Rezension

Kleine, alte Frau mit Hut

Das Windsor-Komplott -

Das Windsor-Komplott
von S. J. Bennett

Bewertet mit 3 Sternen

Etwas Schreckliches ist nach einer festlichen Nacht auf Schloss Windsor passiert: Einer der Gäste, ein junger Musiker mit außergewöhnlicher Begabung nicht nur am Klavier, ist tot. Als wäre das nicht Skandal genug, lässt sein Tod auf entweder interessante sexuelle Vorlieben schließen oder gar ... Mord. Die Queen, die kurz vor ihrem neunzigsten Geburtstag steht, kann diese Sache natürlich nicht dem MI5 oder anderen Polizisten überlassen, schließlich ist es in ihrem Schloss passiert! Mit Hilfe von Rozie, ihrer jungen, neuen stellvertretenden Assistentin macht sie sich auf, diesen Fall zu lösen; ohne Schirm, dafür mit Charme und Hut. 

Positiv empfinde ich, dass mit Rozie, der Assistentin, eine junge Frau entworfen wurde, die wirklich sehr cool, sehr weiblich und trotzdem mit allen Wassern gewaschen daherkommt. Interessant sind sicherlich auch die ganzen Protokolle, die es für eine Königin einzuhalten gilt oder was die Gesellschaft so glaubt, was eingehalten werden muss. Der Fall selbst ist zwar äußerst cozy, aber auch äußerst an den Haaren herbeigezogen. Und was mir wirklich auf Dauer extrem gegen den Strich ging, war dieses furchtbar servile Verhalten, das alle Leute der Queen und anderen royalen und adligen Parasiten gegenüber an den Tag gelegt wurde. Wofür noch mal hat die Arbeiterklasse gekämpft und beinahe auf der ganzen Welt diese Leute in Schimpf und Schande verjagt? Zwischen den Zeilen liest man hier heraus, dass die Angestellten der Queen - obwohl sie neben J. K. Rowling so ziemlich die reichste Person Großbritanniens ist - recht schlecht bezahlt werden. Und dennoch würden sie alle ihr Leben opfern, um das ihrer Königin zu retten bla bla. Mein Revoluzzerherz war hier permanent auf 180 und ist eher nicht geneigt, weitere Abenteuer einer schnüffelnden Queen zu verfolgen. 

Kommentare

Brocéliande kommentierte am 14. Januar 2021 um 22:46

Ich glaube, wegen meinem "Revoluzzerherzen" habe ich es vorgezogen (da ich die von Dir angeführten Gründe, das Buch nicht allzu sehr zu mögen, vermutete^^), es gar nicht erst zu lesen: Voilà, die zweite Meinung, die dies bestätigt - auch wenn ich die Queen und ihren Philipp irgendwie mag - als ermittelnde 90jährige mag ich sie nicht unbedingt kennenlernen... 

Royalisten und Monarchisten (gibt es die noch? ;-) sollten dennoch auf ihre Kosten kommen. LG!

E-möbe kommentierte am 15. Januar 2021 um 13:20

Ich wäre ja noch gut mit einer ermittelnden 90igjährigen klargekommen - ihr Job war eh eher so wie der von Nero Wolfe: Sie sitzt da und lässt sich alles zutragen und die Intelligenz in Person, während die anderen ihre Muskeln sind (oder so. ;D). 

Aber dieses Geschleime stößt mich ab. Diese Ehrerbietung. Diese Hochachtung, dieser Respekt für was? Dafür, dass sie aus einer Familie von Ausbeutern stammt? 

Ich habe mal einen (Steampunk)Krimi gelesen, da hat Prinz Albert Viktor - also der Enkel von Queen Viktoria - lauter Fälle gelöst. Das war sehr cool, gab auch keine Schleimerei, aber das hier ... Ich gehöre wohl doch eher zu den King's Slayers als den Royalisten. :D