Rezension

Die Enttäuschung ist kaum in Worte zu fassen...

Cassia & Ky - Die Ankunft - Ally Condie

Cassia & Ky - Die Ankunft
von Ally Condie

Bewertet mit 1.5 Sternen

‟Die Ankunft“ von Ally Condie wurde von vielen Fans der ‟Cassia und Ky“-Trilogie sehnsüchtig erwartet. Der dritte Band hätte die erfolgreiche Dystopie würdig abschließen sollen. Wer hätte je damit gerechnet, dass der Abschluss dermaßen misslingt?

Aber erst kurz zum Inhalt: Nachdem sie sich der Erhebung angeschlossen hatten, mussten Cassia und Ky sich wieder trennen. Cassia arbeitet in der Hauptstadt, Ky wird zum Piloten ausgebildet, während beide darauf warten, dass die Erhebung die Gesellschaft stürzt. Dies passiert, indem sie eine Seuche freisetzen. Doch die Situation gerät außer Kontrolle, der Virus droht die gesamte Bevölkerung auszurotten. Cassia, Ky und Xander versuchen ihn aufzuhalten...

Selten ist es mir so schwer gefallen einen Zugang zu einer Geschichte zu finden, wie bei ‟Die Ankunft“. Obwohl ich den zweiten Band, ‟Die Flucht“, eigentlich noch gut in Erinnerung hatte, waren in meinem Kopf am Anfang nur Fragezeichen. Was machen die Protagonisten da? Wo ist der Sinn? Was passiert da eigentlich?
Im Gegensatz zu den meisten anderen, fand ich den zweiten Band der Trilogie bisher am stärksten, da, nach dem etwas verträumten, langsamen Anfang in Form von ‟Die Auswahl“, in ‟Die Flucht“ der dystopische Anteil, die Gesellschaft als Gefahr, endlich greifbarer wurde. Um so mehr hatte ich jetzt ihren Sturz in Band 3 erwartet. Neben all den schönen Worten brauchte die Geschichte doch endlich mal Handfestes. Einen Kampf, eine Revolution, eine Veränderung – irgendetwas was die Gesellschaft als Kontrollorgan herausgestellt hätte, aber genau das kam nicht.

Die erste Hälfte des Buches verging und es passierte...nichts. Und selbst danach bleibt die Dystopie vollständig auf der Strecke. Die Gesellschaft ist weg – ganz plötzlich. Die Erhebung ist da, der ‟Steuermann“ übernimmt das Ruder. Von diesem eigentlichen Umbruch bekommt der Leser nicht mehr mit, als ein paar subtile Andeutungen. Denn während die Seuche freigesetzt und die Gesellschaft von der Erhebung abgelöst wird, üben die drei Hauptprotagonisten und Ich-Erzähler (nach Ky hat im dritten Band auch Xander diese Rolle eingenommen) ihre Tätigkeiten am Rande dieses Umbruches aus und sind niemals wirklich dabei – der Leser somit auch nicht. Das war langweilig. Ky transportiert als Pilot Gegenmittel, Xander hilft als Arzt bei der Behandlung der Seuche und Cassia...ganz ehrlich, Cassia war einfach nur noch irrelevant.

Während der Virus die gesamte Menschheit bedroht, scheint Cassia in ihrer eigenen kleinen Traumwelt umherzuwandeln. Sie schreibt Gedichte und Liedtexte und philosophiert stundenlang über die Schönheit ihrer Worte – kein Problem, um sie herum sterben ja bloß ein paar Menschen. Dieser eigentlich spannende Teil der Geschichte, die Mutation des Virus', war bei ihr am Anfang überhaupt nicht präsent. Sie wirkte so weltfremd, noch viel hilfloser als zu Beginn der Trilogie. Die Entwicklung, die dieser Charakter genommen hat, war einfach nur erschreckend. Sollte die Entdeckung von Worten, von Literatur, das zur Folge haben? Hätte sie nicht zu einem stärkeren Charakter reifen sollen? Stattdessen schwebte sie offenbar in anderen Sphären und drohte endgültig jegliche Bodenhaftung zu verlieren.

So war Cassias Rolle in dieser Dystopie irgendwie nur lächerlich, denn im Gegensatz zu Xander, der wenigstens rudimentäre medizinische Grundkenntnisse besitzt, kann Cassia eigentlich gar nichts – ach ja, außer ‟Sortieren“ natürlich. Diese beeindruckende Fähigkeit, die – ebenso beeindruckend – in drei Bänden nie mehr als nur oberflächlich beschrieben wurde und irgendeine Form der Datenverarbeitung darzustellen scheint. Und zwischen all den erfahrenen Sortieren, Piloten und Medizinern sind es ausgerechnet eine Poesie-verliebte junge Sortiererin ohne großartige Berufserfahrung, ein junger Arzt ohne großartige Berufserfahrung und ein junger Pilot ohne – richtig – großartige Berufserfahrung, die gemeinsam die Welt retten können. Das ist doch mal total einleuchtend, oder?

Genau, das ist es nicht im Geringsten. Mit der Zeit finden die drei Ich-Erzähler natürlich wieder zu einander, hier hätte es spannend werden können. Aber während Xander wenigstens bei der Bekämpfung der Seuche eine tragende Rolle einnehmen und sich entwickeln kann, bliebt Ky vollkommen blass. Er war nicht mehr als ein Schatten seiner selbst und blieb dies auch. Allerdings kann auch Xander nicht nur überzeugen. Sein Schwermut hat fast depressive Züge.
Die Handlung selbst, die Suche nach dem Gegenmittel für den Virus, war außerdem leider nur absurd. Medizin aus Blümchen machen und währenddessen Lieder singen und Gedichte schreiben – dann wird schon alles wieder gut. Ich konnte kaum noch glauben, was für sinnloses Zeug ich hier teilweise lesen musste.

Sprachlich ist ‟Die Ankunft“ wie man es von der Trilogie gewohnt ist. Nachdenklich erzählt, mit sehr vielen (zu vielen) Ausschmückungen und schönen Worten – nur das die jetzt nicht mehr darüber hinwegtäuschen können, dass die Reihe inhaltlich einfach nur leer ist. Die Autorin hat eine Welt erschaffen, eine Dystopie, der sie keine Tiefe geben kann. Jeder greifbare Ansatz verpufft, die Gesellschaftskritik löst sich in Luft auf. Am Ende des Buches begleitete mich ein dumpfes Gefühl. Von der Geschichte ist nichts übrig geblieben, alles, womit sie auftrumpfen kann sind große Worte und viel Pathos. Die Idee hinter der Gesellschaft wurde leider nur halbherzig und mit vielen Unstimmigkeiten zu Ende erzählt. Es wirkte mühselig, als seien der Autorin zwischendurch die Ideen ausgegangen. Keine Emotionen, keine Spannung, keine Atmosphäre. Ich finde für meine Enttäuschung über den Verlauf dieses Abschlusses kaum die richtigen Worte. War die Autorin mir ihrer eigenen Geschichte überfordert? Es scheint leider so...

Fazit: Ich bin sehr enttäuscht. Am Ende entpuppt sich die gesamte Trilogie als inhaltlich leer, als Dystopie ohne jede Tiefe. Schöne Worte können darüber nicht mehr hinwegtäuschen. Blasse Charaktere und eine Handlung ohne Spannung, die teilweise zum Absurden neigt, kennzeichnen diesen Abschluss. Nur ganz knappe zwei Sterne.