Leserunde

Leserunde zu "Creep" (Philipp Winkler)

Creep -

Creep
von Philipp Winkler

Bewerbungsphase: 07.01. - 20.01.

Beginn der Leserunde: 27.01. (Ende: 17.02.)

Im Rahmen dieser Leserunde stellen wir – mit freundlicher Unterstützung des Aufbau Verlags – 20 Freiexemplare von "Creep" (Philipp Winkler) zur Verfügung. Eine Leseprobe zum Buch findet ihr hier.

Wenn ihr eines der Freiexemplare gewinnt, diskutiert ihr in der Leserunde mit, tauscht euch über eure Leseerfahrungen aus und veröffentlicht am Ende eine Rezension zum Buch.

ÜBER DAS BUCH:

Ein Blick ins dunkle Herz der Hypermoderne

Sie kennen uns, denn sie beobachten uns. Und wir lassen sie in unser Zuhause, teilen online unsere intimsten Gedanken und Bilder.  

In seinem zweiten Roman nach seinem gefeierten Debüt »Hool« erzählt Philipp Winkler die Geschichten von Fanni in Deutschland und Junya in Japan – beide suchen im Leben fremder Menschen, woran sie sonst verzweifeln: Kontrolle, Zugehörigkeit, Befreiung. Dabei überschreiten sie Grenzen, die für sie schon längst nicht  mehr gelten.

»Creep« ist ein so berührender wie unerbittlicher Roman darüber, wie uns die Hypermoderne deformiert und wozu wir bereit sind, um der Dunkelheit – in uns – zu entkommen.

Die Presse über Philipp Winklers Bestseller-Debüt HOOL:

»Philipp Winkler versteht es, wie zuvor in »Hool«, nicht nur in die Welt der Außenseiter abzutauchen und sie zu erkunden. Er findet eine Sprache, die die Welt dar- aber nicht ausstellt.« WDR 1LIVE über »Carnival«

»Ein außerordentliches literarisches Werk über das Verlieren. « STERN über »Hool«

ÜBER DEN AUTOR:

Philipp Winkler, 1986 geboren, aufgewachsen in Hagenburg bei Hannover. Studierte Literarisches Schreiben in Hildesheim. Für seinen Debütroman »Hool« erhielt er den ZDF aspekte-Literaturpreis für das beste deutschsprachige Debüt, stand auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises und war zum Festival Neue Literatur in New York eingeladen. Der Roman war ein Spiegel-Bestseller, wurde in mehrere Sprachen übersetzt und für die Bühne adaptiert. Eine Verfilmung ist in Vorbereitung. Er lebt in Niedersachsen auf dem Land.

19.02.2022

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
LisaH kommentierte am 30. Januar 2022 um 10:25

Vom Ende hätte ich etwas mehr erwartet. An sich passt es zum Buch, klingt dann aber doch ab, ohne auf verschiedene Punkte einzugehen. GermanVernim schien zum Beispiel nur eine Nebenrolle zu spielen, daraus hätte viel mehr gemacht werden können. Genauso wie aus den zwei verschiedenen Schauplätzen. Dennoch hat die Handlung am Ende Sinn gemacht und es hat mich für Junya gefreut, dass er mit seinem Schulkameraden im positiven abschließen konnte. Fanni tat mir hingegen leid. 

 

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
nicolebrk kommentierte am 30. Januar 2022 um 19:29

Ich stimme dir voll zu, ich habe ehrlich gedacht, dass sich eine (sinnvolle) Verbindung zwischen Fanni und Junya entwickelt. Und da GermanVermin, der nun wirklich nur eine kleine Rolle gespielt hat, die einzige Verbindung war, ist daraus leider nichts geworden.... 

Aber ich hab das Gefühl, dass GermanVermin zumindest die Voraussetzung bei Fanni war, dass sie doch ihre kleine ,,Heldentat'' vorführen kann. Und das es vielleicht doch noch einen positiven Ausgang geben wird. 

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
Naibenak kommentierte am 09. Februar 2022 um 09:04

German Vernim war aber eine Verbindungsstelle zwischen den beiden. Er war es doch, der Junyas Gewaltvideos gesehen und toll gefunden hat. Ahmt dies nun nach in Deutschland und kommt hier mit Fanni in Kontakt, die ihm Adresse zuspielt. Nebenrolle, das ja- aber eine wichtige schon.

