Rezension

Außergewöhnliche Charaktere! Aber ich hoffe auf eine Steigerung in Band 2

Wen der Rabe ruft - Maggie Stiefvater

Wen der Rabe ruft
von Maggie Stiefvater

Bewertet mit 3.5 Sternen

3,5 Sterne

Zum Inhalt

Die 16jährige Blue Sargent wohnt mit ihrer Mutter und anderen weiblichen Verwandten in dem kleinen Städtchen Henrietta in Virginia. Schon von klein auf erlebt sie die prophetischen Weissagungen ihrer Familie, die mit Tarotkarten und Handlesen mehr schlecht als recht ihr Geld verdient.
Doch Blue ist anders. Ihre Fähigkeit besteht nicht darin, in die Zukunft zu sehen sondern darin, andere in ihren Gaben zu bestärken und die Energiefelder zu verstärken.

Schon als 6jährige wurde ihr vorhergesagt, dass sie eines Tages ihre wahre Liebe durch einen Kuss töten wird. Doch mit den Jahren hat diese grausame Wahrheit etwas an ihrem Schrecken verloren und Blue hat sich damit arrangiert - glaubt sie. Bis eines Tages ihre Tante Neeve auftaucht und sie mit den Worten begrüßt: "Dies ist das Jahr, in dem du dich verlieben wirst." Pos. 61

Meine Meinung

Also zuerst einmal finde ich die Altersempfehlung ab 16 zu hoch gegriffen, da kommt nichts drin vor, was man nicht auch im jüngeren Teenageralter lesen könnte. Manche Erklärungen, z. B. was eine "Phobie" ist, fand ich hier dann doch unnötig.

Der Schreibstil ist altersgerecht flüssig, recht einfach gehalten und trotzdem sehr anschaulich, was sich immer wieder in kleinen Szenen widerspiegelt. Maggie Stiefvater schafft es mit wenigen Worten, einen sehr tiefgehenden Eindruck von Charakteren zu kreieren. Alles sehr anschaulich und mittendrin zu beschreiben, das kann sie auf jeden Fall und ich bin wieder mal davon fasziniert, zumindest zum Teil. An manchen Stellen wirkte es auf mich leider etwas kitschig und unlogisch - denn auch wenn das Thema hier natürlich vom Schicksal durchdrungen ist, waren mir doch zu viel "zufällige" Zufälle im Spiel.

Ich habe mich hier komplett überraschen lassen und wusste nicht, welche Geschichte mich hier erwarten wird. Die Mercy Falls Trilogie von der Autorin hatte mich ja sehr begeistert und deshalb wollte ich ich auch diese Reihe gerne ausprobieren, weil mich auch das Cover sehr angesprochen hatte.
Der magische Hintergrund war auf jeden Fall für mich was neues. Wahrsagerei steht ja allgemein in einem zweifelhaften Ruf, aber das hat Maggie Stiefvater hier schon glaubwürdig rüberbringen können. Der Hauch des Unnatürlichen gemischt mit einem beklemmenden Unbehagen hat eine bewegende Atmosphäre geschaffen.

Die Perspektiven wechseln immer wieder zwischen den Protagonisten.

- Blue hatte eine recht freie und wie wir heute sagen "antiautoritäre" Erziehung hinter sich und ist dementsprechend frei in ihrer Art. Trotzdem ist sie sehr vernünftig in vielen Aspekten ihres Lebens, auch wenn das in ihrem Umfeld schwer vorstellbar ist. Auch eckt sie gerne an, vor allem mit ihrem exzentrischen Look, dafür ist sie aber auch sehr einfühlsam und tolerant anderen gegenüber.

Die Raven Boys Gansey, Adam, Ronan und Noah, die allesamt die Eliteschule Aglionby Academy besuchen, gelten überall als versnobt, eitel und arrogant; doch die vier Freunde fallen jeder auf seine Weise aus diesem Muster.

- Gansey ist 17, hat Geld wie Heu, fährt einen orangefarbenen Camaro und ist fasziniert von der walisischen Vergangenheit. Er glaubt nicht an Zufälle und ist auf der Suche nach dem mythischen Grab von Glendower, dem Rabenkönig. Seiner Theorie nach spielen die Ley-Linien, landschaftliche Verbindungslinien mit einer besonders ausgeprägten magischen Energie
- Adam fällt mit seiner Herkunft komplett aus der Rolle, denn er lebt mit seinen Eltern in einer armen Wohnwagensiedlung. Er wirkt sehr kontrolliert und eher schüchtern. Er beobachtet und analysiert sein Umfeld immer gründlich und hat zu Gansey eine sehr intensive, freundschaftliche Beziehung
- Ronan ist das genaue Gegenteil von Adam. Er ist äußerst offen und direkt, ohne sich um die Folgen zu kümmern. Eher sprunghaft und oberflächlich scheint er eigentlich gar nicht in das Quartett zu passen, doch trotz seiner herausfordernden Art sieht auch er in Gansey einen "Anführer", dem er überall hin folgen würde.
- Noah ist extrem zurückgezogen und unnahbar. Von ihm erfährt man am wenigsten, dafür spielt er noch eine ganz besondere Rolle.

Den Einstieg fand ich ziemlich gut und ich war auch sofort von der ungewöhnlichen Atmosphäre gefangen. Leider hat sich nach einem Drittel des Buches etwas Gleichtönigkeit eingeschlichen, denn Handlung ist nicht so viel vorhanden - es zieht sich ein bisschen. Ich war etwas hin- und hergerissen zwischen Neugier und Gleichgültigkeit, wobei dann doch die Spannung überwogen hat. Denn obwohl man ahnt, was passieren könnte, ist man sich nie ganz sicher, wie es sich entwickeln wird.
Die Charaktere stehen alle in einem ganz besonderen Zusammenhang und ich finde das Maggie Stiefvater gerade diesen Apsekt besonders gut beherrscht und diese Beziehungen außergewöhnlich wirkungsvoll beschreiben kann.

Die Suche nach den Ley-Linien, dem Energienetz, das heilige Stätten und magische Orte als Landmarken miteinander verbindet, hab ich zuerst mit den Songlines der Aborigines in Verbindung gebracht. Nachdem ich aber Mr Google gefragt habe, handelt es sich um unterschiedliche Hintergründe, wobei ich glaube, dass der Ursprung doch derselbe ist.
Das Ende vom ersten Band hat mich mit vielen Fragezeichen zurückgelassen und auch wenn ich nicht übermäßig begeistert bin, möchte ich Band 2 noch eine Chance geben.

Fazit

Eine ungewöhnliche Geschichte über Prophezeiungen, der Suche nach Erfüllung und die Rolle des Schicksals. Insgesamt empfand ich es nicht so ausgereift, allerdings sind die Charaktere wieder mehr als außergewöhnlich, was mir besonders gut gefallen hat!

© Aleshanee
Weltenwanderer

The Raven Boys

1 - Wen der Rabe ruft
2 - Wer die Lilie träumt
3 - Was die Spiegel wissen
4 - ?