Rezension

Spannungstechnischer Reinfall

Perfect Girl - Nur du kennst die Wahrheit - Gilly MacMillan

Perfect Girl - Nur du kennst die Wahrheit
von Gilly Macmillan

Bewertet mit 2 Sternen

Die Prämisse dieses auf dem Cover als Thriller bezeichneten Buchs hat mich von Anfang an sehr neugierig gemacht. Ein junges Mädchen, mit einer großen Zukunft vor sich, sieht sich von jetzt auf gleich durch einen einzigen Fehler in einem anderen Leben wieder. Endlich in diesem neuen Leben angekommen, wird ihre Mutter ermordet und es gilt herauszufinden, wer der Täter war. Da klar war, dass nur ein kleiner Personenkreis im Fokus stand habe ich neben der Spannung durch die Tätersuche auch auf intensive zwischenmenschliche Momente gehofft, die sich angesichts der Ausnahmesituation bei den betroffenen Personen offenbart.

Der Einstieg in das Buch ist dann auch mit einem netten Kniff versehen, der der Geschichte direkt etwas Besonderes gibt und die Aufmerksamkeit des Lesers an sich bindet. Denn es wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt und zumindest im ersten Drittel des Buches finden Zeitsprünge zwischen zwei Tagen statt. So gelingt zum einen rasch ein erster, aber doch auch intensiver Einblick in die Innenansicht der Figuren und andererseits wird Spannung aufgebaut, weil ein Blick in die sehr nahe Zukunft gewährt wird.

Der eigentlich so vielversprechende Beginn mündet ganz allmählich in einer langatmigen Geschichte, die mehr von überflüssigen Beschreibungen, überflüssigen Perspektiven und Figuren und irgendwann absolut gar keiner Spannung mehr geprägt war. Die einzige Figur, die mich bis zum Ende überzeugen konnte, ist die Tante Tessa. Ihre Persönlichkeit ist greifbar und authentisch entwickelt. Die anderen Figuren jedoch schwanken ständig zwischen Engelchen und Teufelchen. Dann kommt hinzu, dass vor allem gegen Ende hin nach Belieben weitere Figurenperspektiven eingeführt werden, ohne dass dabei aber ein roter Faden zu erkennen wäre. Mich hat vor allem erschüttert, dass zu der zentralsten Figur der Geschichte, nämlich die begabte Jung-Pianistin, Zoe, keine Verbindung herzustellen war. Klar, sie war von ihrer Vergangenheit geprägt und keine unbedarfte Jugendliche mehr, aber dass sie viele unterschiedliche Persönlichkeiten in sich birgt, bei denen es schwer ist im Auge zu behalten, was denn nun ihre wahre ist.

Die Auflösung der Geschichte war mir bereits zur Hälfte des Geschehens absolut klar. Dafür waren die Perspektiven und die Sichten auf die einzelnen Figuren zu stark richtungsweisen gestaltet. Somit war jegliche Spannung schnell verflogen und ich habe mich regelrecht gequält das Buch zu Ende zu lesen. Es ist wirklich schade, dass aus dem in den oberen beiden Absätzen angedeuteten Potenzial nichts gemacht wurde.

Fazit: Sowohl das Label „Thriller“ als auch das Label „Psychologischer Spannungsroman“ treffen in meinen Augen den Kern von „Perfect Girl- Nur du kennst die Wahrheit“ nicht. Thrillerelemente sind schonmal gar nicht zu finden, Spannung wird anfangs geschickt aufgebaut, durch die Erzählweise aber viel zu früh aufgelöst. Psychologie ist sicherlich drin. Die Figuren beschäftigen einen durchaus, wenn auch überwiegend negativ, aber es ist eben keine Psychologie, die Spannung erzeugt. Für mich leider ein Reinfall, der sich ab der Mitte nicht mehr umkehren ließ.