Rezension

Ein atemloser Psycho-Thriller

Bittersweet - Miranda Beverly-Whittemore

Bittersweet
von Miranda Beverly-Whittemore

„Respektiere unsere Geheimnisse, Mabel Dagmar. Sonst werden sogar deine Freunde nicht in der Lage sein, dich zu beschützen.“ – Seite 322

Wir lernen in „Bittersweet“ die Achtzehnjährige Ev Winslow kennen, die alles das ist, was ihre College-Mitbewohnerin Mabel gern wäre: Schön, verliebt und vor allem reich. Als Mable von Ev eingeladen wird, den Sommer gemeinsam mit ihr bei der Winslow-Familie in dem idyllischen Ort Winloch zu verbringen, kann das junge Mädchen sein Glück kaum fassen. Sie landet in einem scheinbar unberührten Natur-Idyll, kann mit Schildkröten schwimmen und ist von allen Seiten mit noblen, schönen Menschen umgeben. Dass die Schönheit dieses Ortes trügerisch und die Freundlichkeit der Menschen dort selten echt ist, begreift auch Mabel schnell, die nach und nach die dunkelsten Geheimnisse und die tiefsten Abgründe dieser Familie entdeckt…

Diese Geschichte nimmt einen gefangen, sie zieht einen hinab in die Abgründe und Untiefen der Menschlichkeit und sie lässt einen erst wieder frei, wenn man die letzte Seite gelesen hat. Doch selbst dann hallt sie noch lange nach und hat sich dem Leser ins Gedächtnis, vor sein inneres Auge gebrannt.

Selten habe ich ein Buch gelesen, dessen Atmosphäre so unglaublich stark war. Die Beschreibung der Landschaft, der Personen und all der aufkommenden Gefühle – all das ist so greifbar, so echt, als wäre ich als Beobachter unmittelbar im Geschehen dabei. Auch spart die Autorin nicht an stilistischen Mitteln, sie arbeitet hin und wieder mit Symbolik, die dem Buch nicht nur mehr Spannung und Anschaulichkeit, sondern einfach auch das gewisse Etwas gibt. So liest Mabel während ihres Aufenthalts in Winloch immer wieder in dem Buch „Das verlorene Paradies“, was sicher auch ein alternativer Titel für „Bittersweet“ gewesen wäre.

Auch die Charaktere an sich sind raffiniert ausgestaltet, sie sind nicht stereotyp, zum Teil wirklich geisteskrank und vor allem aber einfach undurchschaubar. Den Vergleich mit Flinns „Gone Girl“, der im Klappentext angeboten wird, finde ich allerdings zu weit gefasst, denn dafür kann man noch zu sehr erahnen, in welche Richtung sich die Ereignisse entwickeln werden.

Alles in allem hat mich dieses Buch wirklich begeistert, mitgenommen und vollkommen vom Hocker gerissen. Einziges Manko sind für mich die zeitweise auftretenden logischen Schwächen, die dann z.B. bedeuten können, dass in entsprechenden Situationen nicht die Polizei kontaktiert oder psychologischer Rat eingeholt wird. Mit ein bisschen gutem Willen lässt sich jedoch auch das dem allgemein seltsamen Verhalten der Familie zuschreiben, sodass es von mir eine klare Leseempfehlung für diesen Roman gibt, der zugleich auch ein atemloser Psycho-Thriller ist.