Rezension

Vielversprechender Triologieauftakt!

Wen der Rabe ruft - Maggie Stiefvater

Wen der Rabe ruft
von Maggie Stiefvater

Bewertet mit 4 Sternen

„Wen der Rabe ruft“ handelt von der 16-jährigen Blue, die aus einer Wahrsagerfamilie kommt. Nur sie selbst hat diese Gabe nicht, stattdessen kann sie das „Sehen“ verstärken. So kommt es, dass Blue am Markusabend ihre Tante auf den Friedhof begleiten muss, wo sich einmal im Jahr an diesem Abend die Geister all derer präsentieren, die in den folgenden zwölf Monaten sterben werden. Blue verstärkt mit ihrer Anwesenheit die Erscheinung der Geister, selber sieht sie diese jedoch nicht. Nur diesmal kann sie einen Jungen sehen und das bedeutet, dass Blue ihn töten wird oder dass er ihre große Liebe ist.

Der Einstieg in diesen Roman ist mir sehr schwer gefallen. Blue blieb mir relativ lange fern, was aber eindeutig an der Erzählstruktur lag. Was mich dagegen gleich begeistern konnte, war die Tatsache, man nicht nur Blues Perspektive präsentiert bekam, sondern auch die von Gansey und von Adam. Somit hatte man einen breiter gefächerten Überblick, was an mehreren Orten gleichzeitig vor sich ging und man konnte mit mehreren Figuren warm werden, was sowieso den Drang weiterlesen zu wollen immer verstärkt. Überraschenderweise sind mir dann die beiden Jungs wesentlich schneller ans Herz gewachsen als Blue selbst. Erst einmal will ich jedoch noch einmal auf den schweren Einstieg zurückkommen. Die ersten 100 Seiten hatte ich immer das Gefühl, dass „Wen der Rabe ruft“ noch einen Vorgänger haben muss. Ständig hatte ich das Gefühl, dass Fakten vorausgesetzt wurden und mir somit Gedankengänge fehlten, um dem Geschehen vollständig folgen zu können. Also versicherte ich mich noch einmal, dass dies wirklich der erste Teil einer Trilogie war. Das war natürlich überflüssig, ließ mich letztlich aber durchhalten und so erreichte ich dann auch den Punkt, als mich die Story wirklich packen konnte. Viele Mysterien legten sich nun offen, manche immer noch nicht, bei denen habe ich aber nachvollziehen können, dass man bei einer beabsichtigten Trilogie noch etwas aufsparen möchte.

Zu den Figuren: Gansey und Adam finde ich einfach großartig. Sie sind so anders als die typischen männlichen Protagonisten solcher Jugendromane. Grundsätzlich wurden hier die Charakterzüge eines einzelnen auf mehrere aufgeteilt. Trotzdem hat das meine Begeisterung für die beiden nicht schmälern können, im Gegenteil, das hat sie mir sympathischer werden lassen. Gansey und Adam sind grundverschieden, beide haben ihre Stärken und Schwächen und sind so gar nicht perfekt und damit genau richtig. Ronan bleibt noch weitestgehend mysteriös, aber ich denke, er wird sich in einer der anderen Teile so richtig entfalten, alles andere wäre erzählerische Vergeudung. Wie bereits erwähnt habe ich nicht diesen intensiven Zugang zu Blue finden können, auch nach Beendigung von „Wen der Rabe ruft“ hat sich daran nicht viel geändert. Ihr Innenleben wird einfach nicht so intensiv dargestellt. Was ich aber sehr wohl an ihr gut finde ist, dass sie mutig ist und eindeutig Potential hat sich noch weiterzuentwickeln. Die restlichen Charaktere, alles voran die Wahrsagerinnen, fand ich toll.

Zu der Geschichte selbst. In der Leseprobe hatte ich ja erwähnt, dass es mir gefiel, dass die Fantasyschiene nicht aufdringlich bedient wurde. Stattdessen wurde die Spritiualität in den Vordergrund gestellt und auch konsequent eingehalten. Sicherlich passierten auch einige Dinge, die auf den ersten Blick magisch wirkten, die aber doch eher zur Spiritualität gehören. Das Erzähltempo war immer hoch genug, dass ich am Ball blieb. Die Mischung aus Beschreibungen und Dialogen war gut. Ein ganz dickes Lob soll es dann noch dafür geben, dass die Liebesgeschichte, auf die der Klappentext so dringlich hindeutet, kaum thematisiert wurde. Das war sehr angenehm, weil so die anderen Themen ordentlich voran getrieben werden konnten und nicht alle 10 Seiten von herzzerreißenden Liebeserklärungen die Rede war.

Alles in allem überzeugt „Wen der Rabe ruft“. Die Spannung auf den zweiten Teil ist definitiv da. Aufgrund des schwierigen Einstiegs, ein paar kleineren Fehlern und der Tatsache, dass noch Luft nach oben bleiben muss, vergebe ich vier Sterne!