Rezension

Der Roman verlor mich immer mehr...

Ende in Sicht -

Ende in Sicht
von Ronja von Rönne

Bewertet mit 2.5 Sternen

"Ein unvorhersehaberes, dramatisches, unangemessen komisches Lesevergnügen" war es nicht - da hat der Klappentext leider zu viel versprochen...

Hella, 69, will sterben. In der Schweiz, in einem Krankenhaus. Also macht sie sich auf den Weg. Diese letzte Fahrt wird ihr alter Passat schon noch schaffen. Doch kaum auf der Autobahn, fällt etwas Schweres auf die Motorhaube ihres Wagens. Juli, 15, wollte sich von der Autobahnbrücke in den Tod stürzen. Jetzt ist sie nur leicht verletzt – und steigt zu Hella ins Auto. Zwei Frauen mit dem Wunsch zu sterben – doch wollen sie zusammen noch, was ihnen einzeln als letzte Möglichkeit erschien? Tieftraurig, elegant und lakonisch erzählt Ronja von Rönne von zwei Frauen, denen der Tod als letzter Ausweg erscheint: ein unvorhersehbares, dramatisches, unangemessen komisches Lesevergnügen. (Klappentext)

Muss ein ernstes Thema zwangsläufig auch in eine ernste Romanhandlung eingebettet werden? Keineswegs. Ein Schuss Leichtigkeit, lakonische Schilderungen, eine Prise schwarzer Humor - immer her damit! Trotzdem kann solch ein Roman berühren, das Tiefgründige durchschimmern lassen, die Tragik im Hintergrund spüren lassen ohne dass dies beim Lesen zu erdrückend wirkt. Das jedenfalls hatte ich dem Klappentext zufolge erwartet, das hätte ich mir gewünscht. Hätte. Ja. Bekam ich aber leider nicht.

Dabei versprach die Konstellation - zwei Frauen komplett anderer Generationen und Lebensthemen - doch eine interessante Begegnung zwischen Hella (69) und Juli (15). Die beiden sitzen zwar schließlich gemeinsam in einem Auto und fahren gen Süden, doch wirken sie bis zum Schluss nicht wie eine zusammenwachsende Gemeinschaft, sondern wie zwei einsame Trabanten, die in ihrem persönlichen Orbit um ihre eigene zerfahrene Lebenssituation zirkulieren und sich im Gegenteil meistens noch gegenseitig abstoßen.

Hella als erlöschendes Popsternchen und ohne nennenswerte private Kontakte ist des Lebens überdrüssig - daran können auch der meist gleichbleibende Alkoholpegel und sonstige verklärende Mittelchen nichts ändern. Deshalb hat sie beschlossen, selbstbestimmt und würdevoll abzutreten - in der Schweiz. Juli dagegen sieht in ihrem 15jährigen Dasein bereits keinen Sinn mehr. Die wiederkehrenden Panikattacken, das Gefühl von Verlassenheit, die Sinnlosigkeit von Therapien - all das erscheint ihr wenig erstrebenswert. Doch der Sprung von der Autobahnbrücke verletzt sie nur leicht, katapultiert sie jedoch plötzlich in das Leben von Hella.

Im Verlauf ihrer gemeinsamen Reise öffnen sich die Frauen nur äußerst zögerlich und widerstrebend. Angesichts ihrer schweren Themen und der Hintergründe sicher nachvollziehbar, doch trug dies dazu bei, dass mir die Figuren nie wirklich nahe kamen und sie auch nicht an Tiefe gewannen, sondern bis zum Schluss eher zweidimensional blieben, auch wenn man punktuell einen kleinen Einblick in das Gefühlsleben und Denken v.a. von Juli erhielt .

Tatsächlich wirkte der Roman eher leicht auf mich, es gab eine Aneinanderreihung von oft recht skurrilen Situationen, die gegen Ende leider für mein Empfinden immer mehr ins Klamaukhafte abdrifteten. Von leicht zu seicht sozusagen - was mich noch zusätzlich abhängte. Letztendlich war ich froh, als die gemeinsame Reise der beiden ein Ende hatte. Da jedenfalls sorgte die Autorin noch einmal für ein gelungenes Überraschungsmoment. Dass das Ende durchaus unterschiedlich interpretiert werden kann, hat die Leserunde gezeigt. Das hat mir gefallen. Doch an der ernüchternden Bewertung ändert das leider auch nichts mehr...

Für mich gab es hier viel verschenktes Potenzial, leider. "Ein unvorhersehaberes, dramatisches, unangemessen komisches Lesevergnügen" war es in der Tat nicht - da hat der Klappentext eindeutig zu viel versprochen. Schade!

 

© Parden