Rezension

Von einer Familie, die versucht die Bürde einer schweren Vergangenheit abzuwerfen

Heimkehren
von Yaa Gyasi

Gyasi’s Heimkehren ist ein ambitioniertes Werk: Die Handlung erstreckt sich über einen Zeitraum von mehr als 250 Jahren, spielt auf zwei Kontinenten, folgt 7 Generationen einer Familie und ist aus 14 Perspektiven erzählt.

Seinen Ausgang nimmt es im Ghana des 18. Jahrhundert, in der zwei Halbschwestern getrennt und ohne die Kenntnis voneinander aufwachsen. Zum Einen ist da Effia, die mit einem britischen Offizier verheiratet wird und dank seiner Geschäfte im Sklavenhandel ein komfortables Leben im afrikanischen Kontinent lebt. Was keiner weiß, ist, dass unter den Menschen, mit denen ihr Mann und seine Leute handeln ihre Schwester Esi ist, die wie tausend andere aus ihrem Dorf verschleppt, erniedrigt und nach Amerika verschifft wird. Von hier an begleitet die Autorin die Lebensgeschichten der beiden Frauen und ihrer Nachkommen bis in die Gegenwart. Abwechselnd kommen die Frauen und Männer, Töchter und Söhne der beiden voneinander getrennt verlaufenden Familienzweige je ein Kapitel lang zu Wort.
Räumlich bewegen sie sich zwischen der ehemals britisch besetzten Goldküste (das heutige Ghana) und den Baumwollplantagen sowie Kohleminen in den Südstaaten. Die Linie wird im heruntergekommenen New Yorker Stadtteil Harlem weitergeführt und schließlich zurück zum Ursprungsort gebracht.

Das verbindende Element ist dabei der Kampf nach Freiheit und Gleichbehandlung, den die Nachfahren beider Seiten noch bis heute führen müssen.

Mit ihrer bildhaften, lebendigen und zarten Sprache gelingt es Gyasi dem Leser ein tiefes Verständnis von diesem Kampf zu vermitteln, deren psychischen Folgen wie ein Schatten auf alle nachfolgenden Generationen liegen werden:
„Wenn jemand etwas Böses tut…dann ist es, als würde ein Fischer sein Netz ins Wasser werfen. Er behält nur die wenigen Fische, die er selbst isst, und wirft die anderen zurück ins Wasser im Glauben, dass ihr Leben normal weitergehen wird. Niemand vergisst, dass er einmal gefangen war, auch wenn er jetzt frei ist“ (333).

Das wirklich Erstaunliche an Heimkehren ist schließlich, dass es auf eine so gelungene Art Fiktion und Fakten miteinander verwebt, sodass man sich durch das Buch gleichzeitig unterhalten wie auch gebildet fühlt. In jedem Fall ist es ein Werk, das einem während und nach dem Lesen beschäftigt und gedanklich nicht zur Ruhe kommen lässt, was angesichts der noch immer aktuellen Thematik vielleicht auch Sinn der Sache war.