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
nicolebrk kommentierte am 30. Januar 2022 um 19:27

Ich bin ebenfalls gerade fertig geworden. 

Tatsächlich habe ich mir das Buch in einer sehr anderen Richtung vorgestellt. Anders erwartet. 

Junya scheint an sich ja ein relatives Ende ,,in Einklang'' gefunden zu haben. Er scheint stolz, dass alle wegen ihm angereist sind, um ihn bei der Polizei zu bejubeln. Einklang mit seinen alten Schulkameraden, Einklang mit seiner Familie und mit Maeda. Irgendwie habe ich bis zum Schluss gedacht, dass er sich umbringt. Ich finde, dass hätte zumindest auch zum Buch gepasst. 

Bei Fanni scheint ein eher ,,schlechteres'' Ende zu geschehen. Bei beiden Charakteren fragt man sich nun- was wird geschehen? Wenn Junya seine Strafe erhält, wenn die Eltern in Moiras Schlafzimmer kommen, mit Fannis Eltern, mit Tobi, mit den alten Schulkameraden von Junya, mit GermanVermin (dessen Identität ich sooo unebdingt herausfinden wollte),... 

Oh man. Bin immer noch komplett shattered (:D) zurückgelassen. 

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
LisaH kommentierte am 31. Januar 2022 um 19:17

Stimmt, solch ein Ende hätte zu Junya gepasst. Auch wenn ich mit diesem Ende jetzt erleichtert bin. Vor allem nach dem Start des Buches hätte ich wirklich alles von ihm erwartet. 

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
alasca kommentierte am 31. Januar 2022 um 17:16

Beide Figuren scheinen eine Art Katharsis durchzumachen. Bei Junya ausgelöst von seiner Gruppenerfahrung, die dazu führt, dass ihm die Interneterlebnisse schal vorkommen. Wäre das so? Ist es nicht eher so, dass die Internet-Junkies gerade der Intensität der Erlebnisse verfallen, die IRL nicht erreichbar sind? Wie halt auch Kartoffelchips so raffiniert intensiv gewürzt sind, dass ein simples Kartoffelpü dagegen meterweit absackt, wenn man nie selbst gekocht hat? 

Bei Fanni ist es die Erkenntnis, dass die Naumanns verreisen und dassTobi sich in ihrem Bad verbarrikadiert hat. Was sie anscheinend bewundert, warum, entzieht sich meinem Verständnis. Wegen seiner Konsequenz???? Für sie bedeutsam offenbar auch das Fotoalbum, das ihre Eltern sich mit durchaus liebevollen Kommentaren ansehen. Sogar ohne jeden Seitenhieb auf die Gegenwart. Das schien mir völlig unverbunden zu ihrem sonstigen Verhalten Fanni gegenüber. Insofern unglaubwürdig. 

Völlig unglaubwürdig auch Junyas Mutation zum Helden, der seine Bande retten will. Bei Fanni fand ich ihr Verhalten schon glaubwürdiger, weil sie von Anfang an mit durchaus sozialen Zügen dargestellt wurde. Junya nicht. Die Predigt von Maeda am Ende fand ich dagegen gut, seine Erklärungen notwendig. 

Dann kriegen wir auch wieder lange Monologe, mündlich oder schriftlich, von Junya und Tobi. Falls wir noch nicht verstanden haben, warum sie abgerutscht sind, kriegen wir es hier nochmal für Dummies. Sowas kann ich auf den Tod nicht leiden. Da hätte ich gerne, wie gesagt, subtilere erzählerische Mittel. Bei Tobi leider eine Aufzählung einiger sexueller Praktiken, die ich bewusst nicht gegoogelt habe - erstens kriegt man nach solchen Suchanfragen unweigerlich entsprechenden Spam, zweitens WILL ich es nicht wissen. Es geht mir teilweise so wie Fanni: manches hätte ich nicht erfahren müssen, manches hat schon in der Andeutung magnetische Effekte auf das Gedächtnis. Dann wieder die japanischen Vokabeln. NERVT. Manche hätte man ohne Weiteres in der Übersetzung verwenden können. Natürlich nicht die für den Abstand zwischen Overknee-Strümpfen und Rocksaum. Die spinnen, die Japaner! Eine dermaßen kranke Kultur. Kommt von den vielen gesellschaftlichen Restriktionen, das macht gaga. Aber vlt. wirkt ´schland auf Außenstehende auch ziemlich crazy.

