Rezension

Eine bewegende Geschichte, die mich von Anfang bis Ende gefesselt hat.

Findelmädchen -

Findelmädchen
von Lilly Bernstein

Bewertet mit 5 Sternen

Seit gut acht Jahren lebte die jetzt 15-jährige Helga mit ihrem älteren Bruder Jürgen in Frankreich. Es war Weihnachten und da kommt ein Brief vom Roten Kreuz. Die Pflegeeltern hatten vor Jahren ihre Fotos beim Kindersuchdienst hinterlegt. Nun war der Vater aus Kriegsgefangenschaft zurück. So konnten beide zu ihm nach Köln. Von der Mutter war leider keine Nachricht, ob sie noch lebte. Was hatten die Kinder doch damals für Glück gehabt, im Winter 1946/47. Ein furchtbarer Winter beherrschte das Land. Da erschienen Tante Claire und Onkel Albert wie Engel und nahmen alle fünf Kinder zu sich.
Ein wichtiges Teil aus der Zeit hatte Tante Claire aufbewahrt und gab es Helga. Es waren drei hölzerne Murmeln. Diese tauchen im Lauf der Handlung öfter auf und spielen eine wichtige Rolle.
In Köln leben sie mit dem Vater im Elternhaus der Mutter, wo Tante Meta regierte. Sie war die Schwester ihrer Mutter und hatte sich das Haus zueigen gemacht. Aus Ostpreußen geflüchtet, war sie in Köln gelandet. Nur, die Kinder konnten sich erst einmal nicht an sie erinnern. Und irgendwie verhielt sich diese Frau komisch und war auch immer so eigenartig angezogen.
Während Jürgen bei Ford eine Anstellung findet, möchte Helga aufs Gymnasium. Doch das wird ihr verwehrt und sie muss die Haushaltsschule besuchen.
"Findelmädchen" schließt sich an den Vorband "Trümmermädchen" an. Man komt sehr schnell in die Handlung rein. Hauptsächlich geht es hier um Helga, als auch Jürgen. Die beiden haben ein inniges Verhältnis.
Die Handlung spielt Mitte der Fünfziger Jahre in Köln. Realistisch, bildlich klar hat die Autorin die Zeit dargestellt. Erschreckend zu lesen Helgas Praktikumszeit in einem Waisenhaus. Das Leben der Kinder dort und wie sie behandelt werden, man fühlt mit. Besonders die kleine Bärbel ist Helga ans Herz gewachsen. Sie ist ein sogenanntes Besatzerkind. Bei allem zeigt sich Helgas starker Charakter, denn verbiegen lässt sie sich nicht.
Falls man den Vorband nicht kennt, beide Bücher lassen sich gut allein lesen. Wenn man zum Ende kommt, schließt sich ein gewisser Kreis. Von daher würde ich schon empfehlen "Trümmermädchen" vorab zu lesen.
Die Autorin lässt den Leser teilhaben an einer Geschichte Mitte der Fünfziger Jahre, wo man den Aufbruch und Wandel der Zeit erlebt. Doch ein ganz gravierender TEil der Handlung bezieht sich auf die Mißachtung und Behandlung der Kinder. Die Autorin weist darauf hin, dass sie sich auf Erzählungen von Zeitzeugen beruft.
Emotional wird es, wenn man die Tagebucheinträge der Mutter liest. Wie es dazu kommt, würde zu viel spoilern.
Mit dem Buch selbst ies es wie eine Berg- und Talfahrt der Gefühle, die sehr bewegen.
Eine Geschichte, die bewegt und erneut die damalige Zeit, auch durch die gut aufgestellten Charaktere, vor Augen führt.
Eine Geschichte, die erneut die Rolle der Frau in der damaligen Zeit aufzeigt.