Rezension

Bewegender Roman

Die Bibliothek der Hoffnung -

Die Bibliothek der Hoffnung
von Kate Thompson

Bewertet mit 5 Sternen

„...Jeder Mensch stirbt zweimal. Einmal, wenn sein Herz aufhört zu schlagen, noch einmal, wenn sein Name zum letzten Mal ausgesprochen wird...“

 

Diese Gedanken gehen der 88jährigrn Beatty durch den Kopf, als sie ihre Töchter und die Enkelin in eine Londoner U-Bahnstation führt. Es ist eine Reise in die Vergangenheit.

Die Autorin hat einen bewegenden und tiefgründigen Roman geschrieben. Im Mittelpunkt stehen zwei Frauen: Clara und Ruby. Sie leiten im Jahre 1944 eine unterirdische Bibliothek. Nach der Bombardierung suchen viele Menschen Schutz in der U-Bahnstation Bethnal Green.

Das Buch hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Der Schriftstil lässt sich flott lesen. Er gibt die gesellschaftlichen und historischen Verhältnisse gut wieder.

In der U-Bahnstation hat sich ein Leben im Untergrund entwickelt. Es gibt Schlafplätze, die Bibliothek und sogar ein Theater. Es bleibt die Angst vor der neuen Waffe, die unangekündigt einschlägt.

 

„...Wir wurden aufgerufen, für den Sieg zu kämpfen, für den Sieg zu graben und für den Sieg zu sparen. Es kann gewiss nicht schaden, wenn wir die Menschen dazu anregen, auch für den Sieg zu lesen...“

 

Diese Worte stammen von Clara. Sie ist Bibliothekarin mit Leib und Seele. Sie möchte, dass die Bibliothek für alle offen ist,. Sie organisiert einen Lesekreis und Vorlesestunden für die Kinder. Ihrem Vorgesetzten passt das Ganze nicht. Der will nur Mitglieder, die anspruchsvolle Literatur lesen.

Ruby steht fest an Claras Seite, auch wenn die beiden charakterlich wie Feuer und Wasser sind. Clara ist ruhig und zurückhaltend, Ruby genießt, was ihr das Leben ihr bietet. Beide aber haben ihr Päckchen zu tragen. Trauer kann eben unterschiedlich bewältigt werden.

 

„...Ruby war schon lange der Meinung, dass im Krieg die Arbeiterklasse als Kanonenfutter herhalten musste. Bis vor einem Jahr war ihr allerdings nicht klar gewesen, dass das nicht nur für das eigentliche Kriegsgeschehen galt, sondern auch für die Menschen an der Heimatfront...“

 

Im Buch werden verschiedene Schicksale erzählt, Schicksale von denen, die sich in der Bibliothek treffen. Der Krieg hat vieles geändert, eines aber nicht. Immer noch gibt es Männer, die der Meinung sind. Lesen schadet ihren Frauen. Klar, die Geschichten in den Büchern lassen die eine oder andere Frau ihre Stärken erkennen. Und das Wissen um den eigenen Körper hat ebenfalls Folgen.

Jedes Kapitel beginnt mit dem Zitat einer Bibliothekarin. Eines davon lautet:

 

„...Es gibt keine Kinder, die nicht gern lesen, nur Kinder, die noch nicht das richtige Buch gefunden haben...“

 

Ein informatives Nachwort, gespickt mit Fotos, trennt Realität von Fiktion.

Der Roman hat mir ausgezeichnet gefallen. Er zeichnet ein Stück Geschichte nach und zeigt, wie Bücher in schwierigen Situationen helfen können.