Rezension

Absolut kein Thriller, eher ein Roman mit Drama-Anleihen

City of Dreams -

City of Dreams
von Don Winslow

Bewertet mit 3 Sternen

Verwirrend viele Charaktere und Erzählperspektiven - ein Roman mit interessanten Ansätzen, aber alles andere als ein Thriller!

„Er trauert um Terri, kümmert sich um Ian, muss mit seinem eigenen Vater klarkommen, verdient dabei schlecht, fürchtet immer noch, angeklagt oder erkannt zu werden, macht sich Gedanken darüber, was zum Teufel aus seinem Leben werden soll, wie er Ian versorgen will, wenn er älter wird, wie er ihn jetzt versorgen soll, wo das Wenige, das er nach Hause bringt, schon kaum für Miete, Milch und Cornflakes reicht…“ (S. 58)

 

Meine Meinung:

Nach der Kurzbeschreibung war ich sehr gespannt auf dieses Buch und der fesselnde Prolog hat mich nur noch neugieriger gemacht!

Doch leider machte sich bei mir im Folgenden dann doch eher Enttäuschung breit. Statt einem spannenden Plot gab er erstmal Dutzendweise Charaktere, allein knapp 30 auf den ersten 50 Seiten! Da hatte ich schon meine Schwierigkeiten, den Überblick zu behalten und auseinanderzuhalten, wer nun für die Story wichtig ist und wer nicht. Das hat sowohl den Lesefluss als auch den Lesespaß bei mir leider doch sehr getrübt. Hinzu kommen noch in kurzer Folge wechselnde Sichtweisen, aus der Winslow seine Story aufbaut. Was normaler Weise für Tempo und Abwechslung sorgt, hat hier meine Verwirrung nur weiter gesteigert, da mitunter manchmal optisch gar nicht zu erkennen war, wenn eine neue Sicht folgte.

So mäandert die Geschichte bis zur Hälfte des Buches vor sich hin. Immerhin gab es bis dahin eine – genau: eine – weitere Szene, die durchaus spannend war und endlich mal etwas Thrillerhaftes an sich hatte. Aber nach wenigen Seiten war dies auch schon auserzählt. Zur Buchhälfte folgte dann der Plottwist, den schon die offizielle Kurzbeschreibung des Buches verrät. So war die zweite Hälfte dann auch unterhaltsamer zu lesen, ja stellenweise schon fast humorvoll. Mein persönliches Highlight war, als Mafioso Kevin Coombs in seinem drittklassigen Motel über die Welt und insbesondere den bizarr verzerrten „American Dream“ sinniert. Wie gesagt: durchaus unterhaltsam zu lesen, aber weit, weit entfernt von jeglicher Spannung! Erst ganz zum Ende gab es dann nochmal eine homöopathische Dosis Spannung – mehr aber auch nicht. Schade!

Diese Geschichte hat wirklich eine spannende Grundidee und jede Menge Potenzial, man könnte aus diesem Buch sogar sehr gut eine ganze Drama-Serie machen, aber dennoch konnte mich die Storyline nicht packen. Es passiert hier wirklich viel, aber die neuralgischen Stellen handelt Don Winslow in Windeseile ab - wie ein Mord, der in gerade mal 14 Zeilen geschildert wird -, während er Anderes kaugummiartig in die Länge zieht. Das ist der Tod jeder Spannung und ohne die kann dieses Buch für mich kein Thriller sein, noch nicht mal eine wirkliche Kriminalgeschichte. So ist dieses Buch für mein Empfinden ein Roman mit deutliche Drama-Anklängen. Wenn ich es mit solchen Erwartungen gelesen hätte, hätte es mir wahrscheinlich sogar deutlich besser gefallen…

 

FAZIT:

Verwirrend viele Charaktere und Erzählperspektiven - ein Roman mit interessanten Ansätzen, aber alles andere als ein Thriller!