Rezension

Für einen Thriller zu wenig Spannung, für einen (guten) Roman zu wenig literarische Qualität

Die treue Freundin -

Die treue Freundin
von Lisa Unger

Bewertet mit 3 Sternen

Wer eine spannende Geschichte sucht, die auf einem psychologischen Plot aufbaut, und wenig Wert auf literarische Qualität legt, kann gut unterhalten werden. Denn die Handlung weist durchaus sehr interessante Ansätze auf. Wer allerdings einen blutigen oder gruseligen Thriller lesen will oder anspruchsvolle Literatur bevorzugt, wird mit diesem Werk nicht glücklich.

Drei Kinder erleben eine grausame Entführung. Rückblenden auf dieses Ereignis, eine Mordserie in der Gegenwart und ein Beziehungsdrama halten den Leser in dieser Geschichte auf Trab. Er begleitet Rain, eine junge Mutter und Journalistin, bei der Aufklärung eines rätselhaften Falls, der sie tief in ihre Vergangenheit und zu ihrem Jugendfreund Hank führt. 

Die Geschichte entwickelt sich nur langsam, denn  Lisa Unger  nimmt sich viel Zeit die psychologische Auswirkung des Traumas auf Rain und Hank zu schildern sowie die aktuelle Situation der Protagonisten zu beschreiben. Dabei wirkt die Protagonistin Rain zunächst sympathisch. Gerade ihr innerer Konflikt "Vollzeitmutter zwischen dem Wunsch, wieder arbeiten zu wollen, und der Angst, als gute Mutter zu versagen," ist am Puls der Zeit und ein echtes gesellschaftliches Problem. Im Laufe der Zeit bekommt ihre perfekte Fassade jedoch Risse. Auch Hank hat seinen Reiz und er ist sicherlich die interessantere Figur, da sein Verhalten so einige Fragezeichen aufwirft.
Auf den letzten 100 Seiten nimmt die Geschichte dann Fahrt auf und überrascht doch mit einigen Wendungen, so dass ich da das Buch nicht aus der Hand legen konnte.
Auch gefällt mir gut, dass es sich nicht um einen "blutigen Thriller" handelt, sondern um einen psychologisch begründeten Ansatz. Leider wirken aber die psychologischen Ausführungen teils laienhaft, sehr durchschaubar und sind nicht durchweg korrekt.
Sprachlich behagt mir der parataktische Stil nicht.  Im Laufe der Zeit habe ich mich aber etwas an die Schreibweise gewöhnt bzw. mich auf die verschiedenen inhaltlichen Komponenten konzentriert. So weist  der Text mindestens drei Handlungsebenen (Kindheit/ frühe Jugend, junges Erwachsenenalter, Gegenwart) und verschiedene Erzähler auf, die insgesamt einen stimmigen Rahmen bilden und Spannung aufbauen. 

Mein Resümee : Nette Unterhaltung ohne literarischen, wissenschaftlichen oder sprachlichen Tiefgang. Eine unterhaltsame Lektüre, um einen anstrengenden Tag ausklingen zu lassen.