Rezension

Schwierig...Bedrückend... irgendwie traurig

Der fürsorgliche Mr Cave -

Der fürsorgliche Mr Cave
von Matt Haig

Bewertet mit 3 Sternen

Zu Beginn möchte ich erwähnen, dass psychisch labile Menschen das Buch vielleicht lieber nicht oder eher dann lesen sollten, wenn sie gefasst(er) sind. Wie bereits erwähnt ist das Buch sehr bedrückend und das durchgehend von Anfang bis zum Ende. Und das sage ich als jemand, die selber depressiv ist. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass das „Gefühl“, dass das Buch vermittelt eben auch auf einen selber übergehen kann und dass Menschen, die gerade keine gute „Phase“ haben eventuell davon runtergezogen werden könnten. Das ist aber natürlich nur meine Sichtweise. Jeder kennt sich am besten und muss selbst entscheiden, ob man das Buch liest oder nicht.

Buch:
Wie von Matt Haig gewohnt, bietet das Buch schriftstellerisch eine gute Leistung. Nach wie vor mag ich seinen Schreibstil.

Jedoch ist das Buch ganz anders, als jene, die ich bereits von ihm gelesen habe. Zum einen gibt es hier z.B. keine Kapitel, sondern einen durchgehenden Text und zum anderen ist das Buch so aufgebaut, dass es an eine bestimmte Person adressiert ist. Es ist also in einem Stil, das einem Bericht/ Brief gleicht.

Die Geschichte wird ausschließlich aus der Perspektive des Hauptprotagonisten Terence Cave erzählt. Er ist derjenige, der diesen Bericht/Brief geschrieben hat.

Was zudem anders ist, als bei Matt Haigs anderen Büchern ist, dass hier etwas thematisiert und beschrieben wird, was für den Betroffenen „quälend“ ist. Während in seinen anderen Büchern aufmunternde Worte, Ratschläge und teils auch positive Botschaften und Szenen auftauchten, sucht man diese hier vergeblich. In diesem Buch ist der Protagonist im Grunde auf sich alleine gestellt und muss mit sich selbst und seinen Problemen „Kämpfen“. Ob er diesen „Kampf“ gewinnt, muss jeder selber herausfinden.

Story:
Siehe Klappentext

Fazit (mit Mini-Spoiler?):
Für mich war es ein sehr schwieriges und bedrückendes Buch, das dadurch schwer zu bewerten ist.

Denn zum einen ist Terence Cave kein leichter Charakter und teilweise nervig und unsympathisch, aber zum anderen versteht man ihn und kann nachvollziehen weshalb und warum er so ist. Psychisch kranke Menschen sind ja nun einmal nicht immer einfach und gerade Terence, der so viel durchmachen musste und ganz offensichtlich von all den Schicksalsschlägen traumatisiert ist, hat es besonders schwer. Was aber nicht bedeutet, dass ich alles, was er tat, gutheiße. Zumal er unbedingt Hilfe hätte bekommen müssen. Was mich ein wenig gestört hatte, war, dass Terence immer wieder eher wie ein 80-Jähriger wirkte und nicht wie der Vater einer 15-Jährigen.

Die Beziehung zu seiner Tochter Bryony war holprig. Persönlich kann ich nicht nachvollziehen, warum Terence die ganze Zeit als „Bösewicht“ abgestempelt wurde. Die beiden hatten zu Beginn ein gutes Verhältnis und dann mit dem Tod von Reuben hat sich das schlagartig geändert. Dass Bryony ihren Vater ständig als „Diktator“ usw. benannte und ihm vorwarf ihr keine Freiheiten zu gönnen, konnte ich nicht nachvollziehen. Bryony hat schließlich die ganze Zeit das machen können, was sie wollte (Freunde treffen, schulische Aktivitäten, etc.) und bekam erst Hausarrest und Regeln (und selbst diese, hat er nicht konsequent umgesetzt, obwohl er ja wusste, dass sie sich nicht daran hält) auferlegt, als sie beim Lügen ertappt wurde. Und gelogen hat sie ständig. Jedoch hat Terence da nichts gesagt oder ihr dafür Strafen auferlegt. Dass die Beziehung dann so angespannt war, verstehe ich nicht. Für mich wirkte es, wenn man das „Stalking“ außer Acht lässt, wie ein ganz normales Familienleben zwischen Teenager und Elternteil in dem es eben Meinungsverschiedenheiten und Erziehungsmaßnahmen gibt. Bryony war für mich jedenfalls ein unsympathischer Charakter. Ein verwöhntes, egoistisches und rücksichtsloses Mädchen, das nur lügt und ihre eigenen Interessen verfolgt. Ihre Veränderung vom lieben Kind zum trotzigen Teenager verlief auch viel zu schnell, meiner Meinung nach.

