Rezension

Auggi muss man einfach lieben

Wunder - R. J. Palacio

Wunder
von R. J. Palacio

Bewertet mit 5 Sternen

"Ich wünschte, jeder Tag wäre Halloween. Wir könnten alle immerzu Masken tragen. Dann könnten wir uns in Ruhe kennenlernen, bevor wir zu sehen kriegen, wie wir unter der Maske aussehen." (Seite 92)

August ist anders. Dennoch wünscht er sich, wie alle Jungen in seinem Alter, kein Außenseiter zu sein. Weil er seit seiner Geburt so oft am Gesicht operiert werden musste, ist er noch nie auf eine richtige Schule gegangen. Aber jetzt soll er in die fünfte Klasse kommen. Er weiß, dass die meisten Kinder nicht absichtlich gemein zu ihm sind. Am liebsten würde er gar nicht auffallen. Doch nicht aufzufallen ist nicht leicht, wenn man so viel Mut und Kraft besitzt, so witzig, klug und großzügig ist - wie August. (Quelle: Hanser Verlag)

August Pullmann, von seiner Familie nur liebevoll Auggi genannt, ist 10 Jahre alt und noch nie auf eine richtige Schule gegangen. Denn August ist anders, als andere Kinder. Durch einen Gendefekt ist sein Gesicht seit seiner Geburt extrem entstellt. Die Ärzte gingen davon aus, dass er die erste Nacht nicht überleben würde. Doch das hat er und er musste mit seinen zehn Jahren schon zahlreiche Operationen über sich ergehen lassen. August wünscht sich nichts sehnlicher, als normal zu sein und nicht immer der Außenseiter, vor dem die Leute sich erschrecken, bzw. der von den Leuten auf der Straße angestarrt wird. Wegen der vielen Operationen, aber auch der sehr oft schmerzlichen Reaktionen der Kinder und seines Umfelds, wurde er bisher zu Hause von seiner Mutter unterrichtet. Doch nun soll er eine richtige Schule besuchen und in die fünfte Klasse der Middle School kommen, was nicht nur für ihn viele Fragen aufwirft, sondern auch für seine Eltern. Wie wird er dort aufgenommen werden und vor allem, wie reagieren die anderen Kinder?

Die Geschichte erstreckt sich über einen Zeitraum von ungefähr einem Schuljahr. Geschrieben ist das Buch aus der Perspektive von sechs verschiedenen Erzählern, darunter auch August, seiner Schwester Via oder seinem neuen Freund Jack. Es ist sehr realistisch, wirklichkeitsnah, aber auch sehr mitfühlend erzählt. Schon nach den ersten Seiten merkt man, dass "Wunder" ein ganz besonderes Buch ist. Sehr schnell habe ich die einzelnen Charaktere, insbesondere Auggie, in mein Herz geschlossen. Auggie, der trotz seines Aussehens ein ganz normaler Junge sein möchte und sich wünscht, dass sein Umfeld ihn auch normal behandeln würde. Auf der einen Seite merkt man, dass er sehr sensibel, aber auch sehr tapfer und auch großherzig ist. Andererseits hat er aber auch viel Humor und ist anderen Menschen gegenüber sehr verständnisvoll.

"Ich glaube, der einzige Mensch auf der Welt, der merkt, wie normal ich wirklich bin, bin ich. Ich heiße übrigens August. Ich werde nicht beschreiben, wie ich aussehe. Was immer ihr euch vorstellt – es ist schlimmer."( Seite 10)"

Toll finde ich, dass die Autorin Auggies Aussehen nicht beschreibt. Seine Beschreibungen, wie die Menschen auf ihn reagieren, haben mich sehr betroffen gemacht. Aber wenn ich so überlege, wie ich selber reagieren würde... ich glaube man guckt schon unbewusst jemanden ganz anders an, wenn er nicht "normal" aussieht.

Auggie ist mit einer wunderbaren Familie gesegnet. Sie ist sehr liebevoll und fürsorglich dargestellt. Seine Eltern und auch seine große Schwester Via, die wegen ihm schon sehr viel zurückstecken musste. Trotzdem liebt sie ihn bedingungslos. Aber auch die Erwachsenen, denen er an seiner neuen Schule begegnet, wie zum Beispiel die Lehrer, allen voran der Schulleiter Mr. Pomann, sind sehr freundlich und unterstützend Auggie gegenüber. Auggie findet an seiner neuen Schule auch ein paar echt tolle neue Freunde. Allerdings muss er auch sehen, dass viel über ihn getuschelt wird und er ist auch vielen Anfeindungen ausgesetzt.

"Ich wünschte, die Leute würden aufhören, so eine Katastrophe daraus zu machen. Er ist bloß ein Junge. Der seltsamstaussehende , der mir je begegnet ist, ja. Aber bloß ein Junge." (Seite 148)

Den Schreibstil kann ich einfach nur als phantastisch bezeichnen. Beim Lesen hat man regelrecht das Gefühl, als hätten Auggie und auch die anderen Erzähler ihre Parts selber geschrieben. Obwohl das Buch ein sehr trauriges Thema beinhaltet, hat es mich an vielen Stellen doch sehr zum Schmunzeln gebracht. Dafür war es an anderen wiederum sehr traurig. Auch schafft es die Autorin auf unglaubliche Weise die Gefühle und Emotionen in den einzelnen Situationen zu übermitteln. Unglaublich, wie man sich in diese hineinversetzen kann.

"Wunder" ist ein großartiges Buch, dass einen zum Lachen und zum Weinen bringt. Mit zumeist großartigen Charakteren, sowie einer großartigen und vor allem auch unheimlich berührenden Geschichte. Ein sehr nachdenklich machendes Buch und es bekommt eine absolute Leseempfehlung von mir. Und zwar eine Empfehlung für jedes Alter. Es ist eines meiner Highlights, die ich bisher gelesen habe und die Geschichte um August wird mir noch lange, lange im Gedächtnis bleiben. Ein wunder, wunder, wundervolles Buch...