Rezension

Abwechslungsreicher Kriminalroman aus zwei Perspektiven

Herzsammler
von Stefan Ahnhem

Bewertet mit 4 Sternen

Es ist Winter in Schweden und Dänemark. In beiden skandinavischen Ländern passieren Verbrechen, die zunächst unerklärlich scheinen.

In Schweden verschwindet der Justizminister plötzlich in wenigen Minuten an einem Abend, und das auf einem kurzen Weg zwischen Parlamentsgebäude und Dienstwagen. Polizeikommissar Fabian Risk, seine schwangere Partnerin Malin Rehnberg und das Team sowie deren Chef Herman Edelman müssen das Verschwinden des Justizministers im engen polizeilichen Kreisen aufklären. Zwei Tatverdächtige kommen anfangs in Frage, weil sie bei ähnlichen Straftaten in Erscheinung getreten sind. Doch als einer der Tatverdächtigen sich das Leben nimmt, kommen Fabian Risk die ersten Zweifel, ob eine von den beiden Tatverdächtigen überhaupt der Mörder des Justizministers sein kann. Kommt ein Trittbrettfahrer in Frage? Diese Frage stellt sich Fabian Risk des Öfteren.

Als in Stockholm der Justizminister verschwindet, wird in Dänemark die Ehefrau eines TV-Moderators zu Hause tot im Bett gefunden. Zunächst spricht alles für den Ehemann. Aber als andere Frauen verschwinden und tot aufgefunden werden, stehen die beauftragte Polizistin Dunja Hougaard und ihr Team vor einem Rätsel. Für ihren Chef ist der Fall irgendwann gelöst, aber Dunja Hougaard hat ihre Zweifel, und stößt mit ihren Lösungsansätzen bei ihrem Chef auf Granit. Kleine Anzeichen bestehen sogar, dass der schwedische Kriminalfall mit dem dänischen in einem Zusammenhang stehen kann.

 

Der schwedische Autor Stefan Ahnhem schrieb einen dichten und komplexen Kriminalroman, der die Perspektive einerseits aus dem schwedischen Ermittlerteam beschreibt, und andererseits aus der Perspektive des dänischen Polizeiteams. Die jeweiligen Fälle werden abwechselnd aus beiden Ermittlerperspektiven erzählt, so dass der Erzählstrang nachvollziehbar bleibt. Mitten in diesen Perspektiven erzählt Stefan Ahnhem auch aus der Perspektive eines Täters, bei dem man zunächst im Dunkeln tappt, wer diese Person sein könnte. Eigentlich sind die beiden Tatverdächtigen anfangs plausible Täter – sogenannte Wiederholungstäter – was sich aber anders herausstellen wird. Fabian Risk sowie seine Kollegin Malin Rehnberg zeigen starke Charaktere jeweils auf ihre Art. Ihre Arbeit steht für sie an erster Stelle, die sie konsequent und gewissenhaft erledigen möchten. Beide vollziehen den Spagat zwischen Beruf und Privatleben, was für beide nicht einfach ist, weil sie für ihr Glück kämpfen müssen. Dunja Hougaard dagegen stellt eine engagierte Polizistin dar, die ihr Ziel erreichen will, und wenn sie notfalls den Täter oder die Täter alleine fassen und mit Konsequenzen rechnen muss. Ihr Privatleben steht nicht immer im Glanz des Glücks.

 

Bei diesem Kriminalroman bekommt man schon das Schaudern, wenn man die Bilder vor dem inneren Auge Revue passieren lässt. Stefan Ahnhem gelang es, einen spannenden - bis auf einige weniger spannende Seiten in der ersten Hälfte des Buches - sowie abwechslungsreichen Kriminalroman zu schreiben. Im letzten Drittel des Buches kommen die ersten Überraschungsmomente und Wendungen in Bezug auf Figuren und Handlungen. Beim Lesen fiebert man mit, dass nicht noch Opfer zum Tode fallen beziehungsweise die Ermittler unversehrt ihre Ermittlungen zu Ende führen können. Gerade die Rolle der Malin Rehnberg steht vor Herausforderungen, die hochschwanger dazu beitragen möchte, dass ein Mörder gefasst wird. Der Kriminalroman entwickelt sich stellenweise zu einem Thriller aufgrund der Spannung und bildhaft brutalen Szenen, wie wenn Opfer aufgeschnitten werden oder Organe entnommen werden. Es erinnert stellenweise andeutungsweise an Folter. Zum Glück sind diese Textstellen auf das Minimale von Beschreibungen reduziert, so dass die Geschichte nicht zu einem Horror-Lese-Trip wird. Wer spannende, komplexe und abwechslungsreiche Erzählperspektiven gerne liest, kann ich diesen schwedischen Kriminalroman empfehlen.

Kommentare

Christian Bosten kommentierte am 28. August 2015 um 23:43

Sehr gelungene Rezension!

Bin gespannt, wie mir dieser Krimi gefällt. Er wird ja sehr kontrovers gesehen.