Rezension

Ausuferndes Bargespräch

Die Insel des Zorns -

Die Insel des Zorns
von Alex Michaelides

Bewertet mit 3 Sternen

Eine von der Außenwelt abgeschnittene Insel, sieben Personen, drei Schüsse und eine Leiche. Das sind die Schlagworte, die neugierig auf den Inhalt der Geschichte machen, die Elliot Chase aus seiner Sicht erzählt. Elliot stellt gleich anfangs klar, dass es sich bei seiner Erzählung nicht um einen Krimi handelt, bei dem man sich die Frage "Wer war es?" stellen sollte, sondern lieber "Warum ist es passiert" hinterfragen muss. Und Elliot muss es schließlich wissen, da er zu den sieben Personen gehört, die tatsächlich auf der Insel waren. 

Man sollte allerdings bedenken, dass Elliot von Beruf Dramatiker ist. Bevor er mit seiner Erzählung beginnt, lädt er einen dazu ein, sich gedanklich mit ihm an eine Theke zu begeben und sich gemeinsam auf zwei Barhocker zu setzen. Dann schiebt er einen Drink rüber und fordert dazu auf, es sich damit auf dem Hocker bequem zu machen. Dadurch fühlt man sich perfekt eingestimmt, nippt am Drink und hofft auf spannende Momente. 

Doch diese lassen leider lange auf sich warten. Elliot führt die Charaktere ausführlich ein, schildert die Ereignisse, schwadroniert, nähert sich langsam den Momenten, auf die man hinfiebert, um dann allerdings zurückzublicken und neue Erkenntnisse, die bisher von ihm verschwiegen wurden, einzustreuen. Man muss sich wirklich zwingen, nicht gelangweilt vom Barhocker zu rutschen. Die Versuchung, einen vorgetäuschten Aufenthalt in den Waschräumen der Bar zu nutzen, um heimlich zu verschwinden, ist zugegebenermaßen groß. Zwar kommt es durch die neuen Blickwinkel, die Elliot einbringt, zu Überraschungen, aber dennoch hat man nicht das Gefühl, dass der dramatische Erzähler überhaupt noch auf den Punkt kommt.

Doch nach fast 270 Seiten überrascht Elliot. Plötzlich ist man wieder hellwach und lauscht gebannt seinen Worten, da die Ereignisse sich zuspitzen und einen unerwarteten Verlauf nehmen. Man mag kaum glauben, dass er tatsächlich eine spannende Geschichte zu erzählen hat und klebt förmlich an seinen Lippen. Am Ende angekommen stellt man fest, dass Elliots Art, die Ereignisse zu schildern, wirklich passend ist. Bis dahin muss man sich allerdings zum Durchhalten zwingen und der Versuchung widerstehen, einfach zu verschwinden und ihn alleine an der Bar seinem Schicksal zu überlassen.