Ein offenes Ende auf die ein oder andere Art und Weise habe ich vermutet, das passt zum Roman. Dass die beiden Erzählstränge sich am Ende nicht treffen, finde ich allerdings doof. Ich verweise hier auf Tschechov und muss auf der Einhaltung von Regeln bestehen;-)

Habe ich nun etwas erfahren, erfühlt, erkannt, was ich vor der Lektüre noch nicht hatte? Ich muss sagen, dass ich in Bezug auf die Themen des Romans weit mehr Erkenntnisgewinn aus Daniel Suarez, Daemon gezogen habe, und das Buch ist mittlerweile 13 (!) Jahre alt. Wie soll man das alles nun in einer Rezi bewerten? Das wird schwierig. Im Moment läuft es auf 3 Sterne hinaus. Kann aber nach weiterem Nachdenken auch mehr oder weniger werden. 

Ich bin gespannt auf Eure weiteren Kommentare. 

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
nicolebrk kommentierte am 01. Februar 2022 um 15:05

Ich stimme dir voll zu. Offenes Ende-ja, aber dass sich beide wirklich NULL kreuzen finde ich schon sehr schade. Vor allem da sich durch GermanVermin echt viel hätte draus entwickeln können. Das mit den Monologen finde ich teilweise weniger schlimm, weil das Buch natürlich sehr holprig beginnt und ich teilweise auch erstmal in die Charaktere ,,eintauchen'' möchte/muss. 

Und das mit den Fachbegriffen und der japanischen Kultur hatten wir ja bereits, bevor ich da auch noch meinen Senf dazugebe :D

Aber krank, dass der Autor so tief in dem Thema drin ist. Also auch mit den sexuellen Begriffen, aber da waren mir teilweise so viele Bands/Games (und ich zocke auch hin und wieder) soo fremd sind, hätte ich nicht gedacht.

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
alasca kommentierte am 01. Februar 2022 um 17:20

"... weil das Buch natürlich sehr holprig beginnt und ich teilweise auch erstmal in die Charaktere ,,eintauchen'' möchte/muss."

Genau das meine ich. Holprig! Das geht weit eleganter. Mich ärgert sowas, zumal Winkler das besser kann. 

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
Naibenak kommentierte am 08. Februar 2022 um 11:31

Ich bekomme von einer Freundin "Hool" geliehen, was ich bereits lange auf dem Schirm hatte. Bin gespannt auf den Vergleich, das soll ja eigentlich sehr gut sein!

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
alasca kommentierte am 10. Februar 2022 um 16:21

"Hool" ist ein Hammerbuch. Ich finde es deutlich besser als "Creep". Bin gespannt auf deine Meinung!

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
FancyPhillis kommentierte am 04. Februar 2022 um 11:18

"Die spinnen, die Japaner! Eine dermaßen kranke Kultur."

Diese generalisierte Aussage finde ich sehr unangemessen. Eine ganze Kultur aufgrund eines spezifischen Fachbegriffes als krank zu beschreiben, empfinde ich als höchst fragwürdig. Zumal der deutsche Autor hier ein Buch schreibt, das darauf ausgelegt ist seine Leser_innen aus ihrer Komfortzone zu holen.

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
alasca kommentierte am 04. Februar 2022 um 14:51

Es ist dein gutes Recht, das unangemessen zu finden. Der Satz ist übrigens ein Zitat, nur dass Asterix und Obelix meines Wissens nie nach Japan gereist sind - oder? Das gute alte Stilmittel der satirischen Übertreibung. ;-)

Noch ein Beispiel der "kranken" Kultur: Karoshi. Tod durch Überarbeitung. Meine japanische Lieblingsvokabel. Japan ist so fremd für uns, ich habe es schon immer faszinierend gefunden. Der Autor hat übrigens 2 Jahre lang dort gelebt. 

https://www.welt.de/print/die_welt/politik/article112895339/Japan-kaempf...

 

 

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
Naibenak kommentierte am 09. Februar 2022 um 09:16

"Bei Junya ausgelöst von seiner Gruppenerfahrung, die dazu führt, dass ihm die Interneterlebnisse schal vorkommen."

