Rezension

Brideshead 2.0

Ein anderes Paradies
von Chelsey Philpot

Im Internat trifft Charlotte auf die faszinierende Julia Buchanan. Zwischen den beiden Mädchen entwickelt sich eine äußerst intensive Freundschaft, im Laufe derer Charlotte immer mehr zu einem Teil von Julias Familie wird. Die Buchanans haben ihren eigenen Wirkungszirkel, sind reich, unnahbar und ein bisschen verrückt. Für eine Weile darf Charlotte diese schillernde Familie begleiten, doch sie muss feststellen, dass unter der Oberfläche dieser Menschen ein düsteres Geheimnis lauert, an dem ihre Freundschaft zu zerbrechen droht.

Chelsey Philpot leitet ihre Geschichte mit einem Zitat aus Evelyn Waughs „Wiedersehen mit Brideshead“ ein und verrät damit schon den Kurs der Handlung. Dieses Buch ist eine Hommage an das einmalige Werk Waughs. Aus der zum Klassiker avancierten Geschichte hat die Autorin ein Jugendbuch gemacht, das zu Beginn sehr eng auf den Spuren seines großen Vorbilds wandelt, um sich später zu lösen und eigene Wege zu gehen. Wer „Brideshead“ kennt und schätzt, wird an dem Buch und an den Parallelen seine wahre Freude haben – wer es nicht kennt, darf sich glücklich schätzen nach „Ein anderes Paradies“ noch ein weiteres wundervolles Buch vor sich zu haben :)

Philpots Schreibstil ist einfach und flüssig, was das Lesen sehr angenehm macht. Sie schafft es, aus der an sich nicht besonders handlungsreichen Geschichte, ein fesselndes Leseerlebnis zu schaffen.

Charlotte mochte ich als Protagonistin sehr gerne. Sie war mir auf Anhieb sympathisch. Sie strotzt nicht unbedingt vor Selbstbewusstsein, ist aber auch niemand, der das ganze Buch über am jammern ist. Besonders gut hat mir ihre Leidenschaft für die Kunst gefallen. Ich würde sehr gerne einmal eine ihrer Skulpturen sehen.
Von Julia war ich genauso fasziniert, wie Charlotte. Sie ist eine äußerst tolle und auch ein bisschen undurchsichtige Person gewesen, der ich sehr gerne einmal im echten Leben begegnen würde, über die ich jetzt aber nicht mehr verrate, da jeder Leser das Vergnügen haben soll, die liebenswerte Julia selbst kennenzulernen.
Die restliche Familie Buchanan war ebenfalls sehr gut und plastisch geschildert. Vielleicht liegt es daran, dass das Buch mit dieser Familie schon genug schillernde Personen besitzt, aber die meisten anderen Nebenpersonen wirkten neben ihnen leider wirklich ziemlich blass und auch ein bisschen eindimensional.

Insgesamt hat mir „Ein anderes Paradies“ sehr gut gefallen und jeder, ob er nun „Wiedersehen mit Brideshead“ kennt oder nicht, der an faszinierenden Personen und leicht melancholischen Geschichten seine Freude hat und auf Action verzichten kann, wird hier auf seine Kosten kommen.