Rezension

Was passiert mit Menschen, die in jungen Jahren ein schweres Trauma erlitten haben?

Die treue Freundin -

Die treue Freundin
von Lisa Unger

Bewertet mit 3 Sternen

Als Zwölfjährige begegneten Rain, ihre Freundin Tess und ihr Freund Hank einem brutalen Entführer. Hank und Rain überlebten. Später stirbt ihr Entführer, Eugene Kreskey, auf die gleiche Weise, wie er Tess ermordet hat. Doch auch Jahrzehnte später versuchen die beiden überlebenden Freunde immer noch, das Trauma zu verarbeiten. Als Steve Markham ermordet wird, reißen die alten Wunden wieder auf. Denn Markham war des Mordes an seiner Frau angeklagt und freigesprochen worden. Der Tod Markhams weist Parallelen zur Tötung ihres Entführers auf. Denn, wie ihr Entführer, wurde auch Steve Markham auf die Art getötet, auf die er selber gemordet hatte.

Den Anfang habe ich als schleppend empfunden. Schon der Prolog konnte mich nicht packen. Die Autorin Lisa Unger wollte im Prolog Spannung erzeugen, in dem wir aus Tätersicht erleben, wie er das Opfer überrumpelt. Dabei gibt sie uns nach meiner Ansicht jedoch zu wenig Informationen, sodass ich den Prolog verwirrend und nicht spannend fand.

Dann lernen wir Rain und ihr Leben in der Gegenwart kennen. Sehr ausführlich, in meinen Augen viel zu ausführlich, dürfen wir an dem Konflikt, in dem Rain sich befindet, teilhaben. Ist sie eine gute Mutter? Ist es richtig, dass sie ihre Arbeit aufgegeben hat, um Hausfrau und Mutter zu sein? Kann sie wieder ihrer Arbeit nachgehen und trotzdem eine gute Mutter sein? Da mich dieser Konflikt einer jungen Mutter nicht interessiert, fand ich diese Passagen, die sich leider durch das gesamte Buch ziehen, ziemlich langweilig. Nebenbei auch nicht sonderlich originell.

Ähnliche Probleme hatte ich mit der Ehe zwischen Rain und Greg. Immer wieder wird betont, wie toll die Ehe ist und was für ein guter Ehemann Greg ist. Dabei kontrolliert und verfolgt Greg sie ständig und Rain hat immer wieder Geheimnisse vor ihm und lügt ihn an. Eine gute Ehe sieht in meinen Augen anders aus.

Leider finde ich, dass sich die Spannung auch zum Ende hin nicht so steigert, dass ich den Schluss für gelungen halte. Denn plötzlich schliddern Rain und Hank in ein Verbrechen hinein, das nicht mit den vorherigen in einem Zusammenhang steht. Das fand ich dann zuviel des Guten.

Neben der Geschichte von Rain in der Gegenwart, erfahren wir mit Hilfe von Briefen und Gedankengängen, was Hank mittlerweile für ein Leben führt. Diese Schilderungen liefern Spannung, weil wir das Innenleben von Hank wahrnehmen. Was hat er damals erlebt? Wie ist es ihm seitdem gegangen? Was für ein Leben führt er zurzeit?

Sehr gelungen fand ich die Szenen, die die Kindheit von Rain, Tess und Hank beleuchtet haben. Ich konnte das Gefühl von Kindheit, Freiheit, die Freude und den Spaß regelrecht spüren. Auch die Darstellung der Ereignisse, die zu den schweren Traumatisierungen von Rain und Hank geführt haben, fand ich sehr spannend. Als besonders positiv möchte ich hervorheben, dass fast alle Gewaltszenen der Fantasie des Lesers überlassen bleiben. Wir müssen uns nicht mit grausamen, blutigen oder übermäßig gewaltsamen Szenen auseinandersetzen. Das fand ich geradezu erholsam im Gegensatz zu anderen Thrillern oder Krimis.

Doch dieses Buch ist weniger ein Thriller oder Krimi, auch wenn es als Thriller vermarktet wird. Allem voran ist es eine popularisierte Sozialstudie, die sich damit auseinandersetzt, was mit Menschen passieren kann, die in jungen Jahren einem schweren Trauma ausgesetzt werden. Wie gehen sie damit um? Wie verarbeiten sie das Ganze? Und was wird aus ihnen? Diese Aspekte des Buches „Die treue Freundin“ fand ich neben den Kindheitserinnerungen am interessantesten.

Dieses Buch ist im Endergebnis für mich Mittelmaß. Es hat zwei spannende Aspekte, jedoch auch sehr viele langweilige Szenen.