Moment, da habe ich eine andere Interpretation;-) Er kommt zurück nach Hause, nachdem er und sein Vorhaben die Gang zu retten erneut abgelehnt wird von Masataka. Ich glaube nicht, dass er da im Einklang war mit den Jungens. Hab ein komisches Gefühl dabei. Meiner Meinung nach will er zu Hause zu seiner einzig denkbaren und von anderen "gesehenen" und "bewunderten" Identität zurück: in die Internetcommunity (hier im übrigen eine Parallele zu Tobi!). Als er feststellt, dass seine Identität dort quasi ausradiert wurde, ist er total zusammengebrochen und hat nur noch die Flucht nach vorn gesehen, um sich sichtbar zu machen. Was ihm dann offenbar auch gelungen ist am Ende. Maeda hat ihn nie interessiert und tut es m.M.n. auch jetzt nicht wirklich. Trotzdem gut, dass er da war und einiges erklärt hat...

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
alasca kommentierte am 15. Februar 2022 um 18:58

Finde ich eine überzeugende Interpretation von Junyas Verhalten am Ende. Ja, Maeda hatte eine wichtige Funktion - zu erklären, dass es viele gibt wie Junya, wie die Dynamik verläuft und dass diese Menschen Hilfe brauche. 

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
Naibenak kommentierte am 09. Februar 2022 um 09:20

"Dass die beiden Erzählstränge sich am Ende nicht treffen, finde ich allerdings doof."

Die beiden treffen sich nicht direkt, aber indirekt über GermanVernim ja eigentlich doch bei der Sache mit Fanni am Schluss. GermanVernim als Stellvertreter Junyas, da er ihn nachahmt. Oder?

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
alasca kommentierte am 15. Februar 2022 um 18:53

Stimmt. Da bin ich jetzt aber zickig und finde das ein bisschen sehr indirekt. Natürlich sehr subtil und so weiter. ;-)

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
Naibenak kommentierte am 09. Februar 2022 um 09:52

"Sogar ohne jeden Seitenhieb auf die Gegenwart. Das schien mir völlig unverbunden zu ihrem sonstigen Verhalten Fanni gegenüber. Insofern unglaubwürdig."

Da hast du Recht. Denselben Gedanken hatte ich auch. Hatte die ganze Zeit auf diverse negative, fiese Bemerkungen gewartet. Aber: nichts. Das passte nicht.

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
alasca kommentierte am 31. Januar 2022 um 22:18

Ich sehe gerade, dass auf der Seite der LitCologne 2022 Winklers Auftritt mit einem Zitat aus dem Radiohead-Song betitelt ist: "But I´m a creep / I´m a weirdo".

https://www.litcologne.de/de/programm/lit-cologne-2022/but-im-a-creep-i-...

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
Gittenen Bücherfresserchen kommentierte am 31. Januar 2022 um 23:37

Dass Beide die Vergangenheit einholt durch Leute aus der  Vergangenheit , finde ich etwas konstruiert
GermanVernim ahmt Yunyas Taten nach, oder machte eh  schon immer das Gleiche.
 Ich fand es schon ein krasser Kontrast , dass was sich Fanni parallel auf den  beiden Monitoren ansah , auf  der einen Seite die heile Welt der Familie Naumann und gleichzeitig auf dem anderen Schirm die Gewalt GermanVernims

Schon pervers  und grotesk dieser Fankult im Netz

Irgendwie hatte ich Respekt vor Masatakas " erster Stein werfen Rede", er brachte es voll auf den Punkt auch wenn es es nicht Rechtfertigt was Yunya tat, aber es weckt Verständnis
Das mit der Yakuza war seltsam
Auch am Schluss war alles so desillisoniert, ich hätte weinen können

 

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
Gittenen Bücherfresserchen kommentierte am 31. Januar 2022 um 23:54

Desillusioniert

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
Dandy kommentierte am 04. Februar 2022 um 04:00

Habe das Buch heute auch beendet. Die Geschichte war ganz anders, als ich erwartet hatte. Auch das Ende hat mich überrascht. Auf dieses war ich hier am Meisten gespannt, da ich keine Ahnung hatte, wie die Geschichte ausgehen könnte.

GermanVermin bleibt geheimnisvoll. 

