Rezension

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Poetische Traurigkeit

Der Inselmann -

Der Inselmann
von Dirk Gieselmann

Ein Junge zieht mit seinen Eltern auf eine kleine Insel in einem riesigen See.
Sie verlassen die Stadt und alle anderen Menschen. Auf der Insel gibt es nur Schafe und einen Hund.

Das Buch ist aus Sicht des Jungen Hans geschrieben und umfasst einen Zeitraum von über 70 Jahren. Zu Beginn ist er 9 Jahre alt. Die Beziehung zu den Eltern ist von seiner Seite aus sehr eng, aber von den Eltern her eher nicht. Er erwähnt mehrmals, dass er seine Eltern mehr liebt als diese ihn. Das hat mich schon recht traurig gemacht.

Das dünne Buch bezieht sich immer nur auf einige Episoden, die aber in meinen Augen das Leben von Hans sehr gut charakterisieren.
Es gibt eigentlich drei Zeiträume: Kindheit auf der Insel, Jugend in einer Art Besserungsanstalt, Erwachsenleben wieder auf der Insel.

Hans hat ein sehr einsames Leben, scheint das aber gar nicht so zu empfinden. Heimweh verspürt er vor allem nach der Insel und dem Hund. Trotzdem kümmert er sich später liebevoll um die Mutter.
Es ist ein einfaches, sehr hartes Leben.

Vor allem die Jahre in der Anstalt. Ein Wunder, das sie ihn nicht gebrochen hat. Dort gab es nur Arbeit, Schläge und wenig zu Essen. Wie soll daraus bessere Menschen gemacht werden?
Dabei sind die Wünsche von Hans nur sehr bescheiden.

Dafür ist das Buch sehr wortgewaltig. Die Sätze sind sehr fein gedrechselt. Jedes Wort sitzt, vieles ist sehr poetisch. Manchmal vielleicht ein wenig Zuviel des Guten? Insgesamt habe ich die Lektüre sehr genossen. Mir gefiel auch der immer wieder aufkommende Vergleich mit einem einsamen Wal.
Die Kindheit von Hans wird in den 1950iger Jahren angesiedelt (die Hündin Leika, die ins All geschossen wurde wird erwähnt). So führt sie auch fast bis in die Gegenwart. Trotzdem bleibt die Umgebung, das Land, in dem das Buch spielt sehr diffus. Es bekommt dadurch einen zeitlosen Charakter. Die beschriebenen Umstände außerhalb der Insel haben einen leicht dystopischen Touch. Ich musste an die DDR denken. Doch eigentlich spielt es keine Rolle. Wo und wann es angesiedelt ist.

Mir wird Hans und sein einsames Schicksal noch lange im Gedächtnis bleiben.