Rezension

Eine besondere Freundschaft in düsteren Zeiten

Sturmmädchen -

Sturmmädchen
von Lilly Bernstein

Bewertet mit 4.5 Sternen

 

Seit Margot jedes Jahr ihre Urlaube im Ferienhaus ihrer Eltern in der Eifel verbringt, sind sie, Käthe und Elli unzertrennlich. Und das obwohl sie so unterschiedlich sind: Elli und Käthe stammen aus ärmlichen Verhältnissen und Margot wächst begütert auf. Dann ergreifen die Nationalsozialisten 1933 die Macht und nichts ist mehr wie vorher. Die Jüdin Margot verliert alles und Käthe verfällt mit Haut und Haaren der Ideologie der Nationalsozialisten. Elli, die aufgrund ihrer schweren Gehbehinderung stark beeinträchtigt ist, hofft, dass die Freundschaft dennoch überdauert. Doch dann kommt alles noch viel schlimmer als befürchtet und Elli muss sich entscheiden, wo sie wirklich steht.

 

Die Geschichte liest sich angenehm und gut verständlich. Sie ist so bildhaft und lebendig formuliert, dass man sich die Figuren, den Schauplatz und die Handlung ganz genau vorstellen kann.

 

Elli ist keine klassische strahlende Heldin, leider sie doch seit ihrer Kindheit unter ihrem Hinken. Von ihrer Mutter Alma, die als Hebamme arbeitet, wird sie stets geschont. Doch Elli möchte sich endlich auch einmal nützlich fühlen und das „Richtige“ tun. Was das „Richtige“ ist, ist allerdings auf Anhieb nicht immer klar zu erkennen ist. Elli ist enorm willensstark, entwickelt großen Mut, wächst im Verlauf der Geschichte über sich hinaus. Ihre Freundin Margot hingegen bleibt oft passiv, ist eine Träumerin,  die stets auf das Gute hofft. Schafft sie es auch in schweren Zeiten, ihren Optimismus zu bewahren? Käthe sieht im Nationalsozialismus eine Chance, endlich aus der Armut auszubrechen und Bedeutung zu erlangen. Und dann ist da noch Hans, der Sohn des Bauern und Ellis Kindheitsfreund, der nach längerer Abwesenheit nach Hause zurückkehrt.…

 

Lilly Bernstein zeigt mit ihrem Roman „Sturmmädchen“ einmal mehr, wie unvorstellbar grausam  die Zustände im Dritten Reich waren. Ihre Heldin Elli ist versehrt, wirkt anfangs schwach, niemand traut ihr zunächst etwas zu. Doch sollte man sie keinesfalls unterschätzen. Immer wieder muss sie große Niederlagen einstecken, doch Ellis größte Stärke ist ihre Willenskraft und ihre Beharrlichkeit, die auch andere inspiriert….
Anschaulich und nie beschönigend erzählt die Autorin von der dunkelsten Stunde Deutschlands. An Ellis und Margots Geschichte, für die alles immer auswegloser wird, wird sehr offensichtlich, was die damaligen politischen Entwicklungen wirklich für die Menschen bedeuteten. Der ergreifende Roman stellt aber auch eindringlich dar, dass es auch in einer ungerechten, falschen Welt noch lohnt, für andere und für Gerechtigkeit zu kämpfen. „Sturmmädchen“ ist ein sehr lesenswertes Plädoyer für Mitgefühl, Freundschaft und Zusammenhalt. Ein Buch für alle, die emotionale, dramatische historische Romane mögen.