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
FancyPhillis kommentierte am 04. Februar 2022 um 12:37

Das Ende des Romans lässt mich mit einigen noch offenen Themen und Fragen zurück. Ich bräuchte wahrscheinlich ein paar Tage, um über die gesamte Geschichte nachzudenken, aber ich habe das Bedürfnis, bereits jetzt ein Fazit zu ziehen.

Junyas Ende passte zu seinem im dritten Teil aufgebauten Heldendrang, auch wenn er schlussendlich wenn überhaupt nur im negativen Sinne als "Held" von schaulustigen Fanboys und -girls angesehen wird. Ich gehe davon aus, dass Junya sich nicht aus Gerechtigkeitssinn und Einsicht über seine begangenen Taten stellt, sondern allein aus dem Grund die verlorene Anerkennung für seine Taten aufgrund der falschen Bekennerschreiben und der gelöschten Beiträge wieder zu gewinnen. Im Grunde ist der Gedanke im Gefängnis sein zu müssen wahrscheinlich gar nichts Negatives für ihn, da es sich von seinem selbst gewählten "Gefängnis" seines Zimmers nur minimal unterscheidet und er somit die alte Ordnung wieder herstellt. Mich würde jedoch interessieren, ob seine Erlebnisse mit Masataka und den anderen eine Veränderung in seinem Denken bewirkt hat. Das ist nicht vollkommen ersichtlich geworden.

In Fannis Geschichte sind viele Themen nicht zu Ende erklärt worden. Wie geht es mit Tobi weiter? Wer ist GermanVermin? War Fanni ebenfalls maskiert oder wird sie nach ihren Einbrüchen gefasst? Ich habe eigentlich erwartet, dass Tobi GermanVermin ist und er die Verbindung zwischen Fanni und Junya herstellt. Die fast schon fehlende Auflösung lässt mich unzufrieden zurück. Zudem gab es auch hier wieder Aspekte, die für mich unrund erschienen. Zum einen ist genau just in der Nacht, in der Fanni am Monitor live bei einem Überfall von GermanVermin dabei sein möchte, ihr Chef im Büro und schmeißt sie raus, sodass sie erst dann auf die Idee kommt GermanVermin vor Ort zu überwältigen. Auch Fannis nüchterne Reaktion auf das Wegziehen der Naumanns, die sie seit Jahren täglich verfolgt, schien mir unstimmig.

Insgesamt war es interessant die beiden Figuren durch ihr Leben zu begleiten! Dennoch hab ich am Ende mehr von dieser Geschichte erwartet. Es gäbe meiner Meinung nach eine Möglichkeit die Geschichten in einem weiteren Band fortzuführen, aber ich bezweifle, dass dies vom Autor vorgesehen ist. Schlussendlich war die Geschichte dennoch unterhaltsam und hat mich an vielen Stellen auch aus meiner Komfortzone gelockt!

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
Naibenak kommentierte am 08. Februar 2022 um 08:33

Ich bin nun auf den letzten "Metern" und muss sagen, mich nervt die Entwicklung von Junya unglaublich, weil sie meiner Meinung nach absolut konstruiert und realitätsfern ist. Schade, fing diesbezüglich echt gut an! Und bei Fanni macht Winkler das auch besser -  da bleibt er beim Charakter und bleibt konsequent bis jetzt. Bei Junya empfinde ich das, als müsse Winkler noch bisschen Action reinbringen wollen, damit das Buch auch gekauft wird. Oder so... ;-) Und diese Monologe ständig sind auch too much, da bin ich total bei alasca. Ach Mensch, schade irgendwie. Anfangs war ich echt fasziniert. Mal schauen, wie es nun zu Ende geht.

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
alasca kommentierte am 10. Februar 2022 um 16:25

Ich habe bei solchen Mängeln immer den Verdacht, dass ein Abgabetermin schuld ist. Muss raus vor der Buchmesse. Das hat der Verlag dann davon! Nicht gut für den Autor, weil er Credits bei der Leserschaft verliert. Insgesamt ein Verlustspiel, aber da lernt die Branche nicht dazu. Da lob ich mir Peter Buwalda, der einen Wahnsinnserstling rausgebracht hat (Bonita Avenue) - und erst letztes Jahr das nächste Buch. An das ich mich gar nicht rantraue, aus Angst, es ist schlechter als das erste :-(

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
Naibenak kommentierte am 09. Februar 2022 um 09:48

