Rezension

Eine komplexe Geschichte - jedoch nicht mein Geschmack

Herzsammler
von Stefan Ahnhem

Bewertet mit 2 Sternen

Das vorliegende Buch ist ein weiterer Versuch, mich in die Seele von skandinavischen Autoren einzulesen. Leider hat das wieder nicht geklappt. Mir sind diese Geschichten meistens zu düster und zu schwermütig.

„Herzsammler“ lässt mich zusätzlich noch ein wenig ratlos zurück. Der Krimi ist angeblich der erste Teil einer Trilogie, der allerdings erst nach dem zweiten Teil erschien. Klingt ein wenig seltsam, aber Stefan Ahnhem wird seine Gründe dafür haben.
Der Beginn fällt ja noch recht geheimnisvoll aus. Der Brief aus einem israelischen Gefangentransport – was hat es damit auf sich?
Dann häufen sich Morde, teils ziemlich unappetitliche Schilderungen, Krisen in den Beziehungen der Ermittler, Machtkämpfe innerhalb des Polizeiapparates, sexuelle Nötigung und Mobbing am Arbeitsplatz usw. usw..
Ich habe das Gefühl, dass der Autor all sein Wissen (und seine Vermutungen) über die dunklen Abgründe der Menschen in ein Buch verpacken wollte.

Eine mit Zwillingen hochschwangere Polizistin ermittelt im Außendienst – das kommt mir ziemlich unwahrscheinlich vor. Wenn schon kein Mutterschutz gesetzlich vorgesehen ist (Schweden), so sollte es doch eine Versetzung in den Innendienst geben. Spätestens, als bei Malin eine Praeklamsie (Schwangerschaftsvergiftung) festgestellt wird, ist meiner Meinung nach Schluss mit dem Außendienst. O.K. sie ist besessen von dem komplexen Fall und will ihn zu Ende bringen.

Der Schreibstil kann mich nicht wirklich fesseln. Viel zu lange Sätze. Möglicherweise liegt das auch an der Übersetzung.

Zitat S. 124
„Nachdem sie sich zwei Stunden lang endloses Material von verschiedenen Kameras angesehen hatten, gelang es Fabian, Malin und dem einen der Wächter in der Zentrale endlich, den Justizminister zu identifizieren, als er durch den Ausgang 4 den Plenarsaal verließ.“

Das ist alles andere als spannend, eher ermüdend. Solche Sequenzen gibt es leider häufig.

Außerdem stört mich, dass oftmals sehr derbe Ausdrücke verwendet werden wie z.B.: „zwei verfickte Scheiß-Arschloch-Monate“ (Seite 36), „Halt die Schnauze, du verlogene alte Pissfotze“ (Seite 100) oder „verfickte Schweißtropfen“ (Seite 196). Nur um einige zu nennen. Einige davon gehen zu Lasten von Frauen. Natürlich sind Mordkommissionen keine Mädchenpensionate und es wird dort schon ziemlich rau zugehen. Aber muss das wirklich so sein? Könnte man den Frust der Leute nicht anders darstellen?
Dass eine Zwillingsschwangerschaft beschwerlich und die Hormone Achterbahn fahren ist nachvollziehbar. Aber wie der Zwiespalt Malins zu ihren ungeborenen Kindern dargestellt wird, finde ich hart an der Grenze des guten Geschmacks.

Der Autor legt mehrmals den Fokus auf ein Opfer und wiederholt häufig dessen Gefühle und Beschreibung. Das ermüdet den Leser ein wenig und lässt die Spannung weiter abflachen. Die zentrale Frage lautet: wird sie gerettet?

Ich war ein paar Mal nahe dran, mit dem Lesen aufzuhören. Die vielen kurzen Kapitel haben mich dann doch davon abgehalten. So nach dem Motto: „Na, eines probiere ich eben noch.“.

Was mir wirklich abgeht ist, dass es keine Leserunde gibt. Ich hätte mich gerne mit anderen LB-Mitgliedern ausgetauscht. Beinahe hätte ich „Sonja“ (Risks Frau) mit „Sofie“ (Sofie Leander, eines der Opfer) verwechselt. Die Namen ähneln einander sehr. Da hätte das Lektorat helfend eingreifen können. Der Leser muss sich ohnehin schon auf die Fülle von Details konzentrieren. Da wäre ein Name wie „Ingrid“ oder „Selma“ eine Erleichterung gewesen

So fühle ich mich mit diesem Buch alleine gelassen.
Schade! Daher nur zwei Sterne.