Rezension

Lebendige Geschichtsstunde

Das Haupt der Welt - Rebecca Gablé

Das Haupt der Welt
von Rebecca Gablé

Geschichte lebendig nahegebracht, eine aufregende Reise in eine uns gar nicht so fern liegende Welt vor der ersten Jahrtausendwende.

Inhalt:
Der slawische Fürstensohn Tugomir wird zusammen mit seiner Schwester Dragomira 929 gefangen genommen und an den Hof Heinrichs verschleppt. Dort kann er das Leben Ottos, Heinrichs Sohn retten und avanciert zu dessen Leibarzt und später Lehrer seiner Söhne. Das ändert nichts daran, dass er immer noch Gefangener ist, ein Gefangener, der nach der Krönung Ottos und die aufkommenden Unruhen eine besondere Rolle übernehmen wird.

Setting und Stil:
Die erste Hälfte des 10. Jahrhunderts ist eine Zeit, die weit vom Hochmittelalter entfernt ist. Alles ist auf den Adel konzentriert und Kriegsführen gehört zum Alltagsgeschäft. Frauen haben ihre feste Rolle, Männer ihre Aufgaben. Die damals herrschenden Zustände werden uns von Rebecca Gablé hervorragend und historisch korrekt durch Tugomirs Augen gezeigt. Die Zeit erwacht zum Leben und die weniger als 20 Jahren enthalten so viel historisch entscheidendes, welches dem Leser neben der spannenden und fesselnden Geschichte vermittelt wird.
Das Buch liest sich sehr angenehm und flüssig, die Härte, Rohheit und Andersartigkeit der Zeit werden gut vermittelt und die Handlung ist nicht nur eine Aneinanderreihung historischer Fakten, sondern es bringt Spaß, auf Otto I. Spuren zu wandeln.

Charaktere:
Anstatt Otto I. selbst zur Hauptperson zu machen, wählt Rebecca Gablé jemand aus seinem nächsten Umfeld. Tugomir ist dank seiner Herkunft, seinem Glauben und seinem erzwungenen Verbleib am Hof zwiegespalten. Dies ermöglicht es dem Leser, Ottos Leben kritisch zu betrachten. Lebensecht voller Stärken und Schwächen, genau wie die anderen Charaktere, wächst er einem schnell ans Herz. Otto selbst wird auch zum Menschen und nicht zum hochstilisierten Kaiser der Geschichtsbücher.
Die Charaktere passen in die Zeit, das fundierte Hintergrundwissen der Autorin wird perfekt eingesetzt und so lebt die Geschichte von der ersten bis zur letzten Seite.

Geschichte:
Das Buch erzählt von Ottos Jugendjahren bis hin zur Krönung und den Aufständen im Reich. Damit ist es natürlich trotz 864 Seiten noch nicht zu ende und eine Fortsetzung wird vielleicht irgendwann den Weg in die Bücherregale finden. Es ist eine spannende, actionreiche Zeit in der auch gefühlvolles Platz findet. Keineswegs trocken wird Ottos Leben mit Inhalt gefüllt, der einen ans Buch fesselt und es schwer macht zur Seite zu legen.

Fazit:
Ein Buch, nicht nur für Historyfans. Rebecca Gablé erzählt eine spannende Geschichte, die sich an historischen Ereignissen orientiert, aber doch viel mehr bietet. Stundenlanges Lesevergnügen ist garantiert, während man sich in Kaiser, Edelleute und gemeines Volk hineinversetzt und an ihren mehr oder weniger alltäglichen Erlebnissen teilhaben kann, während um sie herum ein Reich sich seinen Herausforderungen stellen muss. Für alle, denen Geschichtsunterricht zu trocken ist, die gerne gute Geschichten lesen und völlig in einer Handlung versinken wollen.