Mich hat der Schluss (also die letzten 40 Seiten etwa) dann doch noch einigermaßen versöhnt. Junya verhält sich m.M.n. völlig glaubwürdig am Ende, als er zurück nach Hause geht und feststellt, dass seine Existenz im Netz zerstört wurde... er muss sich unendlich verloren fühlen, wie ein Nichts. Überall stößt er auf Ablehnung, seine geplante Heldentat wird mal eben als ziemlich lächerlich und albern abgetan. Deshalb dann die Flucht nach vorn, unbedingt einmal im Mittelpunkt stehen, gesehen werden, bewundert werden. Gelingt ihm offenbar. Finde ich gut. Vielleicht wird er im Knast sogar ein bisschen zu sich kommen im Laufe der Zeit, auch wenn es dort sicherlich kein Zuckerschlecken sein wird...

Fannis Entwicklung im Roman verläuft ja recht stringent im Gegensatz zu Ungereimtheiten bei Junya zwischendurch. Den Schluss finde ich gelungen. Sie sehnt sich so sehr nach einer liebevollen Familie, die sie offenbar nie hatte. Das kann einem schon zu Herzen gehen. Wie es mit Fanni weitergeht, ist eigentlich am offensten ;-) Wahrscheinlich nicht viel anders als bisher?! Da bin ich nicht so sicher...

Sehr gelungen finde ich am Schluss die Verbindung der beiden durch GermanVernim (als Stellvertreter Junyas), sowie auch stellvertretend für die Gewalt, die Fanni und Junya verbindet. Fanni kämpft gegen ihn - gegen die Gewalt. Junya stellt sich zeitgleich der Polizei und beendet die Gewalt seinerseits. Wäre ja als Zukunftsvision nett, wenn sich diesbezüglich etwas zum Guten wenden könnte ;-)

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
nicolebrk kommentierte am 10. Februar 2022 um 14:49

Ich habe gar nicht gedacht, dass GermanVermin stellvertretend für ,,Gewalt'' stehen könnte. Aber netter Vergleich! :) Dafür sind Leserunden ja da 

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
Naibenak kommentierte am 10. Februar 2022 um 14:56

Naja ;-) noch besser ist wohl "ausführende" Gewalt. Das fiel mir eben ein, passt besser!

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
alasca kommentierte am 10. Februar 2022 um 16:27

"...stellvertretend für die Gewalt, die Fanni und Junya verbindet. Fanni kämpft gegen ihn - gegen die Gewalt. Junya stellt sich zeitgleich der Polizei und beendet die Gewalt seinerseits."

Kluge Deutung! Stimmt 100prozentig aus meiner Sicht. Winkler kann schon was, total schade, das hier. 

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
SaintGermain kommentierte am 09. Februar 2022 um 19:10

Für mich kein befreidigendes Ende. Aus "German Venim" und der Verbindung zwischen den beiden Hauptprotagonsiten wäre viel mehr und viel bessere Möglichkeiten übriggeblieben.

Während ich Junyas Geschcihte eher als abgeschlossen betrachten konnte, fehlte mir  bei Fanny irgendwie der Abschluss. Und wie gesagt, die Verbindung zwischen den beiden.

Allerdings finde ich, dass Junyas Verwandlung zum möglichen Helden nicht glaubwürdig ist. 

Und am Ende noch der Hinweis auf Depressionen. Ich würde bei beiden eher eine andere Diagnose als Depression stellen.

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
nicolebrk kommentierte am 10. Februar 2022 um 14:48

Ich finde Junyas Ende genauso wenig überzeugend. Kommt er nun ins Gefängnis? Oder wie soll das ablaufen? beide Enden sind für mich sehr unbefriedigend... :( 

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
darkola77 kommentierte am 18. Februar 2022 um 23:47

Sozialer Rückzug bzw. soziale Isolation als Symptom einer schweren Depression ist leider nicht konstruiert. Traurig aber wahr und wissenschaftlich.

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
SaintGermain kommentierte am 23. Februar 2022 um 09:55

Da muss ich dir recht geben. All das sind Symptome einer Depression, aber nicht alle dieser Symptome ergeben zwingend eine Depression. Das ist leider ein falscher Rückkehrschluß.