Reuben war mir am Liebsten von allen (neben Cynthia). Er tat mir unheimlich Leid, weil er all das nicht verdient hatte (Bekam nicht wirklich Liebe ab von seinem Vater, wurde größtenteils ignoriert, war irgendwie nicht Willkommen und einsam und wurde dann gemobbt…). Ich habe Terence gehasst für sein Verhalten Reuben gegenüber.

Was Terence Psyche betrifft… Ist echt schwer. Natürlich war er traumatisiert und durch eben all das, was geschehen ist hatte er auch diverse Ängste. Was das Buch jedoch suggeriert ist, dass er Bryony lediglich, aus Liebe heraus, beschützen und er sie „besitzen“ will. Auf mich wirkt es jedoch weniger so und eher, als hätte er einen Kontrollzwang. Denn wie bereits erwähnt, hat er seine Tochter zwar verfolgt, aber er schritt nur selten ein und erwähnte auch nichts. Das „Beschützen“ klingt zu „harmlos“, wenn man seine psychische Verfassung betrachtet. Das sichergehen, dass Bryony sicher ist, ist einfach um selber beruhigt und sicher zu sein. Sicherheit in diesem Fall ist die Kontrolle darüber haben zu können, dass alles so läuft, wie es soll und man in der Lage ist potentielle Gefahren beseitigen zu können oder zu vermeiden. Er schützt also mehr sich und seinen Emotionalen Zustand, weil er mehr Leid nicht ertragen kann und will, als dass er Bryony schützt. Terence Zustand wurde auch erst mit der Zeit schlimmer und extremer, je mehr er sich in alles hineinsteigerte und je öfter „Besitz“ von ihm ergriffen wurde. Grundsätzlich kommt da, meiner Meinung nach vieles bei ihm zusammen, was immer mehr und mit der Zeit aufstaut und zu etwas wird, das nur mit professioneller Hilfe behandelt werden kann. Trauma, (Verlust-) Ängste, Kontrollzwang und dann schließlich Halluzinationen, Blackouts und Wahnvorstellungen. Vielleicht hatte er auch eine Psychose oder litt an Schizophrenie- das kann ich nicht beurteilen. Dass er nach all den Schicksalsschlägen keine Hilfe bekam und offensichtlich auch nichts verarbeitet hat oder verarbeiten konnte, hat natürlich viel zu seinem Zustand beigetragen. Aber ich denke, dass auch hier im Buch gut aufgezeigt wird, dass psychisch kranke eben auch (Mind.) 2 Seiten haben- Nach außen wirken sie, als wäre alles „normal“ und gut, aber innerlich zerbrechen sie. Hätten Cynthia und Bryony gewusst, wie es Terence wirklich geht, hätten sie vielleicht entsprechend gehandelt. Wer weiß?

Seine psychische Verfassung hat Matt Haig jedenfalls gut rüberkommen lassen. Wobei ich sagen muss, dass es auch zum Teil verwirrend und echt schwer herauszulesen war, ob man jetzt in der Realität ist oder eben nicht. Vermutlich war es auch Absicht von dem Autor, weil Verstand und Wahnsinn nah beieinander liegen.

Ein wenig gestört hat mich an Terence, dass er manches nicht hinterfragte und schnell etwas glaubte (z.B. Georges Aussage).

Das Ende war irgendwie…traurig und zugleich unbefriedigend. Für mich jedenfalls. Am Ende konnte ich nur mit allen Mitleid empfinden.

Schade finde ich irgendwie, dass man so gut wie nichts von Mr. Cave erfährt, wie er mal war-also bevor seine Frau starb. Demnach kann man auch nicht wirklich Vergleiche ziehen. Man lernt halt nur den „kranken“ Mr. Cave kennen und hauptsächlich seine negativen Seiten, obwohl ich sicher bin, dass er auch gute hatte.

Ehrlich gesagt weiß ich immer noch nicht ganz genau, was ich von dem Buch halten soll. Es stimmt auf jeden Fall nachdenklich. Auch, weil es halt etwas „komplex“ ist und nicht einfach auf kleine banale „Dinge“ reduziert werden kann.

Es war auf jeden Fall eine ganz andere Art von Buch von Matt Haig. Nur bin ich mir nicht sicher, ob ich das mag.

Was eine Empfehlung angeht: Ich halte mich da zurück. Jeder muss selber entscheiden und meine Sicht auf das Buch, die Geschichte und Charaktere wird sicherlich von anderen abweichen.

Danke an Vorablesen.de, dass ich das Buch vorab lesen durfte (und Pünktchen dafür einsetzen konnte).