Rezension

Vielschichtige Spannung!

Wen der Rabe ruft - Maggie Stiefvater

Wen der Rabe ruft
von Maggie Stiefvater

„Ihr seid auf der Suche nach einem Gott. Ist euch dabei nie in den Sinn gekommen, dass es auch einen Teufel geben muss?“ - S. 321

 

 

„Wen der Rabe ruft“ - die spannende neue Reihe von Maggie Stiefvater über Liebe, Freundschaft und ganz viel Magie!

Wenn man sich zu Beginn den Klappentext des Buches durchliest, hört sich das Ganze erst einmal nach der typischen Romantasy in der Jugendsparte an. Mädchen trifft Jungen, verliebt sich in ihn und magischerweise dürfen die beiden nicht zusammen sein. In diesem Fall, weil Blue, unsere Protagonistin, vorausgesagt wurde, dass sie ihre wahre Liebe mit einem Kuss töten wird. Und dann sieht sie am Vorabend des Markustages auch noch den Geist des jungen Ganseys. Und der einzige Grund warum sie, eine nicht Begabte, diesen Geist sehen kann, ist entweder, dass er ihre wahre Liebe ist, oder sie ihn umbringen wird. Und naja, in Blues Fall schließt das eine das andere nicht aus.

 

Aber, liebe Romantikfans unter euch, seid gewarnt! Denn diese Geschichte ist keine Liebesgeschichte. Natürlich gibt es einen gewissen Anteil an Romantik, doch diese spielt sich eher am Rand ab und auch nur sehr wenig. Für mich war das jedoch überhaupt nicht schlimm, da der Klappentext mich sowieso eher weniger gereizt hat und mich Maggie Stiefvaters andere Wolf-Reihe mit ihrem hohen Kitschfaktor auch nicht wirklich begeistert hat. Deswegen war ich sehr überrascht, als ich plötzlich keine triefend-romantische Liebesgeschichte vor mir hatte, sondern eine spannende Geschichte, die sich nur sehr langsam aufbaut und viel mehr von Freundschaft und Mystik erzählt. Und genau das gelingt der Autorin wirklich sehr gut!

Sie legt den Fokus ganz klar auf ihre Charaktere, Blue und die Raven Boys. Dabei sind eben diese Charaktere so vielschichtig und toll gestaltet, dass ich mir sofort nach Beendigung des Buches wünschte, noch mehr von diesen Figuren zu lesen. Ihre tiefsten Gedanken und vor allem auch Probleme werden beleuchtet, die Beziehungen unter einander dar gelegt und vor allem entwickeln sie sich weiter. Und das Ganze vor dem magischen Hintergrund der Kleinstadt Henrietta, ihrer Wahrsager und mysteriöser Ley-Linien.

 

Da hätten wir zuerst einmal Blue, den ausgeflippten Normalo in ihrer Familie voller Wahrsagerinnen. Sie selbst kommt sich ziemlich langweilig vor und hätte auch gerne eine Gabe, wie die Frauen in ihrer Familie, doch ich fand sie mehr als Besonders! Sie ist unheimlich sympathisch und sehr selbstbewusst. Sie ist neben Gansey und Adam die Haupterzählerin der Geschichte.

Gansey, Adam, Ronan und Noah sind die Raven Boys. Priviligierte, auf den ersten Blick arrogante und hochnäsige Privatschüler. Doch je mehr man als Leser in ihre Gedanken abdriftet und gemeinsam mit Blue die Vier besser kennen lernt, desto mehr wachsen sie einem auch ans Herz. Denn Jeder der vier Charaktere ist für sich besonders und vor allem sehr interessant. Vor allem auch ihre Beziehungen unter einander sind das, was die Geschichte für mich aus gemacht haben.

 

Der fantastische Anteil der Story baut sich ebenfalls nur sehr langsam auf. In vielen anderen Rezensionen habe ich gelesen, dass einigen Lesern zu wenig passiert ist, die Geschichte nicht schnell genug voran kam und das ganze zu esoterisch war.

Diese Argumente kann ich nicht widerlegen, weil sie stimmen. Aber ich glaube, dass es eine Sache des persönlichen Geschmackes ist, ob einem als Leser dies gefällt. Ob man eher rasante Action, eine schnelle Handlung und viel Romantik möchte, oder sich mit einem ruhigen Setting, subtiler Romantik und tollen Charakteren sowie deren Beziehungen im Fokus beschäftigt.

Das Ganze Gerede um Glendower und die Ley – Linien kam mir während des Lesens auch die meiste Zeit ziemlich seltsam und verwirrend vor.Und ich glaube, so ganz vergeht das auch bis zum Ende des ersten Bandes nicht. Aber das hat mich nicht unbedingt gestört, weil es irgendwie auch Spannung aufgebaut hat.

Neben der tollen Geschichte hat mich auch der schöne Schreibstil der Autorin gefesselt. Sie beschreibt das Geschehen aus wechselnden Perspektiven und erzählt detailliert, ohne sich in zu vielen Kleinigkeiten zu verlieren. Ich habe das Buch innerhalb weniger Lesestunden verschlungen, was wohl auch dem guten Schreibstil geschuldet ist.

„Wen der Rabe ruft“ kann ich also nur empfehlen, allen Fantasyliebhabern und Lesern, die gerne von vielschichtigen Charakteren und ihren Entwicklungen lesen. 5 Sterne!