Rezension

Elle muss sich entscheiden: für ihren Mann und ihre Familie oder für ihre Jugendliebe

Der Papierpalast
von Miranda Cowley Heller

Bewertet mit 4 Sternen

ein ausladendes Familien- und Liebesdrama mit viel Melancholie, einem furchtbaren Schicksalsschlag und einer schwerwiegenden Entscheidung

Elle Bishop, 50, ist eigentlich glücklich verheiratet. Sie liebt ihren Mann Peter, hat 3 Kinder mit ihm, und gemeinsam verbringen sie die Sommer immer im Feriendomizil von Elles Großeltern, genannt der "Papierpalast", weil die damaligen finanziellen Mittel nur für Auskleidung der Hütten mit Pappe gereicht hat.
Doch in diesem Jahr erfährt sie Unglaubliches aus ihrer Vergangenheit und daraufhin verbringt sie mit ihrer Jugendliebe Jonas eine unvergessliche Nacht, was sie vor die Entscheidung stellt: bei ihrem Mann bleiben oder doch zu ihrer ersten großen Liebe gehen, den sie liebt, seit sie ein Kind ist und sie wegen eben dieses Schicksalsschlags aus der Vergangenheit nicht mit ihm zusammen sein konnte.

Meine Meinung:
Ein melodramatischer Familien- und Liebesroman, der ohne großes Gedöns auskommt, aber trotzdem beeindruckt. Die Sprache ist eindrücklich, Elle gibt ihre Erlebnisse (in ich-Form) in kurzen Sätzen wieder. Leider kommt für meinen Geschmack viel zu oft das f-Wort vor, das hätte man auch milder umschreiben können.
Der Aufbau ist etwas gewöhnungsbedürftig, denn anfangs liest man hauptsächlich die Geschehnisse in der Gegenwart, die nur einen Tag ("Heute, 1. August") bzw. die Begebenheiten des Vortags umfasst, ab und zu gibt es Sprünge in Elles Kindheit. Diese beginnen bei ihrer Geburt im Jahr 1966 und werden zwischen den Gegenwartsbeschreibungen chronologisch weitergeführt.
Ab dem zweiten Drittel liest man nur mehr die Geschehnisse aus der Vergangenheit, die ein unfassbares Schicksal samt einer folgenschweren Tat  enthüllt. Aufgrund dessen kann Elle nie mit Jonas zusammenkommen, obwohl sie ihn seit jeher liebt.
Erst als ein paar Tage vor dem heutigen Tag neue Erkenntnisse zu diesem Schicksalsschlag ans Licht gebracht wurden, kann Elle ihre Liebe zulassen. Und sie muss sich entscheiden: für ihren Mann oder ihre erste große Liebe.
Die Personen sind authentisch, aber die ganze Geschichte ist eher traurig und düster hinterlegt, obwohl Elles Leben sehr schön war und ist - nur jetzt eben ist sie in dieser Liebeszwickmühle, was aber die ganze Geschichte überlagert.
Oft kann man Elles Verhalten nicht nachvollziehen, aber man verfolgt emotional ihr Gefühlschaos und weiß bis zum Schluss nicht, wie sie sich entscheiden wird.
Ich war froh, dass ich mich mit diesem Buch mal aus meiner Komfortzone herausgewagt habe, denn es hat mir richtig gut gefallen, auch wenn mir die Grundstimmung zu melancholisch war.

Fazit:
Ein melancholisches Familien- und Liebesdrama mit vielen Geheimnissen, einem furchtbaren Schicksalsschlag und einer folgenschweren Entscheidung.