Rezension

Ein Traumjob wird zum Albtraum

Hinter diesen Türen -

Hinter diesen Türen
von Ruth Ware

Das leise Grauen kann besonders eindringlich sein, dazu braucht es keine Brutalo-Szenen. Das bewahrheitet sich auch in dem Thriller "Hinter diesen Türen" der britischen Autorin Ruth Ware, in dem nichts ist, wie es scheint. Außerdem ungewöhnlich: Ihr Thriller kommt in Form eines Briefromans daher, über weite Strecken aus der Sicht einer jungen Frau, die aus der Untersuchungshaft heraus versucht, einen Anwalt dazu zu bringen, ihren Fall zu übernehmen. Der Leser weiß früh: Der angebliche Traumjob der jungen Erzieherin Rowan Caine als Kindermädchen einer sechsköpfigen Familie in den schottischen Highlands endete nicht gut. Die junge Frau sitzt wegen des Todes eines Kindes im Gefängnis. Doch um welchen ihrer Schützlinge es sich handelt, ob sie schuldig ist oder nicht, ob sie überhaupt zurechnungsfähig ist - auf all diese Informationen lässt Ware ihre Leser lange warten. Überhaupt bleibt manches Detail dann doch der Phantasie  des Lesers überlassen.

Psychologische Spannung, eine düster-paranoide Atmosphäre, Beschreibungen der dramatischen Landschaft der schottischen Highlands und des sich immer weiter zuspitzenden Gemütszustands des Kindermädchens in einer Familie, in der fast jeder Geheimnisse zu haben scheint: Ware schafft es, eine beklemmende Atmosphäre entstehen zu lassen. Der Leser kann die Ängste Rowans nachvollziehen, doch das Grauen bleibt subtil.

Seit sie die Anzeige gesehen hat, weiß Rowan: Sie will den Nanny-Job bei der Architektenfamilie Elincourt. In ihrer Kita ist sie zunehmend unzufrieden, seit bei einer Beförderung ihre Mitbewerberin den Zuschlag bekam, ihre Mitbewohnerin ist auf Weltreise, sie selbst fühlt sich in der Wohnung mittlerweile einsam. Das geschmackvoll eingerichtete Haus in atemberaubender Landschaft, das sie bei ihrem Vorstellungsgespräch kennenlernt, soll das neue Zuhause werden. Ihre künftige Chefin drängt allerdings darauf, sie müsse sich schon für eine längere Zeit verpflichten. Denn Rowans Vorgängerinnen blieben nicht lange, beendeten den Job teils schon nach wenigen Wochen. Für die Kinder sei das gar nicht gut gewesen.

Schon nach wenigen Tagen muss Rowan ihr pädagogisches Geschick nonstop unter Beweis stellen. Denn die Elincourts sind gemeinsam unterwegs auf einer Messe. Plötzlich hat das Kindermädchen ganz allein die Verantwortung für die Kinder, die ihr teils ablehnend begegnen. In dem smart house mit seinen Apps, Lautsprechern und Kameras fühlt sie sich überwacht. Doch  nicht nur das macht ihr zu schaffen: Nachts hört sie Schritte, ihre Halskette verschwindet, seltsame Geräusche versetzen sie zunehmend in Panik. Ist etwas dran an dem Gerede, dass im Haus Geister ihr Unwesen treiben?

Ware schafft es, immer wieder überraschende Wendungen zu präsentieren. Und wenn sich sowohl Spannung als auch Dramatik immer weiter zuspitzen und fast jeder irgendwie verdächtig erscheint, fällt es schwer, das Buch aus der Hand zu legen. Ich habe es jedenfalls in einem Rutsch verschlungen.