Rezension

Mystery-Crime in den Highlands

Hinter diesen Türen -

Hinter diesen Türen
von Ruth Ware

Bewertet mit 3.5 Sternen

"Hinter diesen Türen" von Ruth Ware erschien (Paperback, 2021) im dtv-premium Verlag und ist für mich eher dem Subgenre Mystery- und Grusel-Crime als ins Genre Thriller einzuordnen. Es handelt sich um eine Geschichte, die langsam Spannung aufbaut und zahlreiche unvorhersehbare Wendungen hat. Dennoch konnte sie mich leider nicht gänzlich überzeugen.

 

Rowan Caine arbeitet in einer Kita in London und wird bei einer Beförderung übergangen. Da fällt ihr eine Anzeige in die Hände, die sie sehr interessiert: Eine sehr wohlhabende Familie in den schottischen Highlands sucht eine Nanny für ihre 4 Kinder im Alter von 18 Monaten, 5 und 8 sowie 14 Jahren. Die Stelle ist gutdotiert - und nach dem Vorstellungsgespräch mit Sandra Elincourt, der Mutter der Kinder, die wie ihr Mann Architektin ist und oftmals beruflich bedingt reisen muss, erhält sie einige Tage später die Zusage: Sie hat die Stelle und tritt als neue Nanny die Fahrt wenig später zur Familie Elincourt an.

 

Bereits am ersten Arbeitstag wird sie alleine mit den Kindern, die sie betreuen soll, zurechtkommen müssen, da beide Elternteile verreisen müssen: Das Zuhause, im Roman sehr bildhaft beschrieben, ist "ein Haus, dem eine Hälfte amputiert worden war, ersetzt durch eine Prothese aus Glas und Stahl" (S. 287) ist ein Smart Home: Alles wird durch ein Smartphone und Touchpanels gesteuert; eine Herausforderung für Rowan. Sandra Elincourt kann sich abends in die Zimmer der Mädchen einloggen, um mit ihnen zu sprechen und es entsteht ein "Überwachungsfeeling", da überall Kameras angebracht sind. Beim ersten Besuch flüstert Rowan eins der Mädchen zu, "sie solle nicht kommen, es sei zu gefährlich; die Geister mögen es nicht...."

 

Und so muss sich Rowan, die nicht überaus ängstlich ist und z.B. knarzende Schritte hört über ihrem Zimmer, mehr und mehr mit unheimlich anmutenden Ereignissen auseinandersetzen, die ihre Nerven strapazieren. Anvertrauen kann sie sich niemand, da sie ausser mit Jean McKenzie, die für den Haushalt sorgt, sie aber offensichtlich ablehnt und Jack Grant, der als Mädchen für alles fungiert, alleine mit den Kindern ist. Die Ereignisse spitzen sich zu und es herrscht im Haus eine gruselige Atmosphäre, Rowan erhält hasserfüllte Botschaften: Wer steckt hinter diesen Abgründen und weshalb verhalten sich die Kinder immer seltsamer?

 

Meine Meinung:

 

Die Idee zum Buch finde ich großartig: Die Geschichte beginnt mit Briefentwürfen und der Brief selbst, den Rowan aus der U-Haft schreibt, ist an einen Mr. Wrexham wie auch an den Leser gerichtet: Ein Krimi in Briefform! Die sehr mysteriösen (und gruseligen, spukhaften) Ereignisse bestimmen den Verlauf auf Heatherbrae House, so der Name des alten viktorianischen Hauses, das hyper modernisiert und zum Smart Home wurde, stark mit und wirken soghaft auf den Leser. Bereits zu Beginn steht fest, dass ein Kind ermordet wurde und Rowan die Geschichte, "wie sie wirklich war", dem Anwalt schreibt, um ihn zu bitten, sie als Strafverteidiger vor Gericht zu verteidigen. Rowan bestreitet jede Schuld und so geht es darum, den wahren Mörder zu finden.

Die Autorin legt hier viele Köder aus und führt in falsche Richtungen; die Rolle Rowans scheint selbst zuweilen etwas ambivalent, da man sich fragt, wer wirklich hinter der adretten, jungen "Supernanny" stecken mag. Die Gruselschock-Elemente sind wohlplatziert und sorgen für reichlich Spannung. Der Stil von Ruth Ware ist sehr eingängig und flüssig zu lesen, besonders hat mir die atmosphärische Dichte gefallen, mit der das Haus selbst beschrieben wurde. Das Buch hat auch Psychothriller-Elemente, da viele Figuren vielschichtig angelegt wurden und man z.B. nicht genau weiß, was man von Sandra, der Mutter der Kinder, zu halten hat oder weshalb Maddie eine derart abwehrende Haltung gegenüber der neuen Nanny hat (allerdings wechselten diese häufig, was Kinder definitiv verunsichert und sich nicht positiv auswirkt).

 

Das Ende der Geschichte mit vielen Wendungen war einerseits wenig berechenbar und durchaus spannend, andererseits für meinen Geschmack jedoch etwas konstruiert: Unverständlich blieb mir die Rolle eines Familienmitglieds, die sehr wohl hätte erahnen müssen, was sich hinter der "perfekten Fassade" tatsächlich abspielte... So war ich mit der Lösung auch nicht einverstanden, da ich sie für sehr weit hergeholt halte. Erläutern kann ich dies nicht näher, da ich sonst zu viel verraten würde. Rezensionen sind ja immer eine subjektive Buchbesprechung - und ich bin sicher, dass "Hinterdiesen Türen" vielen LeserInnen besser gefällt als es bei mir der Fall war. Gute Krimiunterhaltung und ein interessantes Setting in einer der schönsten Gegenden Europas wird jedoch, gepaart mit spannender Unterhaltung, auf jeden Fall geboten. Von mir gibt es 3,5 Sterne und 82° auf der "Krimi-Couch".