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
striesener kommentierte am 16. Februar 2022 um 20:06

Das Buch lässt mich mit einem Zwiespalt zurück. Ich habe den letzten Abschnitt mit Interesse gelesen und das Buch hat mich bis zum Schluss "bei der Stange" gehalten. Wie einige Mitleser/innen finde aber auch ich den Schluss bzw. die Auflösung etwas unbefriedigend. Insbesondere Junyas Wandlung empfinde ich als kaum nachvollziehbar. Insgesamt ein Buch, dass bei mir nicht nachhaltig in Erinnerung bleiben wird. Für mich ist "Hool" das deutlich bessere Werk des Autors.

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
Ayda kommentierte am 17. Februar 2022 um 12:42

Ich habe das Buch heute beendet und auch wenn ic das Buch gern gelesen habe, hätte ich mir die Entwicklung der Geschichte doch etwas mehr in Richtung virtuelle Verbindung von Fanni und Junya gewünscht. Trotzdem fand ich die Handlung sehr interessant, vor allem aber finde ich den Schreibstil des Autors sehr gut, der Grund warum ich dem Buch dann am Ende 4 Sterne geben möchte. Ich fand die Handlung von Junya etwas verwirrend, ich kam phasenweise nicht mehr so mit vor allem im 2 Abschnitte bin ich nicht immer gut duchgestiegen, wohingegen ich Fanni gut folgen konnte. Das der Autor die Thematik des hikikomori syndrom hier behandelt finde ich gut. Das er am Ende die Depression erwähnt wundert mich nicht, das passt schon zu dem Buch. Ich mache mir jetzt noch ein wenig Gedanken und verfasse dann die Rezension..

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
rettungszicke kommentierte am 17. Februar 2022 um 19:04

Bin auch enttäuscht, dass die beiden Charaktere so gar keine Verbindung haben. In Fannys Geschichte wird lediglich ein Serienmörder aus Japan erwähnt. War eigentlich auf die Verbindung gespannt..

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
darkola77 kommentierte am 18. Februar 2022 um 23:37

Tempo und Action begleiten uns durch den dritten Leseabschnitt, und ein für mich unerwartetes, fulminantes Finale erwartet uns. Nach einem Leben in sozialem Rückzug und Isolaton scheint Funya tatsächlich das erste Mal in seinem Leben Freund*innen und eine Form von Ersatzfamilie gefunden zu haben, die ihm Sicherheit und Geborgenheit verleiht und ihn dabei unterstützt, seine sozialen Phobien anzugehen. Fanni dagegen nähert sich ihrer tatsächlichen, biologischen Familie wieder an - auch, wenn sie nach dem Besuch "in der Realität" ihre Eltern nun über das BELL-Überwachungssystem beobachtet. Aus der Ferne und unentdeckt wird sie wieder Teil der Familie.

Der Bruch Junyas mit seiner Ersatzfamilie kommt für mich unerwartet, wird er von dieser, scheinbar aus Fürsorge ihm gegenüber wieder zurück in sein altes Leben geschickt, ein Leben, mit dem er nichts anzufangen weiß und welches ohne Zukunft und Perspektive für ihn ist - insbesondere, nachdem auch seine virtuelle Existenz unerklärlich und nachhaltig ausgelöscht wurde. Dass er sich daraufhin bei der Polizei als gesuchter Serientäter stellt, sich dieser geradezu aufdrängt und den Polizisten von seiner Schuld erst überzeugen muss, ist für mich der entgültige Bruch mit seinem Versuch, ein Leben in oder besser: mit der Gesellschaft zu führen. Unerwartet ist für mich, dass er hierbei selbst Kultstatus und eine Fangemeinde erlangt, die seinen Taten huldigt - was für mich als eine Kritik Winklers an einer werteverzerrten Gesellschaft zu verstehen ist.

Auch Fanni beendet ihren Rückzug ins Virtuelle, indem sie GermanVermin im Hause seines Opfers stellt, für sie ein Gefühl, als ob "die digitale und die gegenständliche Welt aufeinanderprallen". Trost und Schutz nach dem Kampf sucht sie bei Moira, auch hier eine Verschiebung ins Reale, nachdem sie die Naumanns bisher nur als "Geist aus dem Off" begleitet hat.

