Rezension

Eine angenehme und doch tragische Erzählung

Cascadia -

Cascadia
von Julia Phillips

Bewertet mit 4 Sternen

Zum Inhalt: eine Insel im Nordwesten der USA. Sam lebt mit Ihrer großen Schwester Elena und der schwerkranken Mutter in bescheidenen Verhältnissen. Nur der Traum eines Tages die Insel zu verlassen hält sie bei ihrem lausigen Job auf einer Touristenfähre aufrecht. Als ein Bär auf der Insel gesichtet wird beginnen Tage des Unglaubens und der Angst, die wie die Ankündigung etwas größeren anmuten. 

Obwohl das Leben der beiden Schwestern im Fokus steht wird die Handlung allein aus Sams Sicht erzählt. Man merkt ihr an, dass sie die jüngere Schwester ist, die immer noch einige Privilegien genießt und deren ganze Welt auf ihre Schwester Elena ausgelegt ist. Man bekommt tiefe Einblicke in ihre Gefühle und Gedanken, ihre Unsicherheiten und ihren Trotz.

Die Sichtung des Bären steht symbolisch für die Perspektiven und Hoffnungen im Leben der beiden Schwestern. Machte er Sam zu Anfang vor allem Angst, empfindet Elena ihn als Wunder. Für sie ist er ein Hoffnungsschimmer in der Trostlosigkeit des Alltags, der aus Arbeit, unbezahlten Rechnungen und der Pflege der kranken Mutter besteht. 

Der rote Faden der Geschichte ist eigentlich der Traum der beiden Schwestern aus ihrem Leben auszubrechen und die Insel ihrer Kindheit zu verlassen. Beide sehnen sich nach einem besseren, unbeschwerteren Leben, müssen aber feststellen, dass der einst kindliche Traum sich für beide in unterschiedliche Richtungen entwickelt hat. Es ist eine Geschichte über Verlust, das Platzen von Träumen und die Bitterkeit der Realität. 

Kann es noch Coming of Age sein, wenn die Protagonistinnen Ende Zwanzig/ Mitte Dreißig sind? Denn genauso fühlte sich das Buch stellenweise an: das Enthüllen von Illusionen, das Aufdecken bisher verborgener Unstimmigkeiten und falscher Hoffnungen. Irgendwo zwischen der Reflexion der Vergangenheit und Zukunftsaussichten müssen sich die Schwestern dem Hier und Jetzt stellen. 

Ich mochte die Verknüpfung von rauer, offener Landschaft und beengten Familienverhältnissen. Der Konflikt in dem sich Sam befindet ist nicht unbedingt leicht zu lesen, hat mich aber gut abgeholt und die eher prekären Lebensverhältnisse wurden anschaulich und nachvollziehbar geschildert. Es ist ein eher ruhiger, nachdenklicher Roman, der einen fast schon dramatischen Verlauf nimmt. Interessante Kombination, die aber gut funktioniert.