Rezension

Spannender Rachefeldzug

Der Sohn
von Jo Nesbø

Bewertet mit 4 Sternen

Der 30-jährige Sonny Lofthus sitzt seit 12 Jahren im Hochsicherheitsgefängnis. Er gilt als vorbildlicher Gefangener und macht nie Ärger. Es kursiert sogar das Gerücht, dass Sonny auch Verbrechen gesteht, die er gar nicht begangen hat und als Gegenleistung mit Drogen versorgt wird. Auch bei den Mitgefangenen ist er beliebt. Sie vertrauen Sonny, gestehen ihm ihre Sünden und hoffen auf Vergebung. Bei einem dieser Gespräche erfährt Sonny, dass sein Vater, der vor langer Zeit als korrupter Polizist enttarnt wurde und Selbstmord begangen hat, gar nicht bestechlich war. Er wurde ermordet, um den wahren Maulwurf zu schützen. Sonny bricht aus dem Gefängnis aus und startet einen brutalen Rachefeldzug........

Die Erzählung startet eher gemächlich, da man zunächst Sonny Lofthus im Gefängnis beobachtet und so einen ersten Eindruck von ihm bekommt. Als Sonny erfährt, dass der vermeintliche Selbstmord seines Vaters sich ganz anders zugetragen hat, nimmt die Handlung deutlich an Fahrt auf. Von diesem Zeitpunkt an, fällt es schwer sich vom Gelesenen zu lösen, denn man beobachtet gebannt Sonnys Rachefeldzug. Dabei geht er nicht gerade zimperlich vor, denn er nimmt seine Rache ernst und zahlt es den Tätern mit gleicher Münze heim. Sonny ist also ein Mörder, der seine Opfer bestraft und ihnen das Leben nimmt. Das nimmt man beim Lesen auch zur Kenntnis. Allerdings ändert es nichts daran, dass man immer größere Sympathien für Sonny entwickelt. Er kann Recht und Unrecht durchaus voneinander unterscheiden und deshalb sind die Grenzen zwischen "Schwarz" und "Weiß" in dieser Erzählung auch nicht klar abgesteckt, sondern gehen fließend ineinander über.

Die Atmosphäre in skandinavischen Romanen ist oft drückend und schwermütig, sodass die Handlung dann etwas zäh wirkt. Das ist bei Jo Nesbos neuestem Werk allerdings keineswegs so. Denn man ist von Anfang an mitten im Geschehen und verfolgt gebannt die Handlung. Die Charaktere wirken lebendig, sodass man mühelos mit ihnen mitfiebern kann und dabei in tiefe menschliche Abgründe blickt. Rasante Szenenwechsel, eine durchweg spannende Handlung und überraschende Wendungen sorgen dafür, dass man förmlich über die Seiten fliegt. Allerdings muss man dabei konzentriert bei der Sache bleiben, damit man nicht den Überblick verliert.

Für mich war "Der Sohn" das erste Buch von Jo Nesbo - aber sich nicht mein letztes. Denn der Autor hat es hervorragend verstanden mich bereits früh zu fesseln, sodass ich das Buch nur ungern aus der Hand legen mochte. Ich vergebe deshalb begeisterte vier Bewertungssterne und eine klare Leseempfehlung. Das eine Sternchen ziehe ich ab, da ich es manchmal etwas schwierig fand den Überblick zu behalten.