Rezension

Interessante Thematik mit schwieriger Protagonistin

Nur einen Horizont entfernt
von Lori Nelson Spielman

Bewertet mit 2.5 Sternen

Hannah Farr arbeitet als Moderatorin ihrer eigenen Frühstückssendung im Lokalfernsehen von New Orleans. Obwohl sie beliebt ist, sind ihre Quoten in letzter Zeit schlechter geworden. Auch privat ist sie frustriert: Ihr Freund Michael, der Bürgermeister der Stadt, hat ihr noch immer keinen Antrag gemacht und immer weniger Zeit für sie. Hannah will sich deshalb auf einen Moderationsjob in Chicago bewerben, um mit einem Angebot ihren Sender und Michael unter Druck zu setzen. Doch welche Geschichte ist beachtenswert genug, um sie im Exposé zu verwenden? Sie entscheidet sich für das Thema der Versöhnungssteine, einem Trend, der von der Autorin Fiona Knowles ausgelöst wurde. Was bislang niemand weiß: Hannah gehörte zu den ersten Personen, die zwei Jahre zuvor einen Stein direkt von Fiona bekommen haben. Aber kann Fiona wirklich vergeben? Und wem soll sie selbst um Verzeihung bitten?

Ein Buch, das sich rein ums Verzeihen und Versöhnen dreht – kann das funktionieren? Der reißerische Klappentext hielt mich eine Weile davon ab, das Buch zu lesen. Schließlich hat es aber doch seinen Weg zu mir gefunden und ich war so neugierig auf die Geschichte, dass ich sie gleich gelesen habe. Schnell fand ich mich in die Ausgangssituation des Buches hinein und musste feststellen, dass der Klappentext einige Dinge verdreht, um noch dramatischer zu klingen. Die Idee der Versöhnungssteine – man erhält zwei Stück, einen schickt man dem Sender als Zeichen der Verzeihung zurück und mit dem zweiten bittet man selbst jemanden um Verzeihung – fand ich sehr interessant und auch, dass Hannah sich seit zwei Jahren weigert, bei diesem Trend mitzumachen, auch wenn sie zu einen der ersten gehörte, die einen Stein erhalten haben.

Ich habe leider sehr schnell festgestellt, dass Hannah ein Charakter ist, den ich nicht sonderlich mag. Anstatt im beruflichen und privaten Klartext zu sprechen, will sie das Jobangebot aus Chicago, um Druck ausüben zu können. Nur um ein gutes Exposé zu liefern entscheidet sie sich dazu, sich nach zwei Jahren doch mit den Versöhnungssteinen zu beschäftigen, die sie erhalten hat. Gleichzeitig verhält sie sich unglaublich naiv und merkt gar nicht, wie sie selbst manipuliert wird. Schließlich ist sie sogar bereit, anderen Menschen zu schaden, um davon einen Vorteil zu erlangen. Einige Nebencharaktere, zum Beispiel ihre Freundinnen Jade und Dorothy, haben mir da schon deutlich besser gefallen. Dorothy ist es auch, die Hannah auffordert, den Versöhnungsstein an ihre Mutter zu schicken. Viele der Charaktere beim Fernsehsender waren hingegen richtige Unsympathen, sodass ich hoffte, dass Hannah sich gegen sie behaupten kann.

Die Geschichte beschäftigt sich allmählich immer stärker Hannahs Vergangenheit und der Beziehung zu ihren Eltern. Hier versteckt sich ein extrem schwieriges Thema. Hannah muss wichtige und weitreichende Entscheidungen treffen, die auch großen Einfluss auf andere haben und mit denen sicherlich nicht jeder Leser einverstanden sein wird. Auch ich konnte ihr Handeln nur bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Es kommt zu vielen emotionalen Situationen, die mich aber nicht gänzlich packen konnten, da ich mich Hannah so wenig verbunden fühlte, dass ich das Geschehen eher aus der Situation der distanzierten Leserin verfolgte.

Neben der Familiengeschichte beschäftigt sich das Buch auch mit dem Thema Liebe und Zukunftsplanung. Dieser Handlungsstrang hat mir gut gefallen, ebenso wie die generelle Diskussion zum Thema Vergeben. Fühlt man sich wirklich besser, wenn man jahrzehntealte Geheimnisse ausspricht? Bleiben manche Geheimnisse besser unausgesprochen? Muss man einer Person vergeben, wenn sie um Verzeihung bittet? Hier werden viele wichtige Fragen aufgeworfen, die mich zum Nachdenken gebracht haben.

„Nur einen Horizont entfernt“ spricht das brisante Thema des Vergebens und Versöhnens an. Leider mochte ich die Protagonistin nicht sonderlich und konnte mich entsprechend wenig in sie einfühlen. Neben einer kontroversen Familiengeschichte bietet das Buch eine schöne Liebesgeschichte und legt ein gutes Tempo vor, sodass keine Langeweile aufkam. Trotz so mancher Kritikpunkte vergebe ich daher drei Sterne. Wer sich mit der Thematik des Versöhnens auseinandersetzen möchte, findet in diesem Buch sicherlich interessante Gedanken und Geschichten.

Kommentare

Wayland kommentierte am 19. Juli 2015 um 14:53

Schöne Rezension. Ich habe das Buch zwar im Regal stehen, konnte mich aber noch nicht dazu durchringen es zu lesen ... :/