Auch der dritte Leseabschnitt hat mir sehr gefallen, und ja, auch gefallen hat mir, dass zwischen den beiden Hauptfiguren zahlreiche Parallelen in Leben und Entwicklung aufgemacht die beiden Stränge aber nicht zusammengeführt werden. Warum sollten sie auch - wird der Einbruch bzw. das Hereinlassen der Realität in ihre  beider Leben mit all seinen Konsequenzen doch auch so deutlich und vergleichbar.

Mich hat die Geschichte äußerst fasziniert und meine Erwartungen mehr als erfüllt: überraschend in ihrer Handlung, Figuren und Fortgang, heftig und gewaltig in ihren Bildern und mit einer Botschaft, die kraftvoll in die Realität der Leser*innen dringt.

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
kristall kommentierte am 20. Februar 2022 um 07:40

Ich muss auch sagen, dass ich am Ende doch ein bisschen mehr erwartet hätte. Mir hat sich nicht alles vollends erschlossen und es fehlt mir auch ein bisschen Spannung. Trotzdem hat es letztlich gepasst zum Rest des Buches und die Geschichte war in sich stimmig.

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
Leia Walsh kommentierte am 21. Februar 2022 um 10:45

Ich habe für die letzten Seiten wirklich hart gekämpft. Mein ganzer Körper hat sich gegen das Buch gewehrt. Ganz schlimm sowas! Wäre es keine Leserunde, ich hätte längst aufgegeben und abgebrochen.

 

Nun steh ich da und weiß nicht, wie ich all meine Enttäuschung und meinen Ekel in Worte fassen soll.

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
Marcsbuecherecke kommentierte am 21. Februar 2022 um 11:56

Das Ende des Buches hat mich jetzt doch ein wenig ratlos zurückgelassen. Ich bin mir immer noch nicht sicher, was ich davon halten soll: Daher habe ich auch ein paar Tage mir Zeit gelassen, um nochmals "in mich zu gehen".

Der Autor beendet die Handlung, lässt aber doch ein paar Stränge lose liegen, ein Kniff, der sicherlich nicht neu ist, mir aber doch in der Regel durchaus gefällt. Man hat immer so eine kleine Hintertür, durch die eine Fortsetzung oder zumindest eine weitere Geschichte aus dem gleichen Kosmos treten kann.

Hier ist es aber so, dass die Stränge nicht wie absichtlich liegen gelassen wirken, sondern haben mich eher an vergessene Dinge erinnert. Wo bleibt beispielsweise die Verbindung von Fanni und Junya?  Sehr schade!

Dennoch finde ich das Buch doch erschreckend nahe an der Realität und hat ein Szenario aufgebaut, welches mich durchaus ab und zu nervös auf meine Webcam hat schauen lassen ....

Ich mache mich jetzt noch direkt an die Rezension.

 

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
Naibenak kommentierte am 21. Februar 2022 um 12:01

"Wo bleibt beispielsweise die Verbindung von Fanni und Junya?"

Diese Verbindung wurde schon recht früh erkennbar: GermanVernim ist zum einen der Käufer von Fannis geklauten Datenbundles und gleichzeitig ein Bewunderer und Nachahmer von Junyas Taten. ER IST DIE VERBINDUNG. So sehe ich das. Vielmehr braucht der Roman diesbezüglich auch meiner Meinung nach nicht. Aber ich sehe schon, dass viele da anderer Meinung sind ;-)

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
Leia Walsh kommentierte am 21. Februar 2022 um 12:34

Eben - die Verbindung soll bewusst so "dünn" sein. Es geht im Buch nicht um die Verbindung von Junya und Fanni.

Aber genau da sehe ich das Problem - die wenigsten werden verstehen, was Winkler dem Leser nahelegen will. Und das hat nichs mit japanischen oder IT-Ausdrücken zu tun.

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
Marcsbuecherecke kommentierte am 21. Februar 2022 um 16:40

Was war denn Winklers Intention deiner Meinung nach? Für mich war es unser gefährlich offener Umgang mit sensiblen Daten und Inhalten und was passieren kann, wenn wir nicht anfangen umzudenken. 

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 228 bis Ende
Marcsbuecherecke kommentierte am 21. Februar 2022 um 16:43

Ich finde auch nicht, dass es das zwingend braucht - andere Romane mit ähnlichem Aufbau haben dann aber im letzten Abschnitt plötzlich sowas wie: wohnen in der selben Straße, haben gemeinsame Verwandte etc. Das ist mir nur aufgefallen, dass es das hier nicht gab