie auch ihr Recht auf Privatsphäre, auf ein eigenes Leben ausleben. Vielleicht deshalb auch die Affäre. Im Job muss sie jedes Wort überlegen und die Nervenbelastung aushalten, wenn sie hört was die Kinder erzählen, wie sie leben. Das ist mitunter eines der schlimmsten Dinge, die ich mir vorstelle. So machtlos zu sein.

Michael ist mir noch nicht ganz klar. Irgendwie kann ich ihn nicht greifen. Er wird wohl auch unter der allgemeinen Situation leiden. Oder ist er wirklich der Frauenheld für den ihn Gina hinstellen will?

Es ist ja ein realer Hintergrund vor dem die Geschichte spielt und doch hat mich erschreckt wie sehr die Autorin es geschafft hat, die Emotionen zu transportieren und den Konflikt spürbar zu machen.

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Elefant kommentierte am 07. Oktober 2023 um 12:43

Ich finde das Buch sehr authentisch. Es schafft es wirklich mir das Leben, die Atmosphäre, die Spannung zu der damaligen Zeit zu vermitteln. Ich kann nachvollziehen, wie sich Cushla fühlen muss und bin neugierig darauf ihre Geschichte weiterzuverfolgen.

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laurina kommentierte am 10. November 2023 um 14:38

Ich bekam immer wieder Gänsehaut beim Lesen, denn das, was geschildert wird, ist oft sehr beklemmend und trostlos. Ich habe schon einige Bücher über die damalige Zeit dort gelesen, deswegen war mir einiges schon bekannt. Ich bin nun gespannt, wie es sich weiterentwickelt.