Rezension

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Langweilig wie mittelmäßig

Herzsammler
von Stefan Ahnhem

Bewertet mit 1 Sternen

Trotz guter Idee ist es ein mittelmäßiges Werk mit einer komplizierten Handlung, großer Portion Effekthascherei und hohlen Figuren geworden.

Ich wollte mich für diese Geschichte begeistern können, denn Autoren, deren Werke man reihenweise lesen kann, sind gerade das, wonach ich Ausschau halte. Leider kam es anders.

Der Text liest sich schnell, bloß es wird durch eine recht plumpe Art der Materialdarbietung erreicht. Fertigbrei sagt man dazu. Das, was Leser wissen soll, wird im bereits vorgekauten Zustand in den Mund geschoben, man braucht nur zu schlucken. Auch die Bilder, die die zahlreichen wie seitenlangen Erzählerberichte und Behauptungen untermauern würden, liefern oft zu wenig an Greifbarem. Viele Dinge, statt sie dramatisch auszuschlachten, werden einfach auf dem Niveau der Behauptungen gelassen. Mir fiel schwer, diesen Glauben zu schenken und ich musste mehrmals entnervt das Buch weglegen. Auch zu viel Effekthascherei hat mir das Lesen gründlich vermiest. Ich musste dabei oft an Kinder denken, die sich schaurige Geschichten erzählen und, um einander noch mehr zu beeindrucken, sich immer makabereren Einzelheiten einfallen lassen.

Spannung hält sich also eher in Grenzen. Ich musste mich schon sehr motivieren, zum Buch zurückzukehren,  aber zumindest eins des Autors wollte ich zu Ende lesen. Zwischendurch habe ich mir drei andere Krimis gegönnt, damit mir die Lust am Lesen insgesamt nicht vergeht. Auch Sätze folgender Art haben mich paar Mal auf die Palme gebracht: „Tomas Persson grinste so breit, dass sich seine aufgepumpten Brustmuskeln unter dem engen T-Shirt spannten.“ S. 169. Oder: „Ihr Kopf wurde von der Frage …, überflutet wie von einer Springflut…“ S. 258. Dazu kommt ein zu reger Gebrauch der Hilfsverben: „war“ und „gewesen“ sind ein fester Bestandteil des Textes. Der Stil ist also „Genuss“ pur.

Ein weiterer Punkt: Reduzierung der Figuren auf den Körper. Diese Seite wird so ausgiebig bedient, ob es zum zigsten Mal um abgetrennte Körperteile oder Sexszenen geht, dass ich mich mehrmals fragte, was genau damit bitte bezweckt wurde. Die Geschichte spielt sich hpts. auf dieser Ebene ab. Und alle, ob Kinder oder Erwachsenen sind in irgendeiner Weise gestört. Wenn so etwas wie Liebe auftaucht, nimmt sie schon recht seltsame Züge an und rutscht ganz schnell aufs Körperliche wieder. Mein Eindruck war, dass es um Zombies ging, die wie Maschinen funktionieren (mussten), um in dieser düster-grausigen Welt, so wie sie in diesem Werk gezeichnet wurde, ihr physisches Überleben sichern zu können. Die Geschichte wird aus (zu) vielen Perspektiven erzählt wird. Auch deshalb war es mir schier unmöglich, mit irgendeiner Figur warm zu werden und mit ihr durch die Geschichte zu fiebern. Dieses Zombihafte der Figuren trug enorm dazu bei.

Die Handlung ist recht komplex geraten. An sich ganz gut: Es gibt mehrere Richtungen, in die ermittelt wird, wie mehrere Ermittler, in Schweden wie in Dänemark, und lange in die Handlung hinein mehrere Mörder mit ihren makabren Gelüsten. Man wird recht umständlich durch die Story geführt und erst im letzten Drittel zu easy, auf die entscheidenden Hinweise gestoßen. Das Schurkenmotiv fand ich passend. Eine sehr gute Idee. Aber deren Umsetzung lässt sich leider zu wünschen übrig. Zu dem kam mir die Handlung an vielen Stellen recht unglaubwürdig vor, am Schluss sowieso.

Die Vielfalt an Themen ist einfach zu viel des Guten. Zu all dem unbändigen Mordlust, Kannibalismus, etc. kommt auf dem Endspurt auch noch Prostitution dazu. Das Ganze garniert mit dem Bestreben der Polizeichefs die Fälle ungeklärt zu lassen, da Verbindung zur hohen Politik. Auch hier also wieder mal was „Neues“.

Ein weiterer Punkt. Es ist schon überdeutlich, dass der Wille, einen neuen Bestseller auf den Markt zu bringen, alles bestimmt hat. Da wurde die Liste der Erfolgsfaktoren erarbeitet und diese gewissenhaft wie überbordend bedient. Beliebte Motive des Genres wie Abenteuer in einer leeren Spa-Anlage, Nötigung bei der Betriebsfeier, das Erwischen des Liebsten in Flagranti lassen an „schon zig Mal woanders gelesen/gesehen“ denken. Auch das Stilmittel Traum wird zu oft ausgeschlachtet, egal ob es um Mord oder Lust geht. Immer wieder hatte ich den Eindruck, dass der Autor auch durch Wiederholung der Motive, wie z.B. fehlende Körperteile, schlicht  um jeden Preis den Leser beeindrucken wollte, auch kein Klischee war zu flach, Hauptsache, das Ergebnis bekommt genug Aufmerksamkeit.

Der Titel und erst recht das Coverbild passen kaum zum Inhalt.

Ich habe gehofft, einen neuen Autor zu finden, dessen alle Werke ich gerne lesen würde. Leider hat sich diese Hoffnung im handwerklichen Unvermögen wie in den zu offensichtlichen Gebärden auf Teufel komm raus einen Bestseller auf den Markt zu bringen, aufgelöst.

Fazit: Ein eher mittelmäßiges Werk mit einer komplizierten Handlung und hohlen Figuren. Für die eingefleischten Fans des Genres ist es evtl. was. Ich wünsche, ich hätte ein anderes Buch genommen.

 

Kommentare

Lerchie kommentierte am 18. August 2015 um 17:58

Du hast recht, weder Titel noch Coverbild passen zum Inhalt. Mir war das buch zu verwirrend und chaotisch, siehe meine Rezi.