Rezension

Thrillerhighlight! Was für ein sagenhafter Pageturner!

Kaltherz -

Kaltherz
von Henri Faber

Bewertet mit 5 Sternen

Was für eine emotionale Achterbahnfahrt! Ich habe bisher noch keinen Thriller gelesen, indem die meisten der Charaktere so wandel- und unberechenbar waren. Ein Roman, der von der ersten bis zur letzten Seite hervorragend durchdacht und psychologisch aufgebaut wurde. Für mich war es der erste Thriller von Henri Faber, aber nach diesem Buch möchte ich unbedingt auch sein Erstlingswerk „Ausweglos“ noch lesen!

Auf „Kaltherz“ bin ich durch den vielversprechenden Klappentext aufmerksam geworden und ich war gespannt darauf, wie der Autor mit dem Thema Kindesentführung und dem daraus resultierenden Leid für alle Beteiligten umgeht. Die kleine fünfjährige Marie ist spurlos verschwunden, als ihre Mutter sie für 8 Minuten alleine im Auto gelassen hat. Clara und Jakob Lipmann durchleben schon 4 Monate lang die Hölle und setzen alle Hoffnungen auf Kommissarin Kim Lansky, die sich dem Fall annimmt. Für sie ist es die letzte Möglichkeit zu beweisen, dass sie ihren Job verdient, da ihr schon oft ihre Unbeherrschtheit und das Umgehen von Recht und Ordnung zum Verhängnis geworden ist. Das die Suche nach Marie noch viel mehr von ihr abverlangt und sie mit ihrer eigenen, düsteren Vergangenheit konfrontiert wird, kann sie nicht ahnen.

Henri Fabers überaus fesselnde, spannungsgeladene und mitunter ironische Schreibweise und die kurzen sich schnell abwechselnden Kapitel, die aus der Sicht von Clara, Jakob und Lansky erzählt werden, haben es mir unmöglich gemacht das Buch auf die Seite zu legen. Die menschlichen Abgründe der facettenreichen Charaktere stehen in dieser Geschichte mehr im Vordergrund als die Handlung selber und es ist faszinierend, wie es der Autor schafft, seine Figuren immer wieder in einem anderen Licht erscheinen zu lassen. Je mehr Details über sie und die Geschehnisse offenbart werden, umso schneller haben sich meine Gefühle gewandelt, aus Mitleid wurde Entsetzen und im nächsten Moment switchte alles wieder um. Was für ein toller Aufbau des Romans, der voller wendungsreicher und überraschender Momente steckt. Psychischer Druck lastet auf vielen Schultern und Jakob ist ein Meister darin ihn zu verteilen. Keinen der Charaktere konnte ich richtig einschätzen, alle waren problembehaftet und mir auch nicht sonderlich sympathisch, aber sie haben mich total gefesselt und polarisiert.

Jakob ist wie ein Chamäleon, ein erfolgreicher und ehrgeiziger Manager und liebevoller Vater, der es aber faustdick hinter den Ohren hat. Er versteht es Menschen zu manipulieren, sie umzuformen und mit allen Mitteln seinen Lebensplan in die Tat umzusetzen. Seine Frau Clara nimmt in diesem Roman mehr die Opferrolle an und ich war geschockt darüber, was sich hinter ihrer Fassade alles verbirgt und was sie schon in ihrem Leben durchgemacht hat. Unheimlich reizvoll fand ich aber auch Kim Lansky. Sie ist eine sehr ungewöhnliche Polizistin, deren Jugendzeit sie geprägt hat und deren Aggressionslevel schnell mal von null auf hundert geht. Bei ihren Wortgefechten musste ich teilweise griemeln und meinen Kopf habe ich ständig geschüttelt, wenn sie bei ihrem Handeln nicht an die Konsequenzen gedacht hat.

Einen Überraschungseffekt hat sich Henri Faber noch für das Ende aufgespart. Ich war perplex, konnte es aber irgendwie auch nachvollziehen.

Mein Fazit:

„Kaltherz“ war für mich Thrillerkost vom Feinsten und macht Lust auf mehr Bücher des Autors. Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung und hochverdiente 5 Sterne!