Rezension

Kann die Begeisterung nicht verstehen

When The Moon Hatched -

When The Moon Hatched
von Sarah A. Parker

When the Moon Hatched: Die Auserwählten von Autorin Sarah A. Parker trifft inhaltlich genau den Zahn der Zeit. Mächtige Drachen, in einer üppig ausgestalteten, einzigartigen Welt, mit einem komplexen Magiesystem, dazu eine freche Protagonistin mit tragischer Vergangenheit und einem männlichen Counterpart, der bereit ist alles für seine Liebe zu geben. Klingt gar nicht so verkehrt, wenn man das erstmal liest und es muss ja was dran sein, so gehyped wie das Buch ist. Knapp 850 sehr ermüdende Seiten später, fällt mein Fazit jedoch mehr als nüchtern aus.
Der Schreibstil ist unglaublich prätentiös, zäh und repetitiv. Die Autorin war so krampfhaft bemüht mit ihren Worten poetisch zu klingen, dass kaum ein Satz ohne ausschweifendes Anhängsel in Form von Metaphern oder anderen Beschreibungen auskam. Mal abgesehen davon, dass dabei teilweise wirklich absurde Sätze bei rausgekommen sind (sowas wie: „Meine Lungen saugen seinen Duft tief ein, so intensiv und betäubend wie geschmolzener Stein mit einem Sahnehäubchen“ (S.61)), war es teilweise einfach nervig, wie viele Worte benutzt wurden, um am Ende praktisch keine verwertbare Info oder Emotion darin zu finden. Auch die endlosen Wiederholungen haben die Geschichte nur künstlich in die Länge gezogen. „Zerfetzen“ und „schlitzen“ scheinen definitiv Lieblingswörter der Autorin zu sein, genauso wie die Formulierung „das (beliebiges düsteres Adjektiv hier einfügen) Organ in meiner Brust“. Ich habs auch nicht gebraucht bei jedem Auftritt von Kaan aufs Neue zu lesen, wie unfassbar groß und muskulös er ist und 20.000 Mal vorgesetzt zu bekommen, wie traumatisiert Raeve ist und dass sie Angst vor Liebe hat. Immer und immer und immer wieder zu schreiben, wie „beschädigt“ ihr Herz ist, macht sie nicht zu einer komplexeren Figur und ihr Trauma nicht authentischer.

Raeve als Protagonistin ist auch so eine Sache. Sie wird vorgestellt als diese toughe Auftragskillerin der Rebellen, die die Schwachen beschützt und den Bösen mit Gnadenlosigkeit gegenübertritt, sich nichts gefallen lässt und immer eine scharfzüngige Bemerkung auf den Lippen hat (sofern man ein endloses Repertoire an den immer selben lahmen D**kjokes clever und witzig findet). Anfangs macht sie einen interessanten Eindruck, aber es war schwer für mich über die Dauer des Buches einen Zugang zu ihr zu finden. Es findet im Grunde null Charakterentwicklung bei ihr statt und ich hatte so gehofft, besonders bei der Länge des Buches, mehr über sie, ihren Charakter und ihre Vergangenheit herauszufinden. Um mögliche Spoiler zu umschiffen, muss ich hier eine Menge ausklammern, aber im Grunde hält sie eisern an ihren etablierten Verhaltensmustern fest, ist fleißig am Verdrängen und speist einen stets mit denselben vagen Andeutungen ab. Sagen wir es gibt eine (Gedächtnis-)Lücke in ihrem Lebenslauf, die großen Einfluss auf die Fae hatte, zu der sie geworden ist, und man erfährt kaum etwas darüber, ergo fällt es schwer sie im Ganzen nachzuvollziehen. Irgendwann war es nicht mal mehr reizvoll ihren Rachedurst anzufeuern, weil ihre beiden Freundinnen, deren Verlust sie soo traumatisiert hat (wie sie nicht müde wird zu wiederholen), eigentlich kaum eine Rolle spielen. Über die eine erfährt man kaum mehr als den Namen, die andere erlebt man zwar kurz, sie verfällt aber auch zur Randnotiz, die hie und da mal eingeworfen wird, wenn es der Story gelegen kommt.
Ich kann es nicht anders zusammenfassen, als dass sich Raeve für mich angefühlt hat wie eine mittelmäßig umgesetzte Copy-Paste Variante bekannter Romantasy Heldinnen, die wenig Neues oder Eigenes mitgebracht hat, um wirklich authentisch rüberzukommen.
Über Kaan als männliche Hauptfigur kann ich nicht wirklich was Schlechtes sagen, er bringt viele gute Eigenschaften mit, ist aber unterm Strich auch sehr austauschbar. Man erlebt ihn überwiegend aus Raeves Perspektive und weil sie sich ja mit keinem Gefühl auseinandersetzt, ist ihre Einschätzung häufig darauf beschränkt festzustellen, wie muskulös und männlich er aussieht. Ich konnte den Funken zwischen den Beiden nicht wirklich spüren.
Es gibt ein paar wenige Nebenfiguren, die interessant sein könnten, aber leider kaum in in die Geschichte einbezogen werden. Vielleicht soll das mal in die Richtung von „Found-Family“ gehen, aber dafür müsste besagten Figuren etwas mehr Zeit auf der Bildfläche gegönnt werden.

Das World-Building schließlich habe ich auch mit vielen gemischten Gefühlen erlebt. Ich fand cool wie die Autorin diesem klassischen Konzept der Vier-Elemente-Magie einen neuen Dreh hinzugefügt und ihr eigenes, relativ komplexes System kreiert hat. Auch der Aufbau ihrer Welt und die Aufteilung in die verschiedenen Reiche hat meiner Meinung nach gut funktioniert. Man konnte schnell merken, wie viel Mühe sich die Autorin mit dieser Welt gemacht hat. Gleichzeitig war es irgendwie enttäuschend, wie wenig Raum diese Magie und ganz besonders die Drachen, die ja eigentlich so eine wichtige Rolle spielen, in der Geschichte bekommen haben. Letztere hatten hauptsächlich die Funktion ein cooleres Transportmittel zu sein. Stattdessen hat die Autorin mit einem Haufen ausgedachter Begriffe um sich geworfen, die man ohne das Glossar am Ende des Buches kaum manövrieren konnte. Zumindest ging es mir die meiste Zeit so, aber ich finde auch, eine erdachte Fantasywelt wird nicht automatisch besser, nur weil man sich möglichst viele neue, verrückte Sachen einfallen lässt. Manchmal darf es auch eine ganz normale Walnuss sein.

Sooo, langes Buch, lange Rezi, aber ich bin fast am Ende meines Fazits angelangt. Es gab echt eine Menge Dinge, die mich beim Lesen genervt, gestört oder schlicht gelangweilt haben, aber die Welt konnte zumindest ein bisschen mein Interesse wecken und die Handlung – auch mit ihren Höhen und Tiefen – hat sich in eine Richtung entwickelt, die spannend werden könnte. Ich will die Reihe daher nicht ganz abschreiben und nehme den zweiten Teil vielleicht doch noch in die Hand. Mal sehen. Für diesen Einstieg lande ich irgendwo zwischen 1.5 und 2 Sternen.