Rezension

Herz erreicht

Scotland Street 5 - Sinnliches Versprechen (Deutsche Ausgabe) - Samantha Young

Scotland Street 5 - Sinnliches Versprechen (Deutsche Ausgabe)
von Samantha Young

Bewertet mit 4 Sternen

"Scotland Street" ist der fünfte Band in der "Dublin Street"-Reihe und dreht sich um Jos kleinen Bruder Cole Walker, der sich einen Ruf als talentierter Tättoowierer erarbeitet hat. In dem Studio, in dem er arbeitet, wird Shannon MacLeod eingestellt, die sich um die Verwaltungsarbeiten kümmert. Diese ist angesichts des Tattoowmilieus mehr als skeptisch, hat sie doch schon einige katastrophale Beziehungen mit so genannten Bad Boys hinter sich. Auch Cole erfüllt vom Äußeren her alle Kriterien und spätestens als er beginnt, wild mit ihr zu flirten, zeigt Shannon ihm die kalte Schulter. Doch dabei bemerkt sie nicht, dass Cole auf Grund seiner eigenen bewegten Vergangenheit überhaupt nicht einem Bad Boy entspricht und dass sie trotz ihrer Vorurteile ihm gegenüber ihn immer mehr begehrt...

Nach Hannah folgte in "Scotland Street" nun der nächste Charakter der nächsten Generation, nämlich Cole, mit dessen 15-jährigem Ich wir bereits in "London Road" mitleiden konnten. Nun ist er erwachsen und als solcher ein wirklich hervorragender männlicher Protagonist. Zuletzt war ich von "Jamaica Lane" und "India Place" etwas enttäuscht, Shannon und Cole konnten mich nun jedoch wieder sehr überzeugen. Cole war dem Leser schon als Junge ans Herz gewachsen und jetzt zu sehen, dass er sich die verletzliche Seite bewahrt hat und dennoch sehr männlich erwachsen wurde, das bringt den Leser mit dieser Figur nah zusammen. Bereits vor der Veröffentlichung der englischen Originalausgabe war die Autorin, Samantha Young, gefragt worden, warum sie diesmal nicht Cole als Ich-Erzähler gewählt hat. Die Antwort war, dass sie sich besser in die weiblichen Sicht hineinversetzen kann und das ist ihr hier mit Shannon auch gelungen. Dadurch hatte mir die fehlende Perspektive Coles auch gar nicht gefehlt. Shannon ist eine starke Person, die sich in dem Tattoowstudio durchaus behaupten kann, die sicherlich ihre strikten Vorurteile hat, aber die hat jeder und mit ihrer bewegten Vergangenheit sind dieser auch nachvollziehbar. Ein Highlight erfolgte bereits am Anfang, denn man erfährt, dass sich die beiden bereits als 15-Jährige kennen lernten, also in Coles dunkelster Phase. Dieser kleine Nebenaspekt hat einen unheimlich romantischen Faktor und hat mich für die beiden direkt eingenommen.

Auffällig ist auch, dass Samantha Young es wieder geschafft hat unterschiedliche Charaktere mit einer unterschiedlichen Geschichte zu kreieren. Natürlich läuft immer Schema X ab, weil das paar am Ende glücklich zusammen ist, aber das große Drama passiert hier praktisch schon am Anfang, als Shannon Cole an den Kopf wirft ein Niemand zu sein. Dafür fällt die andauernde Flirterei mit sich anstauender sexueller Spannung fast flach und stattdessen erlebt man Shannon und Cole länger als glückliches Paar. Das ist gewöhnungsbedürftig, aber mit gefällt es als Abwechslung ganz gut. Sehr erleichtert war ich auch darüber, dass der große Haken vor dem endgültigen Happy End nur wenig Erzählzeit eingenommen hat. Dadurch, dass Shannons Vertrauensproblem bereits aus der Welt geschaffen war, habe ich mich gefragt, warum jetzt überhaupt noch was passieren muss, Coles Vertrauensproblem war da natürlich ein überraschender Twist. Vollkommen unnötig und deplatziert fand ich dagegen die künstlich konstruiert wirkenden Probleme von Shannons Familie. Diese fand ich so überspitzt dargestellt, dass es fast lächerlich wirkte. Aber nun gut, das trübt den Gesamteindruck etwas, aber ansonsten bestätigt "Scotland Street" wieder das Niveau, das "Dublin Street" und "London Road" zu Beginn der Reihe hoch angesetzt hat.