Rezension

Eine sommerlicher Suchtstoff? Eher ein klarer Blick auf eine kaputte Familie

Der Papierpalast
von Miranda Cowley Heller

Bewertet mit 3.5 Sternen

Lassen Sie sich nicht vom pastelligen Einband täuschen und auch der Klappentext, der auf eine leichte Sommerliebe hindeuten könnte, spart den harten Kern der Geschichte aus. Eva Menasse beschreibt das Buch als sommerlichen Suchtstoff, da ist sie an manchen Stellen wohl deutlich dickfelliger als ich.

Cowley Heller nimmt sich vieler Themen an, die dysfunktionale Familien betreffen können: Verrat, Vergewaltigung, Verdrängung, Kindesmissbrauch, Bindungsunfähigkeit, Vernachlässigung von Kindern.
Um Elle dreht sich die Geschichte. Wir erleben einen Tag im Papierpalast, dem Dauer-Familien-Urlaubsziel, der zu Beginn der Sommerzeit von Mäusenestern befreit werden muss und im Winter unbewohnbar ist. Unterbrochen werden die Schilderungen durch Rückblenden auf das 50 jährige Leben von Elle und ihrer Familie.
Die Sprache ist klar und sexualisiert. In Elles Leben gibt es zwei Männer, den Briten Peter und Jonas, ihre Jugend/Lebensliebe. Mit Jonas verbindet sie ein dunkles Geheimnis.
Obwohl ich keiner der Personen in ihren Handlungen folgen konnte, lies sich der Roman schnell und gut lesen. Ich mag auch die klare, harte Sprache der Autorin. Manchmal sind die Schilderungen so bitter, dass man innehalten muss vor Mitleid. Aber auch witzige Stellen finden sich.
Die große Schwäche ist für mich das Ende. Es ist aus meiner Sicht offen bzw lässt verschiedene Ausgänge zu. Ich brauche nicht immer ein gutes Ende, aber in Anbetracht der oben geschilderten Themen hätte ich es mir hier gewünscht (bzw. Elle und ihrer Familie). So bleibe ich etwas traurig zurück. Trotzdem für mich 4 Sterne.