Rezension

Vorhersehbare und deshalb langweilige Geschichte um eine einfältige Hauptfigur - weder Thriller noch Kriminalroman

Eine glückliche Familie -

Eine glückliche Familie
von Jackie Kabler

Bewertet mit 2 Sternen

Beth wurde im Alter von zehn Jahren von ihrer Mutter verlassen und ist allein bei ihrem Vater aufgewachsen. 30 Jahre später ist Beth selbst Mutter von zwei kleinen Kindern, geschieden, aber zufrieden mit ihrem Leben, ihrer Nachbarschaft, ihren Freundinnen und ihrer Arbeit als Praxismanagerin.
Als unerwartet eine Frau vor ihrer Haustür steht und behauptet, ihre Mutter Alice zu sein, nimmt Beth diese überglücklich in Empfang und lässt sie sogar bei sich einziehen. Sie freut sich über die Anwesenheit ihrer Mum und auch die Kinder mögen die neu gewonnene Großmutter.
Beth könnte so glücklich sein, ist es trotz aller Wiedersehensfreude aber nicht. Ihre Freundinnen wenden sich von ihr ab, ihr selbst passieren immer mehr Fehler und es ereignen sich merkwürdige Dinge, die sie an ihrem Verstand zweifeln lassen. Darüber hinaus quält sie ein Geheimnis aus ihrer Vergangenheit, das nur ihr Vater kennt und von dem sie Angst hat, dass es jederzeit herauskommen und ihr Leben zerstören könnte.

Der Roman wird aus der Ich-Perspektive von Beth geschildert, so dass man ihr Glück, aber vielmehr ihre Angst und Selbstzweifel gut nachempfinden kann. Weniger nachvollziehbar ist, wie blauäugig sie ihre Mutter bei sich aufnimmt und lieber ihr statt ihren langjährigen Freundinnen oder ihrer treuen Haushaltshilfe zu vertraut.
Die Geschichte ist derart durchschaubar, dass vom Nervenkitzel eines Psychothrillers nichts zu spüren ist. Wer hier wen manipuliert, ist nicht nur für erfahrene Thriller-LeserInnen leicht zu erkennen. Das Geheimnis aus Beths Vergangenheit, dass zu Beginn neugierig macht, wird dann auch bald gelüftet und scheint nach all den Jahren viel zu präsent in Beths Gedanken, Albträumen und Ängsten um die Aufdeckung.
Wie alles zusammenhängt, wird erwartungsgemäß aufgeklärt, bis dahin wiederholen sich aber sämtliche Gedankengänge, Verdächtigungen und es passiert zu wenig, was der Geschichte neue Impulse gegeben hätte.
Während der ganze Sachverhalt um das plötzliche Erscheinen von Alice schon etwas konstruiert wirkt, stellt sich die - auch erwartungsgemäße - Überraschung am Ende noch viel abwegiger dar. Auch die Charaktere verhalten sich nicht lebensecht, wirken einfältig oder gar unglaubwürdig.

Letztlich macht den Reiz dieses Rachedramas nur aus, wie weit Beths Feind gehen wird und wann die naive Hauptfigur endlich die richtigen Schlüsse zieht und Zusammenhänge erkennt. Für den angekündigten "Psychothriller mit Sogwirkung" ist dies allerdings zu wenig. Die Bezeichnung als "Kriminalroman" auf dem Buchcover in Onlineshops (nicht aber auf dem Taschenbuch - vermutlich zurecht überarbeitet) will allerdings noch weniger passen, denn weder in Bezug auf Beths Vergangenheit noch in Bezug auf die Klärung der Identität ihrer Mutter finden konkrete Ermittlungen statt.