Rezension

Toller Reihenauftakt eines historischen Kriminalromans

Das Buch des Totengräbers -

Das Buch des Totengräbers
von Oliver Pötzsch

Bewertet mit 4 Sternen

Für mich war „Das Buch des Totengräbers“ das erste Buch von Oliver Pötzsch, obwohl mir in der Buchhandlung immer wieder seine anderen Werke ins Auge gestochen sind. Die Mischung aus Kriminalroman und historischer Erzählung gefällt mir ohnehin sehr gut, weshalb es mich sehr freute, das Hörbuch zu erhalten. 

Leopold „Leo“ von Herzfeldt als Hauptcharakter gefiel mir sehr gut. Auch wenn er immer wieder seinen eigenen Kopf durchsetze, fand ich seine teils rationale, teils emotionale Art und Weise sehr erfrischend und abwechslungsreich. 
Auch die anderen handelnden Nebencharaktere waren toll ausgearbeitet und wirkten sehr dreidimensional. Jeder einzelne Charakter unterschied sich in Charakterzügen, Auftreten und Umgang mit anderen Personen. Wirklich toll gemacht!
Die Fülle an Informationen, die der Leser über das Buch hinweg zu einzelnen Charakteren erhielt, bilden eine gute Grundlage für den nächsten Band beziehungsweise die möglichen nächsten Bände. 

Die Plottwists fand ich leider etwas zu vorhersehbar, viele Überraschungen gab es für mich leider nicht, dafür waren die Hinleitungen ein wenig zu offensichtlich. Dennoch hatte ich viel Freude beim Verfolgen der Handlung.  
Eingebunden in die Handlung waren immer wieder Ausschnitte aus dem „Almanach für Totengräber“ – dem Namensgeber des Buches -, welche mir sehr gut gefallen haben. Einzelne Dinge, so makaber sie auch waren, habe ich tatsächlich nachgeschlagen und somit auch etwas Neues aus dieser Lektüre mitnehmen können. Zugegeben, mein so neu erworbenes Wissen ist vielleicht nicht ganz salonfähig und mein Google-Algorithmus etwas durcheinandergeraten, aber ich schätze es immer sehr, wenn ich beim Lesen von Belletristik noch etwas an Wissen, Daten oder Fakten mitgeliefert bekomme. 

Sehr gut gefallen hat mir die atmosphärische Gestaltung Wiens des 19. Jahrhunderts. Ich war selber noch nie in Wien doch die detailreichen Schilderungen der Stadt riefen fast bilderbuchhaft die Stadt vor meinem inneren Auge hervor. Wobei die Beschreibungen nicht romantisiert waren, sondern relativ klar ein getreues Bild der damaligen Zeit zeichneten.
Auch das Einflechten „neumoderner“ Technik in die Geschichte fand ich toll, ob nun Telefonapparate oder Taschenbuchkameras, die Meilensteine der Industrie wurden gekonnt mit in die Geschichte aufgenommen. 
Doch mit Authentizität gehen nicht nur die unterhaltsamen und spannenden Dinge einher, sondern auch die wirklich unschönen Seiten der Vergangenheit. Antisemitismus, Sexismus und die gesellschaftliche Trennung von Arm und Reich spielen auch eine Rolle in der Geschichte, vor allem bei ersterem musste ich bei einzelnen Passagen immer wieder ganz schön schlucken. 

Hans Jürgen Stockerl hat das Hörbuch wirklich toll vertont und der Wiener Dialekt trug noch mehr zur authentischen Atmosphäre bei. 

Ich freue mich nun auf den zweiten Band der Reihe und kann eine Empfehlung aussprechen für Fans von historischen Kriminalromanen.