Rezension

Überzeugender Krimi, der mit der blutigen Rache eines Sohnes spielt und in die Welt der Bösen eintaucht!

Der Sohn
von Jo Nesbø

Bewertet mit 5 Sternen

Der neueste "Nesbø" Krimi ist mal wieder sehr gelungen und zeigt die Schreibfähigkeit des Autors in spannender Weise. Es geht um Sonny Lofthus, 30 Jahre alt, drogenabhängig und seit 12 Jahren Häftling im Hochsicherheitsgefängnis Staten in Olso. Dort verbüßt er zwei Straftaten, die er zwar nicht begangen, aber sie gegen Drogenlieferung im Gefängnis gestanden hat. Dort hat er durch seine ruhige, zuhörende Art auch die Rolle des Beichtvaters für die Mithäftlinge übernommen. Sein kriminelles Leben hatte begonnen, als sein Vater, ein Polizist, durch einen Selbstmord ums Leben kam. Er war in eine Korruptionsgeschichte verwickelt. Das Bild von seinem Vater bröckelte. Doch dann erfährt Sonny nach 12 Jahren im Gefängnis durch die Beichte eines Mithäftlings von der Unschuld seines Vaters und sinnt auf Rache. Er bricht aus dem Gefängnis aus und beginnt seinen brutalen Rachezug. Simon Kefas, ebenfalls Polizist und bester Freund seines Vaters, ist ihm auf den Fersen.

Die Charaktere, die Jo Nesbø hier zeigt, sind mit so viel plastischer Tiefe angelegt, dass sie förmlich lebendig vor den Augen des Betrachters erscheinen. Hier werden Empfindungen und Gefühle beschrieben, die in ihrer Spannbreite nichts auslassen. Es geht um Hilfsbereitschaft, Rache, Liebe, Gerechtigkeit und Erlösung, aber auch um Mord und Totschlag. Das lässt beim Lesen einen inneren Film ablaufen, der mich wie elektrisiert mitreißt und emotional gefangen nimmt.
Sonny Lofthus ist ein Mörder, aber dank der Beschreibung Jo Nesbøs erkennt man in ihm einen Gutmenschen, dem man die Gräueltaten fast verzeihen mag. Denn Sonny kämpft auch um Recht und Gerechtigkeit, er kämpft gegen die Bösen und Korrupten der Gesellschaft. Er rächt die Gestrauchelten und zeigt Einblicke in die unteren sozialen Schichten und ins kriminelle Millieu.  

Die temporeiche Jagd auf Sonny und seine Verstecke, Einbrüche und Rachezüge sind die eigentlichen spannenden Szenen im Buch. Es kommt zu raffiniert ausgeklügelten Handlungen, die überraschen und voll Spannung fesseln. Dabei erscheint die Geschichte logisch aufgebaut und ohne Lücken.
Es gibt unerwartete Wendungen, die immer wieder verblüffen. Der Autor beherrscht sein Metier, das zeigt sich in diesem Roman deutlich. 
Er verknüpft spielerisch verschiedene Perspektiven und Handlungsstränge miteinander und zieht den Leser damit in seinen Bann. Der Spannungsbogen verläuft bis zum Ende hin in einer steten Bahn und steigert sich sogar noch zum Ende hin.

Ein ebenso rasanter wie klarer Schreibstil macht das Lesen leicht und flüssig. Hier wird eine deutliche und klare Sprache verwendet, die zu einem Krimi passt und die Geschichte glaubhaft macht. Durch diverse Cliffhänger wird Spannung erzeugt, die den Leser durch das Buch treibt. Ein wenig Liebesgeplänkel reichert die Geschichte am Rande emotional an und man gönnt dem Protagonisten ein wenig Glück.
 
Hier hat der Autor mal wieder sein ganzes Können bewiesen und mich mit diesem ausgezeichneten Krimi begeistert. Zwar werden die herkömmlichen Postionen von Gut und Böse ein wenig aufgeweicht, aber das ist das Interessante an dieser Geschichte. "Der Sohn" verspricht spannendes Lesevergnügen, emotionale Elemente und eine vielschichtige Handlung, die fesselnd beeindrucken! Es würde mich nicht wundern, wenn dieses Buch in Zukunft als Film erscheint, das Potential hätte es garantiert!