Rezension

Eher bitter, als süß

Bittersweet - Miranda Beverly-Whittemore

Bittersweet
von Miranda Beverly-Whittemore

Bittersweet" ist der dritte Roman der Autorin Miranda Beverly-Whittemore und entführt den Leser in die Welt der Schönen und Reichen, wo nicht alles so ist, wie es scheint. Viele Jahre scheinen ins Land gegangen zu sein, ehe die Ich-Erzählerin Mabel Dagmar dazu in der Lage ist, ihre Erlebnisse in den Semesterferien auf Winloch zu erzählen. Doch der Reihe nach. Mabel studiert an einem prestigeträchtigen Privatcollege. Nach Monaten versteht sie, was ihre Mutter meinte, als sie zum Abschied sagte: "Mittellose Mädchen, die dank eines Stipendiums ein teures Privatcollege besuchen können, sollten nicht neben den Sprösslingen der amerikanischen Superreichen schlummern, weil so etwas unersättlichen Hunger weckte." (S. 11) Das zweite Semester neigt sich dem Ende. Mit ihrer Zimmergenossin, der aus reichem Elternhaus stammenden Genevra -Ev- Katherine Winslow, wird sie einfach nicht warm, dabei hätte sie sie so gerne als Freundin. Beide leben in verschiedenen Welten. Mabel möchte zu der Schicht der Privilegierten gehören. Dieser Wunsch scheint in Erfüllung zu gehen, als sie eine Einladung zum Empfang der Collegepräsidentin anlässlich Evs 18. Geburtstag erhält. Erst später erfährt sie, dass Evs Mutter sie aus sozialen Gründen eingeladen hat. Kurz darauf lädt Ev Mabel ein, den Sommer mit ihr gemeinsam auf dem Landsitz der Winslows in Winloch zu verbringen, der am Ufer des Lake Camplain in der Nähe von Vermont liegt. Er wurde von Evs Ururgroßvater Samson Winslow gekauft und mit vielen Cottages bebaut. Ihm schwebte ein mit Winslows bevölkertes Dorf vor, das Winloch heute noch ist. Jedes Familienmitglied besitzt ein Cottage, und Ev soll das ihrer verstorbenen Großtante Antonia Winslow erben. Das Cottage trägt den Namen Bittersweet und muss erst noch wohnlich hergerichtet werden. "Mit jedem Zentimeter Bittersweet, den ich säuberte, wurde es ein Stück weit meins." (S. 51) Schon nach wenigen Tagen glaubt Mabel, dass sie alles das hat, was sie sich jemals erträumte. Ev ist in John, einen Angestellten der Familie verliebt. Mabel beginnt eine Romanze mit Galway, Evs geheimnisvollen Bruder. Es fällt ihr schwer, Anschluss an die große Familie zu finden, bis sie Evs Tante Linden, genannt Indo kennenlernt. Sie bietet Mabel schon nach einem gemeinsamen Nachmittag ihr Cottage an. Im Gegenzug möchte sie, dass Mabel einen Aktenordner sucht, der sich auf dem Boden des Gemeinschaftsspeisessaals befinden soll. In den Unterlagen von Samson Winslow und dessen Sohn würde sich außerdem eine ungeheuerliche Familiengeschichte verbergen. Naiv wie Mabel ist, beginnt sie, in den alten Unterlagen zu stöbern. Mabel hat "Das verlorene Paradies" von John Milton mit in die Ferien genommen und versucht, es in jeder freien Minute zu lesen. Bei Milton schleicht sich Satan als Nebel ins Paradies, schlüpft in die Schlange und bringt Eva dazu, die verlockende Frucht vom Baum der Erkenntnis zu kosten. Hier ist es Indo, die Mabel verführt, und mit ihrem Angebot, ihr das Cottage zu schenken, rückt eine Zukunft im Reichtum immer näher. Mabel macht ungeheuerliche Entdeckungen, und über den ungetrübten Ferientagen ziehen dunkle Wolken auf.

"Bittersweet" hat mich aufgrund seiner epischen Breite im Mittelteil nicht überzeugen können. Der Roman ist zwar unterhaltsam und gut zu lesen, aber zu den Protagonisten konnte ich keinen Zugang finden. Mabel ist naiv und gierig, Ev arrogant und verwöhnt. Die Vielzahl von Figuren macht die Geschichte zudem ziemlich unübersichtlich. Am meisten stört mich jedoch die mangelnde Plausibilität. Warum lässt Indo überhaupt eine Fremde in den Familiendokumenten herumstöbern? Was hofft sie dabei zu finden? Die Geheimnisse, die dann aufgedeckt werden und vor allem auch ihre große Zahl sind dann vollends unglaubwürdig. Eine solche Häufung von Verbrechen aller Art in einer einzigen Familie ist unrealistisch und wirkt stellenweise fast komisch. Das hätte für mehr als einen Roman gereicht. Selbst Mabel hat eine dunkle Vergangenheit und muss sich am Ende schweren Entscheidungen stellen. Insgesamt finde ich den Roman nicht besonders empfehlenswert und vergebe lediglich drei Sterne.