Rezension

Traumastudie mit Krimi-Elementen

Die treue Freundin -

Die treue Freundin
von Lisa Unger

Bewertet mit 3.5 Sternen

Die Geschichte zeigt wie sehr das Unterbewusstsein unsere Handlungen bestimmt und Verdrängtes an die Oberfläche befördern will. Daraus entwickelt Lisa Unger einen Krimi um das Leben nach dem Trauma.

Im Mittelpunkt steht Rain, eine Journalistin, die mit der Geburt ihrer Tochter ihren Beruf an den Nagel gehängt hat. Vor allem die Versorgung ihrer kleinen Tochter bestimmt Rains Alltag und sorgt dafür, dass sie sich ständig mit dem Konflikt der perfekten Mutterrolle und der Sehnsucht, wieder beruflich erfolgreich sein zu wollen, auseinandersetzt. Als ihre Freundin und frühere Arbeitskollegin im Radio von einem Mord berichtet, dessen Opfer als Täter freigesprochen wurde, drängt es Rain zur Recherche und damit in die Konfrontation mit ihrer eigenen Vergangenheit. Auch die nach außen perfekte Ehe offenbart plötzlich Risse. Rains Konflikte scheinen in ihrem Kopf ständig präsent.

Parallel zu Rains Alltag erzählt Rains Kindheitsfreund Hank in der Ich-Perspektive vom gemeinsamen Trauma und seinem Leben als Psychiater. Die Autorin legt viel wert darauf, psychologische Ausnahmezustände in der Innensicht zu zeigen und diese in der psychiatrischen Diagnostik einzuordnen. Eine weitere Ich-Perspektive gibt Rätsel auf.

Mit dem Wechselspiel der Perspektiven baut die Autorin Spannung auf, die sie immer wieder mit familiären Alltagsszenen bricht. Von Szene zu Szene verändert sich das Bild von Rains Leben und ihrer Vergangenheit. Lange steht das Erlebte im Fokus, und es bleibt unklar, worin die Verbindung zum aktuellen Mord besteht. Gegen Ende überschlagen sich dann die Ereignisse.

Die Aufklärung ist zum Großteil schlüssig, wenn auch die psychologischen Erklärungen für meinen Geschmack überstrapaziert werden. Die Erzählung der wenig abwechslungsreichen Alltagsszenen wirken erst überflüssig und nehmen die Spannung, bis sich die Funktion dem Leser erschließt.

Fazit: Wer einen Psychothriller erwartet, wie der Verlag verspricht, wird leider enttäuscht. Das Buch erzählt von Auswirkungen schwerer kindlicher Traumata und verwebt dieses mit Krimielementen. Leider kommt der Thrill erst im letzten Drittel auf.