Rezension

erschreckend, regt definitiv zum Nachdenken an - dennoch anders als erwartet

Dry - Jarrod Shusterman, Neal Shusterman

Dry
von Jarrod Shusterman Neal Shusterman

Bewertet mit 4 Sternen

Stellt euch vor, es würde von heute auf morgen kein Wasser mehr geben. Keine Dusche, kein Kochen, kein Trinken…
So ergeht es Alyssa, ihrem Bruder Garrett und ganz Californien in dieser Geschichte. Da ist der Weg zum nackten Überlebenskampf nicht weit. Vor allem dann nicht, wenn keiner weiß, ob und wann Hilfe kommen wird…

Als treuer Anhänger von Neal Shusterman und alter Dystopienliebhaber war dieses Buch für mich selbstverständlich ein absolutes MUSS! Nun ist es ja nicht von ihm allein, sondern in Zusammenarbeit mit seinem Sohn entstanden – aber das tut ja der Neugier keinen Abbruch!

Zu Beginn der Geschichte wird im Wechsel aus Alyssas Sicht und der des Nachbarjungen Kelton erzählt, ab und an unterbrochen von kleinen Zwischensequenzen, die verdeutlichen sollen, wie die sich die Situation gerade andernorts verhält.
Im weiteren Verlauf werden diese zumeist kurzen Kapitel noch durch Perspektiven anderer Personen ergänzt, hier möchte ich jedoch nicht zu sehr vorgreifen.

Der Schreibstil gefällt mir weitestgehend gut - abgesehen von ein paar kleineren Ausdrucksweisen, die ich so vom Autor nicht kenne. Aber vielleicht hat das ja auch der Sohnemann geschrieben, nichts genaues weiß man nicht…
Das ist ja generell immer etwas, was mich brennend interessiert: wie war die Aufteilung, WER hat WAS geschrieben oder wurde alles zusammen ausgearbeitet, usw. Aber da muss ich wohl noch ein bisschen forschen.

Die Storyline empfand ich gelungen und sehr spannend, da sie viele Aspekte behandelt, die (leider) sehr gut vorstellbar sind. Klar, wenn es um eigene Überleben geht, weiß man natürlich nie inwiefern die Menschlichkeit überlebt. Wie erwartet spitzt sich die Lage im Verlauf der Geschichte kontinuierlich zu, was natürlich auch der Spannung sehr zuträglich ist. Recht schnell wird Angst zu Panik, Panik zu Gewalt, usw... Den Rest dürft ihr euch ausmalen...

Was man jedoch auch dazusagen muss ist, dass die Geschichte doch recht jugendlich geschrieben ist. Klar, es spitzt sich einiges zu, aber es wird mit Abstand nicht so brutal und gnadenlos, wie ich es mir vorgestellt hatte. Für meinen Geschmack kratzen die beiden Shustermans eher am Rand der Story, statt alles rauszuholen, was ich mir erhofft hatte.
Versteht mich nicht falsch, "Dry" ist definitiv ein gelungenes Buch, das sich in einem Rutsch lesen lässt und dabei viel Spaß macht - und das nicht nur, wegen des gelungenen Schreibstils sondern auch der vielen Facetten, die die beiden berücksichtigen und einfließen lassen. Vertrauen, Misstrauen, Neid Verzweiflung und vieles mehr, bringen beim Lesen definitiv ins Grübeln!
Dennoch ist die Thematik, für meine Erwartungen zumindest, manchmal ein bisschen zu "teeny". Jeder möchte der Anführer sein, gegenseitiges Ausbooten, Gefühle füreinander, usw., man kennt das ja... Vor allem Alyssa zeigt da ein paar Züge, die zwar nobel gemeint sind, aber durch die Gesamtkonstruktion eher unwahrscheinlich oder naiv wirken. Vielleicht hängt das aber mit der bereits erwähnten fehlenden Tiefe zusammen, wir werden es nie erfahren..

Zusätzlich hatte ich ein Problem mit kleinen Logiklücken. Ich empfand es zum Beispiel eher unwahrscheinlich, dass von heute auf morgen das Wasser auf diese Art abgedreht wird. Oder das innerhalb von 2 Tagen komplett alle schon am Rad drehen (ich weiß ja nicht wie es euch geht. Aber ich habe in der Regel zumindest Getränke für ein paar Tage zuhause ;)). Aber macht euch gerne selber ein Bild, mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.

Für meinen Geschmack ist "Dry" wohl eher kein typischer Shusterman, dazu hat mir ein bisschen was gefehlt. Dennoch ist das Buch absolut lesenswert, keine Frage! Ich glaube viele würden sich wundern, was so ein Abstellen des Wassers tatsächlich bedeuten, und in welche Bereiche es sich erstecken würde, an die man gar nicht denkt. Vielleicht regt es ja den ein oder anderen zum Überlegen an, was man selbst so einsparen könnte.